Drohung mit Strafanzeige gegen Chef kann fristlose Kündigung rechtfertigen

Arbeit Betrieb
27.05.2011885 Mal gelesen
Das Landesarbeitsgericht Sachsen hatte einen Fall zu entscheiden, in dem eine Arbeitnehmerin ihrer Chefin mit einer Strafanzeige gedroht hat.

In einem Mitarbeitergespräch ging es eigentlich um die Leistungen und das Verhalten der Arbeitnehmerin. Die Vorgesetzte hatte einiges kritisiert, woraufhin die Mitarbeiterin in die Offensive ging: Tätliche Übergriffe und Freiheitsberaubung warf sie ihrerseits der Vorgesetzten vor und drohte mit einer Strafanzeige.

Zuviel für den Arbeitgeber: Er kündigte fristlos. Grund sei, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar sei. Die Vorwürfe seien beleidigend und verleumderisch und zudem nicht bestätigt.

Das Landesarbeitsgericht Sachsen stellte mit Urteil vom 21.01.2011 (Az. 3 Sa 181/10) fest, dass es tatsächlich ein Grund für eine fristlose Kündigung sein kann, wenn der Arbeitnehmer seinem Vorgesetzten mit einer Strafanzeige droht. Das mag zunächst verwundern, schließlich ist es das gute Recht von jedem, sich gegen eine Körperverletzung oder Nötigung zu wehren, indem man eine Anzeige erstattet. Wenn es ihr gutes Recht ist, wieso soll sie dann deswegen fristlos gekündigt werden können?

Es geht aber bei der fristlosen Kündigung nach Ansicht der Richter gar nicht darum, das Verhalten aus der Vergangenheit des Arbeitnehmers zu bestrafen. Vielmehr soll dadurch die vertrauensvolle Zusammenarbeit in Zukunft gesichert werden. Das Vertrauensverhältnis könne durchaus dadurch nachhaltig zerstört sein, wenn ein Mitarbeiter seinem Vorgesetzten mit einer Strafanzeige droht.

Das Landesarbeitsgericht Sachsen hat in dem konkreten Fall aber dennoch die Kündigung für rechtswidrig erklärt. Es argumentierte, dass schon eine Abmahnung gereicht hätte, um der Arbeitnehmerin klar zu machen, dass ihr Verhalten nicht geduldet wird und zukünftig nicht mehr vorkommen darf. Die Drohung mit einer Anzeige sei lediglich eine Schutzbehauptung als Reaktion auf die Vorwürfe gewesen, die der Mitarbeiterin in dem Personalgespräch gemacht wurden. Die Arbeitnehmerin sei in dem Gespräch einem immensen Druck ausgesetzt gewesen, was sie zu der, so das Gericht, "unglücklichen" Ankündigung einer Strafanzeige verleitet habe.

 

Fazit:

Damit ist zwar die Kündigung in diesem Fall unwirksam. Gleichzeitig wurde aber deutlich, dass es das Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig beeinträchtigen kann, wenn der Chef damit rechnen muss, bei der nächsten Auseinandersetzung wieder mit einer Strafanzeige bedroht zu werden. In ähnlichen Fällen ist also eine fristlose Kündigung denkbar.