Bundesverfassungsgericht zum Ausschluss der Stiefkindadoption bei nichtehelichen Familien

Adoptionsrecht Kind
06.05.201949 Mal gelesen
Der vollständige Ausschluss der Stiefkindadoption bei nichtehelichen Familien ist unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz des Artikel 3 des Grundgesetzes, hat nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden.

Eine Adoption von Stiefkindern müsse auch bei stabilen, nichtehelichen Familien zulässig sein.

Bisherige Rechtslage führt zum faktischen Ausschluss

Eine Stiefkindadoption führt zu einer gemeinsamen Elternschaft des Stiefelternteils und des rechtlichen Elternteils. Nach den bisherigen Regelungen des Familienrechts ist dies allerdings nur möglich, wenn beide Teile miteinander verheiratet sind. In nichtehelichen Stiefkindfamilien dagegen können die Kinder des rechtlichen Elternteils nicht adoptiert werden, ohne dass die Verwandtschaft zu diesem Teil entfällt. Im Ergebnis wird die Elternschaft also ausgetauscht statt ergänzt- Eine Folge, die in der Regel nicht gewollt ist.
Faktisch ist damit die Stiefkindadoption nach dem geltenden Familienrecht bei unverheirateten Paaren unmöglich. Eine sozial-familiäre-Beziehung innerhalb der Familie änderte an diesem Ergebnis nichts. Der Gesetzgeber sieht bisher keinerlei besondere rechtliche Beziehung zwischen dem Stiefelternteil und einem Kind vor.

Besonders deutlich wird diese fehlende Rechtsbeziehung dann, wenn der rechtliche Elternteil verstirbt. Auch dann besteht im Stiefeltern-Kind-Verhältnis keine besondere Rechtsbeziehung, sodass im Zweifel der Stiefelternteil gar keine Sorgeberechtigung erhält. Ein untragbares Ergebnis, gerade wenn doch tatsächlich eine stabile Familienbeziehung besteht. Dies sah auch das BVerfG so und hat nun den vollständigen Ausschluss der Stiefkindadoption bei nichtehelichen Familien für verfassungswidrig erklärt (Beschluss v. 26.03.2019; Az.: 1 BvR 673/17).

Die Ehe als einziges Stabilitätsmerkmal

Laut BVerfG führt die derzeitige Regelung zu einer Ungleichbehandlung von ehelichen und unehelichen Stiefkindfamilien. Diese Ungleichbehandlung halten die Richter zudem für nicht gerechtfertigt.
Ein Kind habe grundsätzlich ein Recht auf Gewährleistung elterlicher Pflege und Erziehung und auf ein geschütztes Zusammenleben mit seinen Eltern. Nach der bisher geltenden Regelung sei maßgebliches Differenzierungskriterium allein die Ehe zwischen rechtlichen Elternteil und Stiefelternteil - dieser Umstand sei aber durch die betroffenen Kinder weder beeinflussbar noch ihnen zuzurechnen.

Zwar hält auch das BVerfG das Ziel, die Stiefkindadoption nur in stabilen Lebensgemeinschaften zuzulassen, für legitim. Kinder sollen vor den Nachteilen geschützt werden, dass sich die Partner wieder voneinander trennen, noch bevor sich eine nachhaltige Beziehung zwischen Kind und Stiefelternteil bilden konnte.
Allerdings sei ein vollständiger Ausschluss bei fehlender Ehe nicht verhältnismäßig. Zwar darf eine Ehe als Indikator für eine stabile Beziehung der Eltern verwendet werden, da mit ihr ein langfristiger Bindungswille bekundet werde. Eine solche Stabilitätserwartung könne aber auch anders und nicht allein anhand einer Ehe gemessen werden. Diesen Umstand lässt die bisherige Regelung vollständig außer Acht. Der Schutz eines Stiefkindes vor den nachteiligen Folgen einer Adoption lasse sich auch hinreichend durch andere Anhaltspunkte für eine Stabilitätsprognosen bilden.

Das Ausmaß der Ungleichbehandlung sei zudem intensiv, da sich für die Kinder allein anhand des Familienstandes ihrer Eltern entscheide, ob sie ihren sozialen Elternteil als rechtlichen Elternteil erhalten können oder nicht. Die bestehenden Regelungen seien damit insgesamt unverhältnismäßig und verstoßen gegen den grundgesetzlichen Gleichheitssatz. Der Gesetzgeber hat nun bis zum 31.03.2020 Zeit, eine Neuregelung im Familienrecht  zu schaffen.

Weitere Informationen zum Abstammungsrecht und Adoption erhalten Sie auch unter: https://www.rosepartner.de/familienrecht/abstammung-name/adoption.html