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Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.01.2015, Az.: XI ZR 179/13
Anspruch auf Auszahlung eines Kontoguthabens gegenüber einem geschlossenen Immobilienfonds
Gericht: BGH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 13.01.2015
Referenz: JurionRS 2015, 10716
Aktenzeichen: XI ZR 179/13
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

LG München I - 24.09.2012 - AZ: 28 O 3267/12

OLG München - 05.03.2013 - AZ: 5 U 4357/12

BGH, 13.01.2015 - XI ZR 179/13

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2015 durch den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterin Dr. Derstadt

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. März 2013 aufgehoben.

Die Berufungen der Kläger zu 4), zu 5) und zu 6) gegen das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 24. September 2012 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Rechtsmittelverfahren haben der Kläger zu 4) 52%, der Kläger zu 5) 24% und die Klägerin zu 6) 24% zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger begehren von der Beklagten aus abgetretenem Recht des geschlossenen Immobilienfonds GbR M. (nachfolgend: Fondsgesellschaft) die Auszahlung eines Kontoguthabens.

2

Die Kläger erklärten im Jahr 1991 den Beitritt zur Fondsgesellschaft und schlossen zu dessen Finanzierung, jeweils vertreten durch die von ihnen umfassend bevollmächtigte A. Steuerberatungs GmbH (nachfolgend: Treuhänderin), Darlehensverträge mit der Beklagten. Diese zahlte die Darlehensvaluten auf eine von der Treuhänderin für die Kläger erteilte Anweisung hin auf ein für die Fondsgesellschaft geführtes Treuhandkonto aus.

3

Die Kläger nahmen die Beklagte in Vorprozessen, in denen die Beklagte der Fondsgesellschaft im Jahr 2007 den Streit verkündete, erfolgreich auf Rückzahlung der von ihnen auf die Darlehen erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Anspruch (nachfolgend: Vorentscheidungen). In diesen Verfahren ging das Berufungsgericht davon aus, die von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmachten seien wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) unwirksam, folglich bestünden mangels wirksamer Vertretung der Kläger durch die Treuhänderin keine wirksamen Darlehensverträge und die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Rechtsscheinvollmacht berufen. Nichtzulassungsbeschwerden der Beklagten wurden am 30. November 2010 zurückgewiesen.

4

Nach Verkauf der Fondsimmobilie im Jahr 2007 wurde ein Teilbetrag des erzielten Verkaufserlöses auf Sperrkonten der Fondsgesellschaft verbucht, die diese bei der Beklagten unterhielt. Die Beklagte und die Fondsgesellschaft schlossen am 25./27. Januar 2010 einen Vergleich (nachfolgend: Vergleich), wonach die Beklagte die Guthaben auf den Sperrkonten jeweils freigeben sollte, wenn sie mit den betreffenden Gesellschaftern über die Abrechnung der Darlehensvaluta eine Einigung erzielt hatte. Mit den Klägern zu 4) bis 6) kam eine solche Einigung nicht zustande. Für diesen Fall sah der Vergleich vor, dass die Beklagte ihre angeblichen Ansprüche gegen die Fondsgesellschaft auf Rückzahlung der Darlehen zuzüglich Zinsen weiterverfolgen werde und ihr zur Befriedigung dieser Ansprüche im Wege der Verrechnung auf dem Sperrkonto eine Haftungsmasse von maximal 198.097 € zuzüglich hierauf entfallender Zinsen zur Verfügung stehe.

5

Die Beklagte erklärte am 14. März 2011 gegenüber der Fondsgesellschaft gegen deren damals noch bestehenden Anspruch auf Auszahlung des restlichen Kontoguthabens von 184.404,73 € in Höhe eines gleich hohen Teilbetrags die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Rückzahlung von Beträgen, die im Hinblick auf die u.a. mit den Klägern vermeintlich geschlossenen Darlehensverträge an die Fondsgesellschaft geflossen seien. Am 14./24. Oktober 2011 trat die Fondsgesellschaft ihren Auszahlungsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 67.713,42 € an den Kläger zu 4) und in Höhe von 61.480,54 € an die Kläger zu 5) und 6) gemeinsam ab. Diesen Anspruch, der sich um weiter angefallene Zinsen erhöht hat, macht der Kläger zu 4) mit 68.214,18 € nebst Zinsen geltend; die Kläger zu 5) und 6) begehren 61.935,20 € nebst Zinsen. Sachlich streiten die Parteien um die Wirksamkeit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung.

6

Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihnen auf die Berufung der Kläger stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit diese für das Revisionsverfahren von Interesse ist, im Wesentlichen ausgeführt:

9

Ansprüche der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB auf Rückgewähr der rechtsgrundlos an die Fondsgesellschaft gezahlten Darlehensvaluten seien mit Ablauf des Jahres 2004 verjährt, da der jeweilige Rückzahlungsanspruch bereits mit den Auszahlungen der Darlehen im Jahr 1991 entstanden sei und die Beklagte Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von allen anspruchsbegründenden Tatsachen sowie der Person der Anspruchsgegnerin spätestens im Jahre 2001 erlangt habe. Die Streitverkündungen der Beklagten seien erst nach Ablauf der Verjährung erfolgt und hätten deswegen keine Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB mehr bewirken können. Damit sei die Forderung der Beklagten im Jahr 2008, als der Auszahlungsanspruch der Fondsgesellschaft gegen die Beklagte und die Aufrechnungslage nach § 387 BGB erstmals entstanden seien, bereits verjährt gewesen. Die Beklagte sei folglich gemäß § 390 BGB [wohl zutreffend § 215 BGB] mit einer Aufrechnung ausgeschlossen gewesen.

10

Die Beklagte habe durch ihre Darlehenssachbearbeiter (§ 166 BGB) bereits im Dezember 1991 gewusst, dass die der Treuhänderin erteilte Vollmacht einen umfassenden Inhalt gehabt habe. Zwar sei damals die Nichtigkeit des Treuhandvertrags und der zugleich erteilen Vollmacht rechtlich noch nicht bekannt gewesen, sodass die Beklagte im Jahr 1991 keine Veranlassung gehabt habe, von der Unwirksamkeit einer solchen Vollmacht nach § 134 BGB auszugehen. Mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265) und vom 11. Oktober 2001 (III ZR 182/00, BKR 2001, 143) habe sich für die darlehensgebende Bank jedoch die klare Erkenntnis ergeben, dass eine solch umfassende Vollmacht nach Art. 1 § 1 RBerG einer Erlaubnis bedurft habe. Die Beklagte habe auch Kenntnis vom Nichtbestehen der erforderlichen Erlaubnis gehabt. Sie sei zwar nicht verpflichtet gewesen, diesbezüglich Erkundigungen einzuholen. Der der Beklagten bekannte Umfang der Vollmacht schließe aber das Vorliegen der erforderlichen Erlaubnis aus.

11

Die Beklagte habe zu dieser Zeit auch Kenntnis vom verspäteten Vorliegen der Vollmachtsausfertigungen und damit vom Fehlen eines Vertrauenstatbestandes nach § 172 BGB gehabt. Nach den bindenden Feststellungen in den Vorentscheidungen habe der Beklagten die Vollmachtsausfertigung jeweils erst nach Vertragsschluss und Auszahlungsanweisung vorgelegen. Davon habe die Beklagte auch von Anfang an Kenntnis gehabt, da bei ihr eine Arbeitsanweisung bestanden habe, nach der der Kreditsachbearbeiter das Vorliegen der Ausfertigung bei Vertragsschluss und Auszahlung hätte überprüfen müssen. Dass dabei teilweise entgegen dieser Arbeitsanweisung auch sog. Notarbestätigungen als ausreichend angesehen worden seien, ändere nichts, da auch dann Kenntnis vom Fehlen der Vollmachtsurkunde bestanden habe. Dafür, dass der Beklagten der verspätete Eingang der Vollmachtsurkunde aufgrund besonderer Umstände verborgen geblieben sei, gebe es keine Anhaltspunkte. Der Beklagten sei zwar im Zeitraum 2000/2001, als infolge höchstrichterlicher Rechtsprechung die rechtliche Bedeutung dieser Umstände zutage getreten sei, das Wissen um den Eingang der Ausfertigung nicht mehr präsent gewesen, weil es in deren Geschäftsbetrieb versäumt worden sei, das Eingangsdatum der Vollmachtsausfertigungen in den Kreditakten festzuhalten. Dies stelle jedoch ein Organisationsverschulden dar, da das Eingangsdatum als wesentliches Kriterium für das Vorliegen eines Tatbestandes nach § 172 BGB in allen "Vollmachtsfällen" im Rahmen der auf mehrere Jahre angelegten Kreditverhältnisse von solch immenser Bedeutung sei, dass es schlicht unverzichtbar gewesen sei, dieses aktenkundig zu machen und somit auch für nachfolgende Zeiträume verfügbar und präsent zu halten. Wegen dieses Organisationsversäumnisses könne die Beklagte nicht mit Erfolg Unkenntnis für sich reklamieren.

12

Der Beklagten sei eine frühzeitige Verfolgung ihres Anspruchs gegen die Fondsgesellschaft zum Zwecke der Verjährungshemmung auch zumutbar gewesen. Zwar treffe es zu, dass die Frage der Haftung der Gesellschafter für die Bereicherungsschuld nach § 128 HGB höchstrichterlich erst mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Juni 2008 (XI ZR 112/07, BGHZ 177, 108 Rn. 18 ff.) entschieden worden sei. Dieser Schwierigkeit hätte die Beklagte jedoch durch sachgerechte Erklärungen im Rahmen ihres Vorgehens gegen die Fondsgesellschaft Rechnung tragen können, etwa indem sie Erklärungen der Darlehensnehmer hätte nachfordern können. Soweit bereits Umschuldungsmaßnahmen beendet worden seien, hätte die Beklagte eine Befassung der potenziellen Darlehensnehmer zurückstellen und sich zunächst an die Fondsgesellschaft halten müssen. Schließlich wirke sich im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung zum Nachteil der Beklagten aus, dass sie die aufgetretenen Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch eigenes Organisationsverschulden verursacht habe.

II.

13

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt zu Unrecht an, dass die von der Beklagten zur Aufrechnung gestellten Bereicherungsansprüche verjährt sind. Die von der Beklagten am 14. März 2011 erklärte Aufrechnung ist wirksam, sodass die den Klagen zugrunde liegende Forderung der Fondsgesellschaft bereits vor ihrer Abtretung an die Kläger nach § 389 BGB erloschen war.

14

1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Ansprüche der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft auf Rückzahlung der valutierten Darlehensbeträge bereits mit deren Auszahlung Ende 1991 entstanden sind. Anders als das Berufungsgericht meint, ergeben sich die Rückzahlungsansprüche der Beklagten indessen nicht aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB, sondern aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB (Nichtleistungskondiktion). Ein solcher Anspruch steht einem Angewiesenen gegen den Zahlungsempfänger zu, wenn die Zahlungsanweisung - wie hier - von einem vollmachtlosen Vertreter erteilt worden ist und die Zahlung dem vermeintlich Anweisenden mangels eines entsprechenden Rechtsscheins nicht als dessen Leistung zuzurechnen ist (vgl. Senatsurteile vom 20. März 2001 - XI ZR 157/00, BGHZ 147, 145, 149, vom 5. November 2002 - XI ZR 381/01, BGHZ 152, 307, 311 f. und vom 28. April 2009 - XI ZR 227/08, WM 2009, 1271 Rn. 21). Dieser Anspruch entsteht im Zeitpunkt der rechtsgrundlosen Zuwendung (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - III ZR 132/08, WM 2009, 566 Rn. 13) und damit hier mit Überweisung der Darlehensbeträge durch die Bank auf ein Konto der Fondsgesellschaft.

15

2. In mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe spätestens im Jahr 2001 Kenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB von allen Umständen gehabt, die diese Bereicherungsansprüche begründen.

16

a) Die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist (§ 195 BGB) beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB müssen auch in Überleitungsfällen, wie dem hier vorliegenden, nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB gegeben sein, damit die Verjährung in Gang gesetzt wird (Senatsurteile vom 23. Januar 2007 - XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1 Rn. 23 ff. und vom 28. Februar 2012 - XI ZR 192/11, WM 2012, 688 Rn. 18).

17

Der Gläubiger eines Anspruchs aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB) hat Kenntnis von den seinen Anspruch begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und den Tatsachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechtsgrundes ergibt (Senatsurteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 14 mwN und vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 12). Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehören in dem Zusammenhang auch die Umstände, die die Unwirksamkeit einer Vollmacht und das Fehlen einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB begründen (Senatsurteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, aaO Rn. 21). Entsprechend gilt für den hier im Streit stehenden Anspruch aus Nichtleistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB), dass der Gläubiger nicht nur die rechtsgrundlos erfolgte Zuwendung kennen muss, sondern auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass die Zahlung dem Anleger nicht kraft eines Rechtsscheins als Leistung zuzurechnen ist.

18

Nicht erforderlich für die Ingangsetzung des Verjährungslaufs ist demgegenüber, dass der Gläubiger aus der Kenntnis der seinen Anspruch begründenden Tatsachen zutreffende rechtliche Schlüsse zieht (Senatsurteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 12; BGH, Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 279/11, WM 2013, 1286 Rn. 47 mwN). Es genügt, dass der Anspruchsberechtigte den Sachverhalt in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass dieser erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet, sowie dass dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich ist (st. Rspr., Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 27 mwN).

19

b) Ob und ab welchem Zeitpunkt der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hat oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Senatsurteile vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 13 und vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 32).

20

c) Danach hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe bereits im Jahr 2001 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB gehabt.

21

aa) Rechtsfehlerhaft ist zunächst die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe im Jahr 2001 mit Veröffentlichung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senatsurteil vom 18. September 2001 - XI ZR 321/00, WM 2001, 2113 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261 f.) zugleich Kenntnis davon erlangt, dass die Treuhänderin nicht über eine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG verfügt habe. Die Begründung des Berufungsgerichts, der Treuhänderin habe eine solche Erlaubnis angesichts des der Beklagten bekannten Umfangs der Treuhändervollmacht rechtlich gar nicht erteilt werden können, ist fehlerhaft. Denn nach dem Rechtsberatungsgesetz in der bis zum 26. August 1980 gültigen Fassung konnte auch eine sachlich unbeschränkte Erlaubnis erteilt werden. Die Änderung des Rechtsberatungsgesetzes zum 3. Oktober 1990 hat nicht zum Erlöschen dieser "Alt-Erlaubnisse" geführt. Der vom Berufungsgericht vorgenommene Schluss aus dem Umfang der Treuhändervollmacht auf das Fehlen einer Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz ist damit rechtlich nicht haltbar.

22

bb) Weiter rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe im Jahr 2001 Kenntnis davon gehabt, dass Ausfertigungen der Treuhändervollmachten bei Valutierung der Darlehen an die Fondsgesellschaften nicht vorgelegen hätten.

23

(1) Dabei geht das Berufungsgericht noch zutreffend davon aus, dass der Beklagten die Vollmachtsausfertigungen bei Auszahlung der Darlehensvaluta nicht vorgelegen haben. Diese Feststellung war für die Vorentscheidungen tragend. Da sie im vorliegenden Verfahren für die Beklagte günstig ist, wird sie nach § 74 Abs. 3, § 68 Satz 1 ZPO von der sich auch auf die Kläger als Rechtsnachfolger der Fondsgesellschaft erstreckenden (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 1997 - III ZR 46/96, WM 1997, 1755, 1757) Interventionswirkung umfasst und ist daher - auch in der Revisionsinstanz - von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteile vom 4. Februar 1955 - I ZR 105/53, BGHZ 16, 217, 228 und vom 19. März 2014 - I ZR 209/12, WM 2014, 2015 Rn. 28).

24

(2) Demgegenüber wurden zur Kenntnis der Beklagten davon, dass ihr bei Valutierung der Darlehen keine Vollmachtsausfertigungen vorgelegen haben, in den Vorentscheidungen keine Feststellungen getroffen, sodass hierzu eine Interventionswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 Satz 1 ZPO nicht in Betracht kommt. Zudem würde es sich dabei um einen für den Streitverkünder im Folgeprozess ungünstigen Umstand handeln, für den nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteile vom 26. März 1987 - VII ZR 122/86, BGHZ 100, 257, 260 ff. und vom 16. Januar 1997 - I ZR 208/94, WM 1997, 1576, 1578) die Interventionswirkung nicht in Anspruch genommen werden kann.

25

(3) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich eine solche Kenntnis der Beklagten auch nicht aus deren Sachvortrag. Die Beklagte hat vielmehr an ihrem Vorbringen festgehalten, die Vollmachtsurkunden hätten ihr bereits bei Abschluss der Darlehensverträge vorgelegen. Zur Begründung ihres Bereicherungsanspruchs gegen die Fondsgesellschaft hat sie sich lediglich auf die Bindungswirkung nach § 74 Abs. 3, § 68 Satz 1 ZPO berufen, ohne Feststellungen aus den Vorentscheidungen in den eigenen Sachvortrag zu übernehmen. Dieses prozessuale Verhalten der Beklagten ist nicht zu beanstanden, da sich die Beklagte uneingeschränkt auf die Interventionswirkung berufen hat und nicht nur auf einzelne ihr günstige Feststellungen und rechtliche Folgerungen aus den Vorentscheidungen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1989 - IX ZR 83/88, NJW-RR 1989, 766, 767).

26

(4) Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, Kenntnisse zum Nichtvorliegen der Vollmachtsausfertigungen, die der damit befasste Kreditsachbearbeiter bei Abschluss der Darlehensverträge und deren Valutierung im Jahr 1991 besessen habe, seien bei der Beklagten in den Jahren 2000/2001 nicht mehr präsent gewesen, wird von den Parteien nicht angegriffen. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht aber an, die Beklagte müsse sich dennoch solche Kenntnisse entgegenhalten lassen, weil sie es versäumt habe, das jeweilige Datum des Eingangs der Vollmachtsausfertigung in den Kreditakten festzuhalten.

27

(a) Jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation muss im Rahmen des ihr Zumutbaren sicherstellen, dass ihr zugehende, erkennbar rechtserhebliche Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weitergegeben werden (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 37, vom 12. November 1998 - IX ZR 145/98, BGHZ 140, 54, 62, vom 16. Juli 2009 - IX ZR 118/08, BGHZ 182, 85 Rn. 16, vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 23, vom 15. April 2010 - IX ZR 62/09, WM 2010, 940 Rn. 11 und vom 30. Juni 2011 - IX ZR 155/08, BGHZ 190, 201 Rn. 17). Steht diesen solches - typischerweise in Akten oder Dateien festgehaltenes Wissen (vgl. dazu BGH, Urteile vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 297/94, WM 1996, 824, 825 f., vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 35 und vom 15. Januar 2004 - IX ZR 152/00, WM 2004, 720, 722; MünchKomm BGB/Schramm, 6. Aufl., § 166 BGB Rn. 20) - nicht zur Verfügung, muss sich die am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation aus Gründen des Verkehrsschutzes so behandeln lassen, als habe sie von der betreffenden Information Kenntnis (Senatsurteile vom 15. April 1997 - XI ZR 105/96, BGHZ 135, 202, 206 und vom 24. November 2009 - XI ZR 260/08, WM 2010, 34 Rn. 23).

28

(b) Danach oblag es der Beklagten im Jahr 1991 nicht, das Datum des Eingangs der Vollmachtsausfertigungen in den Kreditakten festzuhalten. Ob eine Information (typischerweise) aktenmäßig festzuhalten ist, hängt davon ab, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie später rechtserheblich werden kann. Das ist nach dem Zeitpunkt der Wahrnehmung und nicht nach einem erst später erreichten Wissensstand zu beurteilen (BGH, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 38). Da sowohl in der Rechtspraxis als auch im Schrifttum bis zu den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes aus den Jahren 2000 und 2001 zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (BGH, Urteil vom 28. September 2000 - IX ZR 279/99, BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senatsurteil vom 18. September 2001 - XI ZR 321/00, WM 2001, 2113 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261 f.) nicht von einem solchen Verstoß ausgegangen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2000, aaO, S. 277 f.), musste eine finanzierende Bank Anfang der 1990er Jahre im Hinblick auf die Wirksamkeit der von ihr im Wege eines Treuhändermodells geschlossenen Darlehensverträge und der von den Treuhändern erteilten Zahlungsanweisungen dem Zeitpunkt keine besondere Bedeutung beimessen, zu dem Ausfertigungen der Treuhändervollmacht bei ihr eingingen. Im Jahr 1991 bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Datum für eine etwaige Rechtsscheinhaftung nach § 172 BGB in Zukunft rechtserheblich sein könnte.

29

3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht schließlich angenommen, der Beklagten sei es bereits im Jahr 2001 zumutbar gewesen, ihre Bereicherungsansprüche gegen die Fondsgesellschaft zum Zwecke der Verjährungshemmung zu verfolgen.

30

a) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger hinreichende Kenntnis von den für den Beginn der Verjährung maßgeblichen Umständen hat, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Diese Frage wird aber maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (BGH, Urteil vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 326; Senatsurteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155 Rn. 17, vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 13, vom 11. September 2012 - XI ZR 56/11, WM 2012, 2190 Rn. 35 und vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13, WM 2014, 2261 Rn. 49 ff.). Ausnahmsweise kann nämlich Rechtsunkenntnis des Gläubigers den Verjährungsbeginn hinausschieben, wenn eine unsichere und zweifelhafte Rechtslage vorliegt, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht zuverlässig einzuschätzen vermag. In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (Senatsurteile vom 23. September 2008, aaO Rn. 15, vom 15. Juni 2010, aaO Rn. 12 und vom 28. Oktober 2014, aaO Rn. 35).

31

b) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagten vorliegend eine Klage gegen die Fondsgesellschaft auf Rückzahlung der valutierten Darlehensbeträge erst ab dem Zeitpunkt zuzumuten, ab dem sie wusste, dass sie die von den Klägern auf die Darlehensverträge erbrachten Tilgungsleistungen zurückzahlen muss. Diese Kenntnis hat die Beklagte erst mit Zustellung der Beschlüsse des Senats vom 30. November 2010 erlangt, mit denen ihre Nichtzulassungsbeschwerden gegen die Vorentscheidungen zurückgewiesen wurden. Erst dadurch war ausreichend geklärt, dass den Klägern Vertragserklärungen und Zahlungsanweisungen der Treuhänderin aus dem Jahr 1991 nicht zuzurechnen waren und die Beklagte deswegen die von den Klägern erbrachten Leistungen zurückzahlen musste.

32

aa) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagten entweder ein Anspruch gegen die Kläger aus den Darlehensverträgen oder ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen die Fondsgesellschaft zusteht, mithin insoweit bezüglich des Anspruchsgrundes und des Anspruchsgegners jeweils ein "Alternativverhältnis" besteht.

33

bb) Es hat aber nicht ausreichend berücksichtigt, dass dieser Umstand für die Beantwortung der Frage maßgebend ist, wann der Beklagten eine Klage gegen die Fondsgesellschaft aus Bereicherungsrecht zuzumuten ist. Das Berufungsgericht hat insbesondere nicht bedacht, dass auf Grundlage seiner Auffassung die Beklagte mit einer gegen die Fondgesellschaft gerichteten Klage wirtschaftlich etwas hätte verlangen müssen, das sie von den Klägern als Leistungen auf die Darlehensschuld bereits vereinnahmt hatte. Bis zum Abschluss der Vorprozesse im November 2010 hatten die Kläger Darlehensraten vollständig bzw. überwiegend an die Beklagte gezahlt und es stand nicht fest, dass die Beklagte den Klägern diese Leistungen zu erstatten hat. Die Beklagte hätte folglich mit der vom Berufungsgericht geforderten Rechtsverfolgung von der Fondsgesellschaft einen wirtschaftlichen Ausgleich für die Auszahlung der Darlehensbeträge verlangen müssen, ohne dass der dafür vorausgesetzte Ausfall mit den entsprechenden Darlehensforderungen gegen die Kläger festgestanden hätte. Dies hätte eine Klage gegen die Fondsgesellschaft auf Herausgabe dieser angeblich rechtsgrundlos zugeflossenen Leistungen erfordert, obwohl die Beklagte in dem noch laufenden Zivilprozess die Forderung der Kläger auf Rückzahlung der Tilgungsleistungen abgelehnt hat, weil rechtswirksame Darlehensverträge bestünden und sie deswegen die Darlehensvaluta mit Rechtsgrund an die Kläger geleistet habe. Die Erfolgsaussichten einer solchen Rechtsverfolgung waren schon wegen des Einwands der Treuwidrigkeit (§ 242 BGB) unsicher und zweifelhaft.

34

Zudem hätte sich die Beklagte bei der Begründung einer solchen Klage gegen die Fondsgesellschaft zu ihrer zentralen Tatsachenbehauptung im noch nicht abgeschlossenen Vorprozess in Widerspruch setzen müssen, ihr hätten vor Abschluss der Darlehensverträge mit den Klägern Ausfertigungen der jeweiligen Vollmachtsurkunden vorgelegen.

35

In einer solchen Situation muss es dem möglichen Bereicherungsgläubiger unbenommen bleiben, abzuwarten, bis seine Verpflichtung, das bereits Erlangte wieder herauszugeben, geklärt ist (vgl. dazu auch BGH, Urteile vom 11. Mai 1989 - III ZR 88/87, WM 1990, 202, 207 und vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 325 f.). Der Beklagten war somit die Erhebung einer auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta gerichteten Klage gegen die Fondsgesellschaft aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB erst zuzumuten, als nach Zurückweisung ihrer Nichtzulassungsbeschwerden in den Vorprozessen feststand, dass sie die auf das Darlehen bereits erbrachten Tilgungsleistungen zurückzahlen muss.

36

cc) Nichts anderes gilt für die Zumutbarkeit einer Streitverkündung. Da die Zumutbarkeit verjährungshemmender Handlungen in erster Linie vom Kenntnisstand des Anspruchsinhabers abhängt, kommt der Frage, ob die Hemmung der Verjährung durch Klageerhebung oder Streitverkündung bewirkt werden kann, keine für den Verjährungsbeginn entscheidende Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2005 - III ZR 353/04, WM 2005, 1328, 1330).

37

c) Die für die Bereicherungsforderung der Beklagten gegen die Fondsgesellschaft geltende dreijährige Verjährungsfrist (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 195 BGB) wurde folglich gemäß § 199 Abs. 1 BGB erst mit Ablauf des Jahres 2010 in Gang gesetzt, da für die Beklagte die Rückzahlungspflicht erst mit Bekanntgabe der Beschlüsse des Senats vom 30. November 2010 feststand. Die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist von zehn Jahren im Sinne des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB begann gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB demgegenüber am 1. Januar 2002 zu laufen. Da mithin selbst im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung der Beklagten am 14. März 2011 die Verjährungsfristen noch nicht abgelaufen waren, ist der Anspruch der Fondsgesellschaft auf Auszahlung des restlichen Kontoguthabens nach § 389 BGB erloschen.

III.

38

Das Berufungsurteil ist deswegen aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat die Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Berufungen der Kläger zu 4) bis 6) gegen das erstinstanzliche Urteil zurückweisen.

Joeres

Ellenberger

Maihold

Matthias

Derstadt

Verkündet am: 13. Januar 2015

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