Viele Eltern sind ratlos, wenn sie plötzlich von einer Kanzlei eine Abmahnungwegen Filesharing bekommen. So erging es einer Mutter, die gemeinsam mit Ihrem Ehemann sowie ihren beiden Töchter einen Rechner benutzte, der im Wohnzimmer stand. Die Abmahnanwälte schrieben, dass sie im Auftrag von der Firma Media Protector GmbH tätig sind. Sie warfen ihr vor, dass über ihren Anschluss eine Urheberrechtsverletzung begangen worden sei. Es sei eine Datei mit dem urheberrechtlich geschützte Pornofilm "Euro Intim- Deutschland Intim.." über eine Tauchbörse zum Download zur Verfügung gestellt worden.Die Anschlussinhaberin gab daraufhin lediglich die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Sie weigerte sich jedoch für die in Rechnung gestellten Abmahnkosten aufzukommen sowie Schadensersatz zu leisten. Daraufhin verklagten die Abmahnanwälte die Mutter auf Erstattung der angeblich entstandenen Abmahnkosten in Höhe von 651,80 Euro sowie Schadensersatz in Höhe von 500 Euro für den getauschten Film.
Die abgemahnte Mutter verteidigte sich damit, dass sie zu dem Zeitpunkt der angeblichen Urheberrechtsverletzung nicht zu Hause gewesen sei. Des Weiteren verwies sie darauf, dass die übrigen Familienmitglieder ebenfalls Zugang zu ihrem Rechner gehabt hätten.
Dies reichte dem Abmahner jedoch nicht. Nach seiner Auffassung hätte die Mutter nähere Nachforschungen anstellen müssen. Sie hätte insbesondere feststellen müssen, wer zum Zeitpunkt der Tat zu Hause war und deshalb Zugriff auf den Internetanschluss hätte nehmen können.
Das Amtsgericht Hamburg schloss sich dieser Sichtweise der Abmahnanwälte nicht an und wies die Klage gegen die Mutter - als Inhaberin des Familienanschlusses - mit Urteil vom 03.07.2015 (Az. 36a C 134/14) ab.
Filesharing: Anforderungen an sekundäre Darlegungslast dürfen nicht überspannt werden
Das Gericht nahm ihr zunächst einmal ab, dass sie zum Zeitpunkt der Urheberrechtsverletzung nicht zu Hause, sondern bei ihrer Mutter gewesen ist. Des Weiteren stellte es fest, dass sie durch ihre Darlegungen die erst einmal gegenüber dem Anschlussinhaber bestehende tatsächliche Vermutung der Täterschaft entkräftet hat. Hierzu reicht es aus, dass sie glaubwürdig vorgebracht hat, dass sowohl ihr Mann als auch ihre beiden Töchter Zugriff auf ihren Rechner nehmen konnten. Diesbezüglich braucht sie nicht weiter zu ergründen, wer zum konkreten Tatzeitpunkt zu Hause gewesen ist.
Keine Umkehr der Beweislast zugunsten der Musikindustrie
Denn hierdurch würden die Anforderungen an die Nachforschungspflicht des abgemahnten Anschlussinhabers überspannt werden. Es darf hier keine Beweislastumkehr zu Gunsten der Musikindustrie erfolgen.
Fazit:
Diese Entscheidung des Amtsgerichtes Hamburg steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. Sie ist zu begrüßen. Möglicherweise bahnt sich auch in Hamburg eine Wende in der Filesharing Rechtsprechung zu Lasten der profitsüchtigen Abmahnindustrie an. Wer wegen Filesharing abgemahnt wird, sollte das dennoch ernst nehmen und sich umgehend beraten lassen. Keinesfalls sollte vorschnell eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden.
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