Betriebsrat kann Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen (BAG, Beschluss vom 01.02.2011)

Arbeit Betrieb
22.06.20111126 Mal gelesen
Der Betriebsrat eines als gemeinnützig anerkannten Berufsbildungswerkes hatte von seiner Arbeitgeberin verlangt, bei Stellenausschreibungen auch die Arbeitsplätze auszuschreiben, die sie mit Leiharbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt.

Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, das Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Arten von Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden. Die Arbeitgeberin vertrat jedoch die Ansicht, § 93 BetrVG sei dahingehend auszulegen, dass für Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen, keine Ausschreibungspflicht bestehe. Dies hat das BAG anders gesehen und entschieden, dass der Betriebsrat verlangen kann, dass sämtliche Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitnehmern mit einer Einsatzzeit von voraussichtlich über einem Jahr besetzt werden sollen, ausschreibungspflichtig sind. Dies ergäben der eindeutige Wortlaut, die Gesetzessystematik und der Sinn und Zweck des § 93 BetrVG. Der Wortlaut der Vorschrift stelle auf Stellen ab, auf denen ein Arbeitnehmer tätig werden soll, auf die Art und den Inhalt des Rechtsverhältnisses, das dieser Anstellung zugrunde liegt, komme  es dabei nicht an. Auch der systematische Zusammenhang der Norm spreche für eine Ausschreibungspflicht. Nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zu einer Einstellung verweigern, wenn die nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung unterblieben ist. Auch in diesem Zusammenhang sei das Rechtsverhältnis, in dem die einzustellende Person zur Arbeitgeberin stehe, bedeutungslos, so dass zu den nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zustimmungspflichtigen Einstellungen auch der Einsatz von Leiharbeitnehmern gehöre. Etwas anderes ergebe sich schließlich auch nicht aus dem Zweck der Vorschrift. Durch die Ausschreibung von Arbeitsplätzen solle der innerbetriebliche Arbeitsmarkt aktiviert werden und vermieden werden, dass die Belegschaft über die Besetzung von Stellen mit Außenstehenden bei im Betrieb vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten verärgert ist. Die Auffassung der Arbeitgeberin, durch die Entscheidung einen Arbeitsplatz mit einem Leiharbeitnehmer zu besetzen, werde der Arbeitsplatz dem innerbetrieblichen Stellenmarkt entzogen, treffe nicht zu. Ihre Entscheidungsfreiheit bei der Besetzung von freien Arbeitsplätzen sei gegenüber bestimmten besonders geschützten Arbeitnehmergruppen, z.B. schwerbehinderten Arbeitnehmern oder teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern, eingeschränkt, so dass eine Ausschreibung immer noch Sinn mache.

Ob eine Ausschreibungspflicht auch bei einer nur kurzzeitigen Besetzung mit Leiharbeitnehmern besteht, musste vom BAG nicht entschieden werden.

Verf. RA Sagsöz

BAG, Beschluss vom 01.02.2011 - 1 ABR 79/09