Zutrittsberechtigung zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl wird nicht durch die Kündigung aller Gewerkschaftsmitglieder beendet

Zutrittsberechtigung zur Vorbereitung einer Betriebsratswahl wird nicht durch die Kündigung aller Gewerkschaftsmitglieder beendet
09.04.2013453 Mal gelesen
Eine Gewerkschaft ist auch dann noch im Betrieb „vertreten“, wenn der Arbeitgeber nach Bekanntwerden einer Betriebsratswahlinitiative sämtliche Gewerkschaftsmitglieder außerordentlich kündigt, meint das Arbeitsgericht Aachen.

Ein Verlag ohne Betriebsrat kündigte eines Tages eine Reihe von gewerkschaftlich organisierten Mitarbeitern außerordentlich, die dabei waren, eine Betriebsratswahl vorzubereiten. Viele der gekündigten Mitarbeiter haben inzwischen Kündigungsschutzklage erhoben.

Die antragstellende Gewerkschaft hat zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes für eine Betriebsratswahl in der Verlagskantine eingeladen und den Arbeitgeber darüber informiert. Der Arbeitgeber erteilte sodann sämtlichen Gewerkschaftsmitgliedern Hausverbot und sprach weitere Kündigungen gegen wirkliche oder mutmaßliche Gewerkschaftsmitglieder aus.

Die Gewerkschaft begehrt Zutritt zum Betrieb zur Vorbereitung der Betriebsratswahl insbesondere zur Akquise von Mitarbeitern, welche sich für die Wahl zum Wahlvorstand und später zur Wahl für den Betriebsrat zur Verfügung stellen. Sie trägt vor, neben den fünf namentlich benannten Mitarbeitern auch  noch mit weiteren Mitarbeitern im Betrieb des Verlages vertreten zu sein.

Der Arbeitgeber bestreitet, dass die Gewerkschaft überhaupt im Betrieb vertreten sei. Sie  trägt zudem vor, es bestünde in ihrem Betrieb überhaupt kein Interesse an einer Betriebsratswahl. Der Antrag sei daher zurückzuweisen.

Das Gericht gab dem Antrag der Gewerkschaft statt. Das Betriebsverfassungsrecht verpflichte den  Arbeitgeber zur Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft Zugang zum Betrieb zu gewähren, sofern dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten des Betriebsablaufs entgegenstehen. Die Gewerkschaft ist im Betrieb vertreten, da sie fünf Arbeitnehmer benennen konnte, die bei ihr Mitglied sind. Auch die Tatsache, dass den namentlich benannten gewerkschaftsangehörigen Mitarbeitern im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang nach Bekanntgabe der Einladung zur Wahl des Wahlvorstandes  durch arbeitgeberseitige Kündigungsschreiben außerordentlich gekündigt wurde, kann dem Umstand nicht entgegenstehen, dass die antragstellende Gewerkschaft "im Betrieb vertreten" ist. Denn für ein "im Betrieb vertreten sein" ist ausreichend, dass die Gewerkschaft im zeitlichen Zusammenhang mit der Einleitung einer Betriebsratswahl im Betrieb vertreten ist. Der Zweck, zu dem vorliegend Zugang  zum Betrieb begehrt wird  zählt zudem zu den betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben, zu denen gerade ein gewerkschaftliches Zugangsrecht zum Betrieb  besteht.

Nach alledem war dem Antrag der Gewerkschaft stattzugeben

 

(Quelle: Arbeitsgericht Aachen, Beschluss vom 08.11.2012; 9 BVGa 11/12)

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