Das Oberlandesgericht Hamm hat in einer Entscheidung vom 03.12.2009 (Az.: 4 U 149/09) zu der Frage Stellung genommen, inwieweit die Kosten für eine Gegenabmahnung geltend gemacht werden können. Der Kläger verlangte die Zahlung von 1.135,90 € für seine Gegenabmahnung. Er begründete seinen Anspruch damit, dass der Zuerst-Abmahnende ihn in offenkundig rechtsmissbräuchlicher Weise abgemahnt habe. Außerdem sei er durch den Erst-Abmahnenden gezielt behindert und beschädigt worden.
Die Berufung vor dem Oberlandesgericht Hamm scheiterte.
Deutlich weist das OLG Hamm darauf hin, dass der Abgemahnte sich gegen eine unberechtigte Abmahnung im Wege der Feststellungsklage wehren kann. Eine Gegenabmahnung ist grundsätzlich nicht erforderlich. Insoweit ist eine Anspruchsgrundlage wie § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht gegeben. Auch ein Schadensersatz gegen den Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb besteht nach Auffassung des OLG nicht. Auch anderweitige Anspruchsgrundlagen sieht das Gericht nicht:
"Solche der Sache nach berechtigten Abmahnungen können grundsätzlich nicht als wettbewerbswidrige Behinderung der Mitbewerber angesehen werden. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist dann, wenn das beanstandete Verhalten rechtmäßig ist, nur ausnahmsweise wettbewerbswidrig. Daran ändert grundsätzlich auch nichts, wenn der Abmahnende nicht klagebefugt ist oder anzunehmen ist, dass die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. Ein Verlangen, ein rechtswidriges Verhalten zu unterlassen, kann nicht als wettbewerbswidrige Behinderung des abgemahnten Wettbewerbers behandelt werden, weil dieser das beanstandete Verhalten ohnehin nicht wiederholen dürfte. Auch soweit die Abmahnung eines dazu nicht Berechtigten bereits als solche eine Beeinträchtigung des laufenden Geschäftsbetriebs darstellen kann, muss eine solche unbefugte Rechtsverfolgung ? wenn ein Wettbewerbsverstoß tatsächlich vorliegt ? grundsätzlich ebenso hingenommen werden wie auch sonst eine unbegründete Anspruchsverfolgung durch Mitbewerber."
Eine Besonderheit des Falles: Das Landgericht hatte in der Vorinstanz die erste Abmahnung, die dann Auslöser für die Gegenabmahnung war, als rechtsmissbräuchlich angesehen. Der abmahnende Kleinunternehmer hatte insgesamt 2.430,36 € in 2008 bis zur "auslösenden Abmahnung" umgesetzt. Hier führt das OLG aus:
"Die feststellbare Anzahl von 10 Abmahnungen vom Beklagten (der Erst-Abmahner) stellt sich, auch wenn ein deutliches Missverhältnis zwischen Geschäftstätigkeit und Abmahnrisiken bestanden haben mag, auch noch nicht als derart gravierend dar, dass die Annahme des Rechtsmissbrauchs zweifelsohne eindeutig war und sich der Beklagte dieser Einsicht zum Zeitpunkt der Abmahnung in eklatanter Weise verschloss."
Hier wird noch einmal die "Denke" des OLG Hamm deutlich. Bei der Gegenüberstellung von 10 Abmahnungen mit den damit verbundenen Rechtsanwaltskosten und möglichen Prozesskostenrisiken ist festzustellen, dass diese mit einem Umsatz von unter 3.000,00 € nicht einmal ansatzweise abgedeckt sind. Selbst bei dieser Konstellation sieht das OLG noch nicht automatisch einen Rechtsmissbrauch als gegeben, sondern formuliert im Konjunktiv!? Dies bestätigt leider die in der Praxis immer wiederkehrende Erfahrung, dass mit dem Einwand des "Rechtsmissbrauchs" bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen durchaus vorsichtig umgegangen werden sollte.
Weitere aktuelle Informationen zu Abmahnungen finden Sie unter www.abmahnung-blog.de und www.die-abmahnung.de .