Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem viel beachteten Urteil entschieden, dass bei Arbeitnehmern, die aufgrund von Krankheit nicht in der Lage sind, ihren Urlaub zu nehmen, der Urlaubsanspruch weiter bestehen bleibt und nicht erlischt (Rechtssachen C 350/06 und C 520/06).
"Konservierung" des Urlaubsanspruch auch über Ende März hinaus
Das bedeutet, dass auch Langzeitkranke, die über die im Urlaubsgesetz vorgesehenen Übertragunsfristen hinaus den Urlaub nicht haben nehmen können, den Anspruch auf Urlaub behalten. Kranken können Urlaubsansprüche somit sowohl aus den Zeiten der Entgeltfortzahlung als auch aus Zeiten des Krankengeldbezugs nicht verloren gehen. Das gilt auch nach dem Stichtag 31.03. des § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und sogar für arbeitsvertraglich geregelte Mehrurlaubsansprüche - also über den gesetzlichen Urlaub hinausgehende Ansprüche (vgl.: BAG, Urteil vom 04.05.2010, Az.: 9 AZR 183/09). Es sei denn im Arbeitsvertrag ist explizit für diesen Teil der Urlaubsansprüche etwas anderes bestimmt
Der Urlaubsanspruch verfällt also nicht, sondern ist vom Arbeitgeber zu späterer Zeit nachzugewähren. Tritt der Langzeitkranke seine Arbeit wieder an, hat er somit häufig einen Berg alten Urlaubs vor sich, der zu dem neuen Urlaub des laufenden Urlaubsjahrs hinzukommt.
Sonderfall befristete Erwerbsminderungsrente
Bedeutet dies nun, dass auch bei Mitarbeitern, die nach Ende des Krankengeldes eine befristete Erwerbsminderungsrente erhalten, Urlaubsansprüche für die Zeit des ruhenden Arbeitsverhältnisses entstehen? Vertritt man die Auffassung, dass man aus einem ruhenden Arbeitsverhältnis grundsätzlich keine Urlaubsansprüche erwirbt, müsste man dies verneinen, für die andere Sichtweise lassen sich jedoch auch gute Argumente finden und so wird diese Frage von Landesarbeitsgerichten in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg auch unterschiedlich beantwortet (Ansprüche, Nein: LAG Köln vom 29.04.2010, Az.: 6 Sa 103/10, Ansprüche, Ja: LAG Baden - Württemberg vom 29.04.2010, Az.: 11 Sa 64/09). Ein erwartetes Urteil des Bundesarbeitsgerichts soll für Klarheit sorgen.
Abgeltung des Urlaubsanspruchs
Der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ist bei einem ordnungsgemäß krankgeschriebenen Arbeitnehmer nicht von der Voraussetzung abhängig, dass er während des Urlaubsjahrs überhaupt gearbeitet hat. Hieraus folgt, dass Arbeitnehmern, die die Möglichkeit nicht hatten den Urlaub zu nehmen, dieser Anspruch im Zweifel abgegolten werden muss. Denn beim Ende des Arbeitsverhältnisses wandelt sich der Urlaubsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG in einen Abgeltungsanspruch um.
Diese nun entstandene Mischung aus "Konservierung" vormals verjährter Urlaubsansprüche und dem schon immer bestehenden Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs kann bei Unternehmen zu erheblichen Kosten führen. Arbeitnehmern muss künftig bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ggf. über Jahre nicht genommener Urlaub finanziell abgegolten werden.
Vererbbarkeit des Urlaubsanspruchs?
Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs ist außerdem vererbbar. Während der Urlaub an sich natürlich nur vom Arbeitnehmer selbst genommen werden kann, ist die Abgeltung desselben nicht "höchstpersönlich" an ihn gebunden. Das bedeutet, dass wenn ein zuvor krankgeschriebener Arbeitnehmer stirbt, ohne den ihm zustehenden Jahresurlaub genutzt zu haben, die Erben den Anspruch auf Urlaubsabgeltung erwerben (Vgl. LAG Hamm 16 Sa 1502/09).
Die arbeitsrechtlichen Fragen rund um das Thema Urlaub und Krankheit sind nicht einfacher geworden und auf dem Gebiet ruht auch künftig noch eine Menge Zündstoff. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber sind häufig gut beraten, zur Sicherung eigener Rechtspositionen fachkundigen anwaltlichen Sachverstand zur Hilfe zu holen.
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