In Fällen, in denen einem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit einem Mitarbeiter nicht mehr zumutbar ist, kann der Arbeitnehmer auch vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist entlassen werden. Eine solche außerordentliche bzw. fristlose Kündigung ist allerdings nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich, da sie ohne jegliche Kündigungsfrist erfolgt und für den Arbeitnehmer neben dem Verlust des Arbeitsplatzes mit weit reichenden Folgen verbunden ist. So wird der betroffene Arbeitnehmer z.B. regelmäßig mit einer zwölfwöchigen Sperrzeit des Arbeitslosengeldes und den hiermit verbundenen weiteren sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen rechnen müssen. Hinzu kommt, dass eine außerordentliche Kündigung insbesondere bei Angestellten, deren Arbeitsverhältnis regelmäßig zum Monats- oder Quartalsende endet, im Rahmen des Arbeitszeugnisses für jeden potentiellen neuen Arbeitgeber auf den ersten Blick sichtbar ist.
Wann eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, hängt von vielen Faktoren ab und ist für jeden Fall gesondert zu entscheiden. Generelle Voraussetzung ist, dass ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kündigenden unzumutbar macht, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und die beidseitigen Interessen, nämlich die des Kündigenden an der sofortigen Beendigung und die des Gekündigten an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abgewogen werden. Nicht erst seit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes häufen sich in der Praxis Arbeitsgerichtsverfahren, bei denen sich die Gerichte mit ausländerfeindlichen Äußerungen in Betrieben auseinanderzusetzen haben. Die erkennbare Tendenz der Gerichte ist hierbei, dass derartige Äußerungen durch Mitarbeiter "an sich" ein Recht zur außerordentlichen Kündigung begründen können.
So hat z. B. das Arbeitsgericht Berlin in einer Entscheidung vom 5. September 2006 (Az: 96 Ca 23147/05) ausländerfeindliches Verhalten in einem Betrieb ganz klar als Entlassungsgrund bewertet. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der klagende Arbeitnehmer war seit 1991 bei dem beklagten Arbeitgeber als gewerblicher Mitarbeiter beschäftigt, er war 47 Jahre alt, verheiratet und einer elfjährigen Tochter zum Unterhalt verpflichtet. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte er einen polnischstämmigen Arbeitskollegen morgens vor Arbeitsbeginn und in den Frühstückspausen über längere Zeit hinweg nahezu täglich mit Diskriminierungen, Beleidigungen und Volksverhetzungen wie "Polacke", "Polenschwein", "Polensau", etc. betitelt. Daneben wurde von Kollegen auch bestätigt, dass der Kläger sich z.B. bei der Diensteinteilungen herabwürdigend und ausländerfeindlich über den Arbeitskollegen äußerte, indem er kundtat, dass er "nicht mit einer Polensau arbeiten werde".
Aufgrund dieser Vorkommnisse kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ohne vorherige Abmahnung fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage wurde durch das Arbeitsgericht Berlin abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass es dem Arbeitgeber nicht zuzumuten sei, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der ausländerfeindliche Tendenzen offen zur Schau trägt. Ausländerfeindliche Äußerungen im Rahmen der betrieblichen Tätigkeit stellen grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung dar. Die Richter wiesen im Übrigen darauf hin, dass eine vorherige Abmahnung dann nicht erforderlich sei, wenn der Arbeitnehmer für sein Verhalten von vorne herein nicht mit der Duldung des Arbeitgebers rechnen könne. Im konkreten Fall waren die Richter der Auffassung, dass der klagende Arbeitnehmer nicht hätte erwarten können, dass sein Arbeitgeber die ausländerfeindlichen Äußerungen dulden und eine Herabsetzung von anderen Mitarbeitern im Betrieb hinnehmen würde.
Durch das Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, welches die Benachteiligung aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität insbesondere im Erwerbsleben verhindern will, müssen Arbeitgeber noch stärker als früher darauf achten, dass es nicht zu derartigen Übergriffen ihrer Arbeitnehmer untereinander kommt. Andernfalls kann nämlich auch der Arbeitgeber durch den benachteiligten Arbeitnehmer in die Pflicht genommen werden, was u.U. mit einer saftigen Entschädigungszahlung quittiert werden kann.
17.07.20071104 Mal gelesen