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Bundessozialgericht
Beschl. v. 16.05.2023, Az.: B 5 R 15/23 B
Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren; Bezeichnung eines Verfahrensmangels; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung
Gericht: BSG
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 16.05.2023
Referenz: JurionRS 2023, 30715
Aktenzeichen: B 5 R 15/23 B
ECLI: ECLI:DE:BSG:2023:160523BB5R1523B0

Verfahrensgang:

vorgehend:

LSG Mecklenburg-Vorpommern - 10.11.2022 - AZ: L 4 R 139/17

SG Rostock - 14.06.2017 - AZ: S 7 R 145/15

BSG, 16.05.2023 - B 5 R 15/23 B

Redaktioneller Leitsatz:

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich, darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht – hier verneint für Rügen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch Ablehnung eines Antrags auf Terminverlegung.

in dem Rechtsstreit
BSG Az.: B 5 R 15/23 B
LSG Mecklenburg-Vorpommern 10.11.2022 - L 4 R 139/17
SG Rostock 14.06.2017 - S 7 R 145/15
…………….,
Kläger und Beschwerdeführer,
Prozessbevollmächtigter: ………………….,
g e g e n
Deutsche Rentenversicherung Nord,
Platanenstraße 43, 17033 Neubrandenburg,
Beklagte und Beschwerdegegnerin.
Der 5. Senat des Bundessozialgerichts hat am 16. Mai 2023 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. D ü r i n g sowie die Richterinnen Prof. Dr. K ö r n e r und H a h n
beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 10. November 2022 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

I

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.

2

Der im Jahr 1959 geborene Kläger ist gelernter Montageschlosser. Bis zu einem Arbeitsunfall im August 2006 war er als Lüftungsbauer mit Schlosserarbeiten versicherungspflichtig beschäftigt. Im Anschluss an eine von der Berufsgenossenschaft gewährte Umschulung war der Kläger in den Jahren 2013 bis 2014 in einem Alarm-, Überwachungs- und Sicherheitsdienst und im Jahr 2018 in einem Frischemarkt geringfügig tätig. Nach einem früheren erfolglosen Rentenantrag aus dem Jahr 2010 beantragte er im Juni 2014 erneut die Leistung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte dies wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ab (Bescheid vom 2.12.2014; Widerspruchsbescheid vom 13.4.2015).

3

Das SG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, es könne dahinstehen, ob die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien. Jedenfalls sei der Kläger mit einem Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich unter Leistungseinschränkungen nicht erwerbsgemindert. Auch bestehe kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger könne zumutbar auf eine Tätigkeit als Hauswart verwiesen werden (Urteil vom 14.6.2017). Auch das LSG hat einen Rentenanspruch verneint und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das LSG hat seine Entscheidung auf ein von Amts wegen eingeholtes berufskundliches Gutachten des Sachverständigen F vom 26.10.2022 und auf dessen Aussagen in der mündlichen Verhandlung am 10.11.2022 gestützt. Danach könne der Kläger aufgrund seiner beruflichen Qualifikation und unter Berücksichtigung seiner körperlichen Einschränkungen auf eine Tätigkeit als Hausmeister/Hauswart verwiesen werden (Urteil vom 10.11.2022).

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend.

II

5

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Form begründet ist. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist es erforderlich, darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Einen solchen Verfahrensfehler hat der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht hinreichend bezeichnet.

7

Der bereits im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger macht eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG; § 62 Halbsatz 1 SGG) geltend, indem das LSG seinen Antrag auf Terminverlegung abgelehnt habe. In der Ladung vom 13.10.2022 habe das LSG zunächst nur eine Beweiserhebung durch Befragung des Sachverständigen F in der mündlichen Verhandlung am 10.11.2022 angekündigt. Für ihn überraschend sei mit Schreiben vom 2.11.2022 das berufskundliche Gutachten vom 26.10.2022 übersandt worden. Seinen daraufhin mit Schriftsatz vom 8.11.2022 gestellten Antrag, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, um sich ausreichend mit dem Inhalt des Gutachtens befassen zu können, habe das LSG mit Datum vom 9.11.2022 zu Unrecht abgelehnt.

8

Gemäß § 62 SGG muss das Gericht im Fall einer Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung den Beteiligten unabhängig davon, ob diese die Möglichkeit zur schriftlichen Äußerung und Vorbereitung des Verfahrens genutzt haben, Gelegenheit geben, sich zur Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung selbst zu äußern (vgl BSG Beschluss vom 6.1.2022 - B 5 LW 1/21 B - juris RdNr 24 mwN). Liegt ein erheblicher Grund für eine Terminverlegung iS des § 227 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 202 SGG vor und wird diese ordnungsgemäß beantragt, begründet dies auch unter Beachtung des allgemeinen Prozessgrundrechts auf ein faires Verfahren grundsätzlich eine Pflicht des Gerichts zur Terminverlegung (vgl BSG Beschluss vom 10.6.2022 - B 5 R 49/22 B - juris RdNr 6).

9

Einen solchen erheblichen Grund für die Terminverlegung hat der Kläger nicht hinreichend bezeichnet. Es kann offenbleiben, ob aus der Beschwerdebegründung hinreichend hervorgeht, aus welchen Gründen eine ausreichende Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung nicht möglich gewesen sein könnte.

10

Die Beschwerde zeigt jedenfalls nicht hinreichend auf, dass der Kläger alles Zumutbare getan habe, um sich gegenüber dem LSG Gehör zu verschaffen. Der Kläger hat zusammen mit seinem Prozessbevollmächtigten an der Beweisaufnahme durch Befragung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 10.11.2022 teilgenommen. Er behauptet auch nicht, in der mündlichen Verhandlung einen Vertagungsantrag und einen Antrag auf Einräumung einer Frist für eine weitere schriftsätzliche Stellungnahme gestellt zu haben. Dies wäre aber notwendig gewesen, um eine Verletzung rechtlichen Gehörs erfolgreich rügen zu können (vgl BSG Beschluss vom 7.6.2021 - B 11 AL 7/21 B - juris RdNr 7 mwN).

11

Soweit der Kläger einen Verstoß gegen das Recht auf ein faires und rechtsstaatliches Verfahren rügt, weil er bereits bei Terminierung der mündlichen Verhandlung auf den 10.11.2022 auf eine Terminkollision hingewiesen habe, hat er schon nicht vorgetragen, wann und mit welchem Inhalt er einen solchen Terminverlegungsantrag gestellt hat. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme vom 10.11.2022 hat der Prozessbevollmächtigte zusammen mit dem Kläger an der mündlichen Verhandlung bis zum Schluss teilgenommen und Sachanträge gestellt. Auch dazu verhält sich die Beschwerdebegründung nicht.

12

Soweit der Kläger geltend macht, das LSG habe seine Entscheidung nicht auf die Ausführungen des Sachverständigen F stützen dürfen und dieser gehe zu Unrecht von einer zulässigen Verweisungstätigkeit als Hausmeister/Hauswart aus, rügt er die richterliche Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde nach dem Gesetzeswortlaut in § 160 Abs 2 Nr 3 SGG jedoch nicht gestützt werden.

13

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG).

14

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 183 Satz 1 iVm § 193 Abs 1 und 4 SGG.

Dr. Düring

Prof. Dr. Körner

Hahn

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