Derzeit erhalten betroffene Anschlussinhaber bzw Teilnehmer von Peer-to-Peer Netzwerken (P2P-Netzwerk), die angeblich "Filmmaterial" (meist pornografische Filme) über Torrent, Emule oder Edonkey heruntergeladen und gleichzeitig der Öffentlichkeit zum upload angeboten haben, von den SBR Schindler Boltze Rechtsanwälte aus Karlsruhe eine Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzungen in Internettauschbörsen.
Gegenstand der Beauftragung der SBR Rechtsanwälte sei die Verfolgung einer von dem Betroffenen Internetanschlussinhaber angeblich über Peer-to-Peer Netzwerke (sog. Internet-Tauschbörsen) begangenen Urheberrechtsverletzung an urheberrechtlich geschütztem "Filmmaterial".
Die Mandantin der SBR Rechtsanwälte, eine Firma Gedast GmbH aus Rastatt, überwacht nach Angaben der SBR Rechtsanwälte Peer-to-Peer Netzwerke auf Urheberrechtsverletzungen an urheberrechtlich geschützten Werken des Filmherstellers Purzel Video GmbH. Zu diesem Zweck sei der Gedast GmbH die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem betreffenden Filmmaterial durch den Filmhersteller eingeräumt worden.
Es sei von der Mandantin der SBR Rechtsanwälte die IP-Adresse, Timstamp, Provider, GUID und P2P-Client erfasst worden und anhand einer eindeutigen Dateikennung (Hashwert) und dem Globally Unique Identifier (GUID) festgestellt worden, dass es sich hierbei um das in der Abmahnung genannte "Filmmaterial" handele.
Das betreffende Filmmaterial sei unter Berufung auf eine Entscheidung des OLG Hamburg von 1984 urheberrechtlich geschützt. Es wird gegenüber dem Betroffenen Anschlussinhaber nicht nur der Vorwurf erhoben, das angesprochene urheberrechtlich geschützte Filmmaterial heruntergeladen und damit unerlaubt vervielfältigt zu haben. Mit der Nutzung der Tauschbörse habe sich der Betroffene möglicherweise auch wegen Verbreitung pornografischer Schriften strafbar gemacht.
Von den Betroffenen wird regelmäßig neben der Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auch Ersatz der Rechtsverfolgungskosten und Schadensersatz in der Größenordnung von 486,00 € verlangt. Dies sei ein Vergleichsangebot, bei dessen Ablehnung höhere Anwaltskosten vorbehalten blieben.
Die Abmahnungen sind inhaltlich, soweit ersichtich, inhaltlich identisch.
- Der Rechteinhaber hat selbstverständlich zu beweisen, dass er ein ausschließliches Nutzungs- und Verwertungsrecht an dem Filmmaterial besitzt. Ferner hat er zu beweisen, das von der IP-Adresse des Anschlussinhabers tatsächlich das Filmmaterial samt Inhalt heruntergeladen bzw. zum upload der Öffentlichkeit angeboten worden ist. Das ist meines Erachtens nicht ohne weiteres für die Rechteinhaber so einfach, vor allen Dingen, wenn die Rechteinhaber möglicherweise im Ausland sitzen und Nutzungsrechte angeblich weiterübertragen worden sind. Hier ist eine lückenlose Nutzungsrechtskette von den Rechteinhabern zu beweisen.
Da der Name des Films als solcher nicht ohne weiteres den Beweis dafür erbringt, dass auch der Inhalt mit dem Film übereinstimmt (Stichwort: FAKE) ist der Urheberrechtsverletzung nicht mit der bloßen Behauptung erbracht, ein bestimmter Film sei heruntergeladen und der Öffentlichkeit angeboten worden. - Liegen die Filmdateien als RAR oder ZIP Dateien auf der Festplatte vor (das ist in den meisten Fällen wegen des Umfangs des Films der Fall) ist eine Beweissicherung anhand von sogenannten Hash-Dateien nicht ohne weiteres möglich. Die Hash-Dateien sind meines Erachtens nicht in der Lage, den Inhalt gepackter RAR oder ZIP Dateien zu erkennen, wenn die gepackten Dateien nicht vollständig vorliegen, zumal RAR Dateien wiederum selbst verschlüsselt werden können.
- Wenn ein Film nicht vollständig, sondern nur teilweise (z.B. 1 oder 3 % des Films) heruntergeladen wurde, stellt sich durchaus die Frage, ob hierbei bereits eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a UrhG zu sehen ist.
- Der Anschlussinhaber ist nicht ohne weiteres als Störer für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich, die über seinen Internetanschluss begangen werden. Die 2. Zivilkammer des LG Mannheim (Urteil v. 30.01.2007, Az. 2 O 71/06, MMR 2007, 459)) hat eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ohne konkreten Anlass für die Annahme, dass Familienmitglieder in rechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der Nutzung des Internets verletzen, für nicht zumutbar gehalten und eine ständige Überwachung oder gar eine Sperrung des Anschlusses kommt für diese Familienmitglieder nach Auffassung der Mannheimer Richter nicht in Betracht.
Diese Rechtsauffassung wird auch von der 7. Zivilkammer des LG Mannheim vertreten (LG Mannheim, MMR 2007, 267 ff.).
Der 11. Zivilsenat des OLG Frankfurt hat in einem Beschluss vom 20.12.2007 nun ebenfalls die Ansicht vertreten, dass der Inhaber eines Internetanschlusses nicht ohne weiteres verpflichtet sei, nahe Familienangehörige bei der Nutzung des Anschlusses zu überwachen. Eine solche Pflicht bestehe nur dann, wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte dafür habe, dass der Anschluss zu Rechtsverletzungen missbraucht werden könnte.
- Eine Störerhaftung für Urheberrechtsverletzungen, die von unbefugten Dritten durch Zugriff auf das WLAN begangen werden (z.B. von der Straße her, Nachbarhäuser), besteht nur bei unverschlüsselten WLAN Netzwerken. Bei verschlüsselten WLAN Netzwerken besteht eine Störerhaftung grundsätzlich nicht. Eine Störerhaftung besteht meines Erachtens auch dann nicht, wenn nur die veraltete WEP Verschlüsselung aufgrund veralteter Hardware (neuere und sichere Standards sind WPA I und II) vorliegt und diese durch Tools im Internet mittlerweile als unsicher gelten. Viele ältere Rechner sind nämlich nicht in der Lage, die neueren WPA I und WPA II Standards zu unterstützen.
- Ob eine Unterlassungserklärung, ggf. in abgewandelter Form abgegeben wird, hängt von der rechtlichen Beurteilung des Einzelfalls ab, insbesondere von der Frage, ob der Anschlussinhaber als Störer für die angebliche Urheberrechtsverletzung verantwortlich gemacht werden kann.
- Ob eine Unterlassungserklärung zwar abgegeben werden wird, jedoch die Kostenerstattung und Schadensersatz mit der Begründung der fehlenden Störerhaftung oder fehlenden Beweisbarkeit abgelehnt werden kann hängt ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab.
- Da neben dem Vorwurf der Urheberrechtsverletzung auch die strafrechtliche Seite nicht vernachlässigt werden sollte (es steht ggf. eine Strafbarkeit wegenvorsätzlicher Urheberrechtsverletzung und wegen vorsätzlichen Verbreitens pornografischer Schriften im Raum), empfiehlt sich ggf. Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft zu beantragen. Dies ist nur über einen Rechtsanwalt möglich. Des weiteren sollten ohne Rücksprache mit dem Rechtsanwalt keine Angaben gegenüber der Polizei gemacht werden
- In jedem Fall empfiehlt sich eine genaue Prüfung des Falles, um im Einzelfall eine für die Betroffenen angemessene Lösung in zivilrechtlicher und strafrechtlicher Hinsicht zu erzielen.
Christian Weiner, LL.M. (Medienrecht)
Rechtsanwalt
www.ra-weiner.de