Bank kann auch bei Übergabe eines Prospekts dem Anleger auf Schadensersatz wegen Falschberatung haften

Aktien Fonds Anlegerschutz
15.11.2010522 Mal gelesen
Dies hat das OLG Brandenburg (Urt. v. 14.06.2010 - 4 U 152/09) unlängst entschieden.

Nach Auffassung des OLG Brandenburg kann einem Anleger kein grob fahrlässiges Verhalten und damit ein Mitverschulden angelastet werden, wenn er einen Verkaufsprospekt geraume Zeit vor seiner Anlageentscheidung ausgehändigt erhalten hat und sich dennoch für diese Kapitalanlage entschieden hat ohne den Inhalt des Prospekts zur Kenntnis zu nehmen.

Zwar kann ein Anlageberater durch die Aushändigung eines Verkaufsprospekts, das nach Form und Inhalt geeignet ist, die für die Anlageentscheidung des Anlegers wesentliche Umstände und Informationen wahrheitsgemäß und verständlich zu vermitteln, seinen Aufklärungspflichten nachkommen. Dies gilt jedenfalls, wenn dem Anleger dieser Prospekt rechtzeitig vor seiner Anlageentscheidung zur Verfügung gestellt worden ist.

Die beratende Bank kann sich gerade dann unter Hinweis auf eine rechtzeitige Überlassung eines Prospekts nicht ihrer Haftung entziehen, wenn der für sie tätige Kundenberater Risiken einer Kapitalanlage abweichend von dem Inhalt des Verkaufsprospekts dem Kunden in dem Beratungsgespräch darstellt.

Das gilt insbesondere, wenn der Anleger auf Nachfrage erklärt, er habe aus Zeitgründen den Prospekt nicht gelesen und es sich bei dem Anleger um einen langjährigen Kunden des Kundenberater handelt, zu dem er ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und mangels gegenteiliger Anhaltspunkte den Angaben des Kundenberaters vertrauen konnte.

Rechtsanwalt Siegfried Reulein ist Inhaber der KSR | Kanzlei Siegfried Reulein, Pirckheimerstraße 33, 90408 Nürnberg, Telefon: 0911/760 731 10, E-Mail: s.reulein@ksr-law.de. Schwerpunktmäßig ist RA Reulein seit Jahren auf dem Rechtsgebiet des Kapitalanlagerechts, des Bankrechts sowie des Anlegerschutzes tätig. Dort ist er hauptsächlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der Vermittlung von Zertifikaten, der Rückabwicklung von Fondsanlagen aller Art, insbesondere Immobilienfonds, atypisch stiller Beteiligungen sowie mit der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Banken, Anlagevermittler, Anlageberater und Prospektverantwortliche, gerade auch aus dem Kauf einer Schrottimmobilie befasst.