Es gibt für Schmerzensgeldansprüche mutmaßlicher Mobbingopfer keine Beweiserleichterung vor Gericht

Es gibt für Schmerzensgeldansprüche mutmaßlicher Mobbingopfer keine Beweiserleichterung vor Gericht
22.03.2013234 Mal gelesen
In Mobbingfällen trägt das mutmaßliche Opfer als Gläubiger des Schmerzendgeldanspruchs sowohl die Beweislast für die Pflichtverletzung durch den Gegner, als auch für die Ursächlichkeit zwischen der Pflichtverletzung und einem erlittenen Schaden, urteilt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz.

Eine Schichtführerin war vor ihrer ordentlichen Kündigung in der Systemgastronomie tätig. Eine von ihr angestrengte Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen. Sie erkrankte ein Jahr, nachdem sie einen neuen Vorgesetzten bekam, an einer schweren Depression und einer sozialen Phobie und wurde arbeitsunfähig geschrieben. Sie führt ihre Arbeitsunfähigkeit darauf zurück, dass der neue Vorgesetzte sie über Monate gemobbt habe. Ihr Arbeitgeber habe gegen all diese Beeinträchtigungen nichts unternommen.  Daher stehe ihr ein Schmerzensgeld wegen Mobbing zu.

Konkret wirft sie ihrem Vorgesetzten vor, dass er sie wie Luft behandelt habe. Er hätte im Juni und im Juli alle Beschäftigten begrüßt, nur sie nicht. Im August habe er zu ihr gesagt: "Frau A. Sie taugen nichts; Sie sind zu gut zu ihren Mitarbeitern, alle wollen in Ihrer Schicht arbeiten. Das geht so nicht. Die Mitarbeiter müssen spüren, wer die Peitsche hat." Im folgenden Januar habe er auf einer Schichtleiterversammlung gesagt, dass verschiedene "alte Schnecken" und "alte Säcke" nicht in das neue System der Firma passten und man sie daher loswerden müsse. Da sie auf der Versammlung als letzte Mitarbeiterin aus der alten Führungsriege anwesend war, habe sie sich angesprochen gefühlt. Daher stehe ihr ein Schmerzensgeld zu.

Bevor sie mit ihrem neuen Vorgesetzten zu tun  gehabt habe, sei sie psychisch stabil, gesund, selbstsicher, führungsstark und ausgeglichen gewesen. Sie sei an keinem Tag arbeitsunfähig geschrieben worden. Der neue Vorgesetzte habe sie bis zur Panik verunsichert. Sie habe immer mehr Selbstvertrauen. Der neue Vorgesetzte habe zudem das Gerücht verbreitet, ihr Ehemann würde sie betrügen und sie sei ob ihrer familiären Situation im Betrieb überfordert. Der Arbeitgeber habe all dies gewusst und nichts dagegen getan.

Die Schichtführerin nimmt daher ihren (ehemaligen) Arbeitgeber, und den (ehemaligen) Vorgesetzten auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Mobbings in Anspruch. Der Arzt habe bei ihr einen Nervenzusammenbruch diagnostiziert. Dies sei ein mobbingtypischer Befund, der die Richtigkeit ihres Vortrages indiziert. Ihr stehe ein Schmerzensgeld zu. Vorgesetzter und Arbeitgeber müssten nun beweisen, dass ihre Erkrankung nichts mit den Mobbing-Handlungen des Vorgesetzten zu tun haben.

Diese tragen vor, dass sich die Schichtführerin niemals über Mobbing beschwert habe. Daher stehe ihr auch kein Schmerzensgeld zu. Ihre Erkrankung sei auf ihre familiäre Situation zurückzuführen. Der Vorgesetzte habe sie kaum gesehen, zumal er sechs Filialen zu betreuen gehabt hätte und die Schichtführerin zumeist in der Nachtschicht gearbeitet habe.

Das Gericht wies die Schmerzensgeldklage wegen Mobbing ab. Von zwei Fällen abgesehen, habe die Schichtführerin nicht anzugeben vermocht, wann genau ihr Vorgesetzter sie unter welchen genauen Umständen in welcher Form angegriffen oder herabgewürdigt haben soll.

Im Übrigen verkennt sie, dass sie, um Schmerzensgeld beanspruchen zu können, beweisen müsse, welche Pflichtverletzung begangen worden sind. Eine Beweislastumkehr kommt nur in Betracht, wenn der Anspruchsgegner auf Grund Sachwissens über komplexe Vorgänge dem Geschädigten weit überlegen ist. Dies ist bei  Mobbing-Fällen nicht der Fall. Das "Mobbing-Opfer" hat keine geringere Sachkenntnis, Das gleiche gilt für den Zusammenhang zwischen Mobbinghandlung und Gesundheitsbeeinträchtigung. Auch hier konnte der Beweis nicht erbracht werden.

Das Gericht konnte somit kein Schmerzensgeld wegen Mobbing zuerkennen.

(Quelle: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.04.2009;  11 Sa 677/09)

Bei allen Fragen im Arbeitsrecht berät und vertritt die Himmelsbach & Sauer GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft in Lahr (Offenburg, Ortenau, Freiburg) Arbeitgeber und Arbeitnehmer umfassend und kompetent.

Unsere Kontaktdaten:

Himmelsbach & Sauer GmbH
Rechtsanwaltsgesellschaft

Einsteinallee 3
77933 Lahr / Schwarzwald

Telefon: 07821/95494-0
Telefax: 07821/95494-888

E-Mail: kanzlei@himmelsbach-sauer.de

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Homepage oder unserem Informationsportal Arbeitsrecht.