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Bundesgerichtshof
Urt. v. 05.06.1997, Az.: X ZR 73/95

Geltung der Grundsätze von Treu und Glauben im Patentanmeldungsverfahren; Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Patent, obwohl der Patentanmelder zuvor erklärt hatte für diese Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren; Verzicht auf den Patentschutz für eine Ausführungsform als Grundlage für die Erteilung des aktuellen Patents; Gewährung von Patentschutz für eine "Vorrichtung zum Weichen von Braumaterialien"

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
05.06.1997
Aktenzeichen
X ZR 73/95
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 18458
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 18.05.1995
LG München I

Fundstellen

  • BB 1997, 2612 (Kurzinformation)
  • DB 1998, 1228 (Kurzinformation)
  • Mitt. 1997, 408
  • NJW 1997, 3377-3380 (Volltext mit amtl. LS) "Weichvorrichtung II"
  • NJW-RR 1998, 184 (amtl. Leitsatz) "Weichvorrichtung II"

Verfahrensgegenstand

Weichvorrichtung II

Prozessführer

Heinrich H. GmbH, Maschinenfabrik,
gesetzlich vertreten durch die Geschäftsführer August L. und Bernhard L., S. Straße ..., K.

Prozessgegner

1. Anton S. Maschinenfabrik GmbH,
gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Harald K., R.straße ..., F.,

2. Dipl.-Ing. Rudolf G., R.straße ..., F.,

3. Dipl.-Kfm. Dr. Wolfgang B., R.straße ..., F.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Erklärt der Patentanmelder im Einspruchsverfahren für eine bestimmte Ausführungsform keinen Patentschutz zu begehren, und macht er im Verletzungsstreitverfahren gleichwohl gegenüber einem am Einspruchsverfahren Beteiligten Ansprüche aus dem Patent wegen dieser Ausführungsform geltend, so verstößt er gegen die Grundsätze von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung (venire contra factum proprium), wenn seine Erklärung Grundlage für die Erteilung des Patents oder dessen Fassung war und wenn der (nach früherem Recht gemäß PatG 1978) bzw. für dessen Aufrechterhaltung (nach PatG 1981) in Anspruch Genommene auf die Redlichkeit und Zuverlässigkeit des Patentanmelders vertrauen durfte.

  2. b)

    In diesem Fall steht der Einwand aus Treu und Glauben dem Beklagten auch gegen den klagenden Lizenznehmer zu.

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 1997
durch
den Vorsitzenden Richter Rogge und
die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 18. Mai 1995 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist als ausschließliche Lizenznehmerin des am 14. Oktober 1978 angemeldeten, durch Beschluß des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 1984 - 32 W (pat) 66/81 - in beschränkter Fassung erteilten und am 20. September 1984 veröffentlichten deutschen Patents 28 44 827 sowie des Gebrauchsmusters 78 30 646, die beide eine "Vorrichtung zum Weichen von Braumaterialien" betreffen. Sie nimmt die Beklagten wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.

2

Patentanspruch 1 des Klagepatents lautet:

"Vorrichtung zum Weichen von Braumaterialien vor deren Schrotung zur Würze- und Biererzeugung, wobei das Weichwasser geregelt zugeführt wird und das Weichen des trokken zugeführten Braumaterials in einer zwischen der Austrittsöffnung eines Malzbehälters (Malzrumpfes) und der Eintrittsöffnung im Gehäuse einer Naßschrotmühle angeordneten Weichstrecke mittels Spritzdüsen kontinuierlich in derart dosierten Mengen erfolgt, daß nur jeweils gerade ein Anteil der Gesamtschüttung des Braumaterials geweicht wird, während das geweichte Braumaterial fortschreitend dem Schrotvorgang unterworfen wird, wobei der Wassergehalt des Braumaterials am Ende der Weichstrecke zwischen 10 und 35 % beträgt, dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung der Weichstrecke ein Weichschacht (15) angeordnet ist, dessen horizontaler lichter Querschnitt demjenigen der Austrittsöffnung (12) des Malzbehälters (10) und der Eintrittsöffnung (22) des Mühlengehäuses (16) entspricht und der mit diesen Öffnungen fluchtet sowie im Bereich von dessen oberen Ende wenigstens eine sich im wesentlichen über die Länge des Weichschachtes (15) erstreckende, nach oben abgeschirmte Rohrleitung (23) mit den Spritzdüsen für die Weichwasserzufuhr vorgesehen ist."

3

Die Beklagte zu 1 stellt her und vertreibt eine Naßschrotweiche, die im wesentlichen der Figur 1 ihres prioritätsjüngeren Patents 29 45 976 entspricht.

4

Im Einspruchs-Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht, an dem die Beklagte zu 1 als Einsprechende beteiligt war, wurde das Klagepatent erteilt (nach altem Recht gemäß §§ 30, 33 PatG 1978 nach vorangegangener Bekanntmachung). In der Entscheidung des Bundespatentgerichts wird ausgeführt, der Anmelder Bernhard L. habe ausdrücklich erklärt, es werde "damit kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiervorrichtung für den Zulauf der Braumaterialien aufweisen" (Beschl. v. 10.1.1984 - 32 W (pat) 66/81, Umdr. S. 10 Abs. 2).

5

Das Landgericht hat der hier vorliegenden Klage wegen Patentverletzung stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte im wesentlichen keinen Erfolg. Auf die Revision der Beklagten hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 20. April 1993 (X ZR 6/91 - GRUR 1993, 886 [BGH 20.04.1993 - X ZR 6/91] - Weichvorrichtung) das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

6

Das Berufungsgericht hat nach Vernehmung der Zeugen Patentanwälte Dr. T. und F. das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Klägerin Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückweisung der Berufung der Beklagten. Die Beklagten bitten um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

8

I.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagten von dem Gegenstand der Klageschutzrechte Gebrauch machen. Es hat aufgrund des Beschlusses des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 1984 und der Aussagen der Zeugen Patentanwälte Dr. T. und F. festgestellt, daß der Anmelder des Klagepatents im Laufe der mündlichen Verhandlung des Einspruchs-Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht am 10. Januar 1984 erklärt hat, es werde kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiereinrichtung für den Zulauf der Braumaterialien aufweisen, und daß die Verhandlung zur Erteilung des Patents geführt hat. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt: Die Erklärung des Anmelders vor dem Bundespatentgericht betreffe auch die angegriffene Vorrichtung der Beklagten, bei der sich die Vorgänge der Dosierung und Befeuchtung des Braumalzes teilweise überlappen. Das Weichen des Malzes beginne bei dieser bereits im Zellenrad. Damit habe die Zellenradschleuse der angegriffenen Ausführungsform, die Gegenstand der Erörterung in der Verhandlung vor dem Bundespatentgericht gewesen sei, die Funktion einer Dosiervorrichtung am Beginn der Weichstrecke. Erfindungsbegründend sei jedoch die Verringerung des baulichen Aufwandes und damit der Wegfall einer solchen Dosiereinrichtung gewesen. Die Erklärung des Anmelders sei Grundlage für die Patenterteilung gewesen. Die Geltendmachung des Patent- und Gebrauchsmusterschutzes gegenüber den Beklagten widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Das Patentamt habe das Patent zunächst wegen mangelnder Erfindungshöhe versagt. Im Beschluß des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 1984 werde erörtert, ob die geschützte Vorrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. In diesem Zusammenhang werde darauf hingewiesen, daß sich im Stand der Technik für die Anordnung des Malzrumpfes unmittelbar über der Befeuchtungseinrichtung, derart, daß das Braumaterial im Vollstrom zur Befeuchtungseinrichtung gelange, kein Hinweis finde; es müsse als überraschend angesehen werden, daß mit der technisch einfach ausgestalteten Vorrichtung gemäß Anspruch 1 die patentgemäße Aufgabe gelöst und ein Weichen der Braumaterialien in kontinuierlicher Arbeitsweise erreicht werde.

9

Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

10

II.

1.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Anmelder im Verfahren vor dem Bundespatentgericht zum Ausdruck gebracht, es werde kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiereinrichtung für den Zulauf der Braumaterialien aufweisen. Diesen Erklärungstatbestand hat das Berufungsgericht dem Beschluß des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 1984, dem Terminbericht des Patentanwalts Dr. T. über die Beschwerdeverhandlung vom gleichen Tage sowie dessen Aussage als Zeuge entnommen.

11

Die Revision beanstandet die Würdigung des Sachverhalts und des Ergebnisses der Beweisaufnahme als willkürlich, weil das Berufungsgericht der Aussage des Zeugen Dr. T. den Vorrang vor der Aussage des Zeugen F. gegeben habe, obwohl die mündliche Verhandlung vor dem Bundespatentgericht 11 Jahre zurückliege. Die Feststellungen des Berufungsgerichts seien zudem fehlerhaft, weil der Zeuge Dr. T. nicht bekundet habe, der Anmelder habe sich in dem vom Berufungsgericht festgestellten Sinne geäußert. Auch in dem Terminbericht des Zeugen Dr. T. sei von einer Verzichtserklärung des Anmelders keine Rede. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts bestehe daher kein Widerspruch zwischen den Aussagen der beiden Zeugen. Vielmehr hätten beide übereinstimmend bekundet, daß eine ausdrückliche Verzichtserklärung vom Anmelder weder verlangt noch abgegeben worden sei. Selbst wenn dem Verständnis des Berufungsgerichts zu folgen sei, liege keine eindeutige Verzichts- oder Beschränkungserklärung des Anmelders vor. Diese Rügen sind nicht begründet.

12

Die Ermittlung der für die Auslegung relevanten Tatsachen und die Auslegung von Erklärungen gemäß §§ 133, 157 BGB obliegt dem Tatrichter. Die Feststellung des Erklärungstatbestandes ist als Tatfrage einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Die Auslegung kann in der Revisionsinstanz nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat oder seine Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht (st.Rspr., vgl. u.a. Sen.Entsch. v. 25.2.1992 - X ZR 88/90, NJW 1992, 1967, 1968; BGH, Urt. v. 5.1.1995 - IX ZR 101/94, NJW 1995, 959; Urt. v. 11.5.1995 - VII ZR 116/94, WM 1995, 1545; Urt. v. 11.3.1996 - II ZR 26/95, NJW-RR 1996, 932 [BGH 11.03.1996 - II ZR 26/95]). Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Anmelder ausweislich des Beschlusses des Bundespatentgerichts erklärt hat, es werde kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiervorrichtung für den Zulauf der Braumaterialien aufweisen, und daß die Aussage des Zeugen Dr. T. hiermit übereinstimmt. Insoweit hat die Revision Rechtsfehler nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht ersichtlich.

13

2.

Die festgestellte Erklärung hat das Berufungsgericht nach dem Gesamtzusammenhang seiner Entscheidungsgründe als nicht nur unverbindliche Meinungsäußerung verstanden. Es hat ihr vielmehr entnommen, daß der Anmelder damit gegenüber der Beklagten zu 1, die als Einsprechende am Einspruchs-Beschwerdeverfahren beteiligt war, seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, den von ihm beanspruchten Gegenstand des Patents von der Ausführungsform abzugrenzen, die die Einsprechende und jetzige Beklagte zu 1 benutzte. Auch das läßt im Ergebnis einen Rechtsfehler nicht erkennen.

14

Dabei kann dahinstehen, ob der Anmelder mit seiner Äußerung im Verfahren vor dem Bundespatentgericht die Wirkung seines Patents gegenüber jedermann beschränken wollte und ob dies selbst dann zu einer entsprechenden Beschränkung gegenüber jedermann führen würde, wenn dies in dem anschließenden Beschluß über die Erteilung oder Aufrechterhaltung des Patents keinen Niederschlag findet. Hier geht es allein um Rechtsbeziehungen der Patentinhaberin zu der am Einspruchsverfahren beteiligten jetzigen Beklagten. Im Verhältnis zu dieser kann die Durchsetzung der durch das Schutzrecht vermittelten Rechte nach Treu und Glauben auch dann ausgeschlossen sein, wenn sie nach dem Inhalt seiner Erklärung darauf vertrauen durfte, im Falle einer Erteilung des Patents wegen der bezeichneten konkreten Ausführungsform nicht in Anspruch genommen zu werden. Von einer solchen Erklärung ist hier auszugehen. Die dafür erforderliche Auslegung der Erklärung des Anmelders kann der Senat selbst vornehmen, da das Berufungsgericht von einer abschließenden Interpretation abgesehen hat und weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind (vgl. BGHZ 65, 107, 112 [BGH 25.09.1975 - VII ZR 179/73]; BGHZ 109, 19, 22; BGH, Urt. v. 14.12.1991 - V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181 [BGH 04.12.1990 - XI ZR 310/89]; BGHZ 121, 284, 289) [BGH 17.02.1993 - IV ZR 206/91]. Für dieses Verständnis der Erklärung sind insbesondere der mit ihr verfolgte Zweck sowie die Interessenlage der Beteiligten entscheidend (vgl. BGHZ 109, 19, 22). Dabei kommt dem Umstand, daß das Bundespatentgericht die Erklärung des Anmelders nicht zum Anlaß genommen hat, das Patent - wie schon das Deutsche Patentamt - zu versagen oder nur beschränkt zu erteilen, daß es aber die Erklärung ausdrücklich in die Entscheidungsgründe seines Beschlusses vom 10. Januar 1984 aufgenommen hat, besondere Bedeutung zu. Aus dieser Verfahrensweise wird deutlich, daß auch das Bundespatentgericht die Erklärung des Anmelders jedenfalls als eine an die Einsprechende gerichtete Erklärung aufgefaßt hat, die diese vor einer Inanspruchnahme wegen der von ihr benutzten und in das Verfahren vor dem Bundespatentgericht eingeführten Ausführung sicherstellen konnte. Damit im Einklang steht die Aussage des Zeugen Patentanwalt Dr. T., der nach den Feststellungen des Berufungsgerichts dem Anmelder in der mündlichen Verhandlung am 10. Januar 1984 vorgeworfen hatte, er argumentiere "doppelzüngig"; während er im Erteilungsverfahren betone, der Kern der Erfindung liege im Weglassen des Dosierorgans, versuche er in der sich schon anbahnenden Verletzungsdiskussion eine solche Ausgestaltung, nämlich entsprechend dem Steinekker-Patent 29 45 976, in den Schutzbereich zu ziehen. Auf diesen Vorhalt habe der Anmelder zu erkennen gegeben, daß er eine solche Ausführung nicht beanspruche. Deshalb habe der Anmelder auch das Ausführungsbeispiel 3, wonach ein Dosierorgan zwischen Malzrumpf und Weichstrecke vorhanden war, gestrichen. Nach Maßgabe dieser Ausführungen des Berufungsgerichts ist davon auszugehen, daß der Anmelder mit seiner Erklärung vom 10. Januar 1984 gegenüber der Einsprechenden zum Ausdruck gebracht hat, er werde diese im Falle der Erteilung des Patents mit den beantragten Patentansprüchen wegen einer Vorrichtung der erörterten Art aus dem Patent nicht in Anspruch nehmen, und die Einsprechende hierauf vertrauen konnte.

15

3.

Das Berufungsgericht legt seiner weiteren Beurteilung zugrunde, die Erklärung des Anmelders, es werde kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiervorrichtung für den Zulauf der Braumaterialien aufweisen, sei Grundlage für die Patenterteilung gewesen. Dies beanstandet die Revision ohne Erfolg.

16

a)

Sie rügt, das Berufungsgericht habe das Vorbringen nicht ausgeschöpft. Zu Unrecht habe es dem Beschluß des Bundespatentgerichts vom 10. Januar 1984 entnommen, dieses habe den "Witz" der Erfindung darin gesehen, "daß mit der technisch einfach ausgestalteten Vorrichtung gemäß Anspruch 1 die anmeldungsgemäße Aufgabe gelöst und ein Weichen der Braumaterialien in kontinuierlicher Arbeitsweise erreicht werde". Das Bundespatentgericht habe vielmehr ausgeführt, durch den gesamten Stand der Technik werde die Lehre vermittelt, daß für eine gleichmäßige Befeuchtung eine Vordosierung des zu befeuchtenden Gutes notwendig sei. Daraus folge notwendig, daß die vom Bundespatentgericht gemeinte "Dosierung" auch nur das noch nicht befeuchtete Gut betroffen habe, die Befeuchtung also anschließend stattfinden sollte. Die Dosierung habe gerade dazu gedient, daß nur ein Teil des trockenen Gutes anschließend zum Befeuchten freigegeben werde. Dies habe das Berufungsgericht in seinem ersten, vom erkennenden Senat aufgehobenen Urteil auch zutreffend erkannt.

17

Der Revision bleibt insoweit der Erfolg schon deshalb versagt, weil sich ihre Ausführungen in der revisionsrechtlich unbeachtlichen Darstellung einer abweichenden Auffassung erschöpfen.

18

b)

Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe nicht dargelegt, warum es aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Sommer in seinem Gutachten vom 5. Februar 1988 von seinem ursprünglichen Verständnis des Gegenstandes des Klagepatents abgerückt sei. Das Berufungsgericht hat, nachdem der erkennende Senat in seinem Urteil vom 20. April 1993 die Auslegung des Klagepatents beanstandet hat, seinen Standpunkt unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens überprüft. Aufgrund der aus diesem Gutachten gewonnenen neuen Erkenntnisse hat es seine bisherige Auffassung ausdrücklich aufgegeben und zur angegriffenen Ausführungsform festgestellt, die Befeuchtung der äußeren Kornoberfläche des Malzes und der Beginn des Wassertransportes in die Spelzen (Weichen) könne räumlich und zeitlich nicht getrennt werden. Daraus ergebe sich, daß das Weichen bereits im Zellenrad beginne. Damit habe die Zellenradschleuse nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmanns im Jahr 1984 die Funktion einer Dosiereinrichtung "am Beginn der Weichstrecke". Diese durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Sommer gestützten Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

19

Die Revision kann in diesem Zusammenhang auch nicht als Verstoß gegen § 286 ZPO beanstanden, die Klägerin habe ausdrücklich unter Beweis gestellt, daß es sich bei der Zellenradschleuse der angegriffenen Ausführungsform für den Fachmann nur um ein Befeuchtungsorgan mit völlig untergeordnetem Dosiereffekt handele und die Zellenradschleuse keineswegs eine Dosiereinrichtung am Beginn der Weichstrecke darstelle. Das Berufungsgericht hat zur Funktion der Zellenradschleuse ein Sachverständigengutachten eingeholt. Der Sachverständige hat die Auffassung der Klägerin nicht bestätigt. Wenn diese der Ansicht gewesen sein sollte, daß das gerichtliche Sachverständigengutachten fehlerhaft war, so hätte sie Fehler und Widersprüche aufzeigen und die Einholung eines neuen Gutachtens gemäß § 412 ZPO beantragen können. Dies ist nicht geschehen. Die von der Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen abweichende Auffassung allein begründet keine Rüge aus § 286 ZPO.

20

c)

Die Revision rügt ferner ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe in diesem Zusammenhang verfahrensfehlerhaft auf die Bekundung des Zeugen Dr. T. abgestellt, wonach es bei der Erörterung vor dem Bundespatentgericht nur um die Verringerung des baulichen Aufwandes gegangen sei; dies finde weder in der Patentschrift noch im Beschluß des Bundespatentgerichts eine Stütze. Das Berufungsgericht hat den Zeugen Dr. T. zum Gegenstand der Erörterung des Klagepatents vor dem Bundespatentgericht vernommen. Es hat festgestellt, daß nach seiner Aussage für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit der Umstand, ob das Braugut im trokkenen oder befeuchteten Zustand dosiert wird, keine Rolle gespielt habe, sondern es allgemein um die Verringerung des baulichen Aufwandes gegangen sei, den der Wegfall einer solchen Dosiereinrichtung in jedem Fall mit sich bringe. Entgegen der Auffassung der Revision stimmt die Aussage des Zeugen Dr. Tetzner auch mit dem Inhalt des Beschlusses des Bundespatentgerichts überein. Das Bundespatentgericht hat das technische Problem dahin beschrieben, es solle eine Vorrichtung zum kontinuierlichen Weichen von Braumaterialien mit einem verringerten baulichen Aufwand zur Verfügung gestellt werden. Es hat sodann die erfinderische Tätigkeit mit der Begründung bejaht, im Stand der Technik finde sich kein Hinweis für die Anordnung des Malzrumpfes unmittelbar über der Befeuchtungseinrichtung, so daß ohne jede zwischengeschaltete Vordosiereinrichtung das Braumaterial im Vollstrom zur Befeuchtungseinrichtung gelange.

21

4.

Das Berufungsgericht hat in der Geltendmachung des Patent- und Gebrauchsmusterschutzes gegenüber den Beklagten einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gesehen, weil die Erklärung des Anmelders Grundlage für die Patenterteilung gewesen sei. Auch dies greift die Revision im Ergebnis ohne Erfolg an. Sie meint, durch die Erklärung des Anmelders im Einspruchsverfahren sei sie nicht gehindert, den Patentschutz im Verletzungsverfahren gegen die Beklagten geltend zu machen.

22

a)

Der erkennende Senat hat die Frage, ob Erklärungen eines Anmelders im Einspruchsverfahren, die in der Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben, unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Patent gegen einen am Einspruchsverfahren Beteiligten entgegenstehen können, bislang nicht abschließend entschieden. In seinem in der vorliegenden Sache ergangenen Urteil vom 20. April 1993 (X ZR 6/91, GRUR 1993, 896 - Weichvorrichtung) hat er erwogen, ein Einwand aus Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium könnte gegen die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Patent jedenfalls dann möglich sein, wenn die beschränkte Erklärung des Anmelders im Einspruchsverfahren Grundlage für die Patentanmeldung war und in einem Verfahren erklärt wurde, an dem der später als Verletzer in Anspruch genommene Beklagte beteiligt war. Im Schrifttum ist diese Frage streitig. Ullmann (in Benkard/Ullmann, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 9. Aufl., § 14 PatG Rdn. 80 letzter Abs.) meint, der Einwand widersprüchlichen oder treuwidrigen Verhaltens des Patentanmelders scheitere am Prinzip der Rechtssicherheit. Für den Einwand aus Treu und Glauben bestehe kein Bedürfnis. Kraßer (in Bernhardt/Kraßer, Lehrbuch des Patentrechts, 4. Aufl., § 32 III c) 4, S. 523) stellt auf den Wortlaut des erteilten Patents ab. Nach seiner Auffassung handelt der Patentinhaber nicht widersprüchlich oder mißbräuchlich, wenn er das Patent in der erteilten Fassung geltend macht. Die erteilte Fassung zeige, daß eine Erklärung des Anmelders im Erteilungsverfahren ohne Bedeutung sei. Dem Verletzungsbeklagten bleibe die Möglichkeit, materielle Patenthindernisse durch Nichtigkeitsklage zur Geltung zu bringen. Ihn auf diesen Weg zu verweisen, sei auch deshalb angebracht, weil ihm nach geltendem Recht selbst dann nichts anderes übrig bleibe, wenn das Abgehen von einem Verzicht oder einer Beschränkung während des Erteilungsverfahrens als unzulässige Erweiterung aufgefaßt würde. Dem widersprechen Ballhaus (GRUR 1986, 337, 342), Schmieder (GRUR 1978, 565), Schulte (Patentgesetz, 5. Aufl., § 14 Rdn. 13) und Rogge (Festschrift Brandner 1996, S. 483, 495), die den Einwand aus Treu und Glauben zulassen wollen, wenn der im Verletzungsprozeß aus dem Klagepatent in Anspruch genommene Beklagte Beteiligter des Einspruchsverfahrens gewesen ist. Diese Auffassung verdient Zustimmung.

23

b)

Die Grundsätze von Treu und Glauben beherrschen das gesamte Rechtssystem. Sie gelten im materiellen Recht ebenso wie im Verfahrensrecht: Wer einen Anspruch geltend machen will, darf sich zu seinem früheren Verhalten nicht in Widerspruch setzen. Schon das Reichsgericht hat aus Treu und Glauben folgende Einwendungen im Patentverletzungsverfahren und bei Streitigkeiten zugelassen, die Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte betrafen (u.a. RG GRUR 1932, 718; GRUR 1935, 99, 101;  1935, 948, 950). Der Bundesgerichtshof (u.a. BGH, Urt. v. 24.6.1952 - I ZR 131/51, GRUR 1953, 29, 31 - Plattenspieler; vgl. auch Sen.Beschl. v. 4.10.1988 - X ZR 3/88, GRUR 1989, 39 - Flächenentlüftung, mit weiteren Nachweisen) und das Schrifttum (Klaka GRUR 1970, 265, 272 und GRUR 1978, 70; Beier/Wieczorek GRUR 1976, 566; Benkard/Bruchhausen, a.a.O., § 9 Rdn. 64, 66 m.w.N.; Benkard/Rogge, a.a.O., § 139 Rdn. 26; Rogge, Festschrift Brandner, a.a.O., S. 495) sind dem gefolgt. Danach ist anerkannt, daß im Patentverletzungsverfahren der Einwand der allgemeinen Arglist und der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) zulässig ist.

24

Freilich läßt die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Die Parteien dürfen ihre Rechtsansichten im Rechtsstreit ändern. Jeder Partei steht es in der Regel auch frei, sich auf die Nichtigkeit der von ihr abgegebenen Erklärung zu berufen (BGHZ 87, 169, 177 [BGH 07.04.1983 - IX ZR 24/82]; vgl. auch Sen.Beschl. v. 4.10.1988 - X ZR 3/88, GRUR 1989, 39 - Flächenentlüftung) oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen (BGH, Urt. v. 5.12.1991 - IX ZR 271/90, NJW 1992, 834 [BGH 05.12.1991 - IX ZR 271/90]). Auch dem Patentanmelder ist es deshalb grundsätzlich unbenommen, von Erklärungen, die er im Laufe des Erteilungsverfahrens gegenüber der Behörde, dem Gericht oder den am Verfahren Beteiligten abgegeben hat, abzurücken, wenn diese Erklärungen in der Patentschrift keinen Niederschlag gefunden haben. Nicht jeder Widerspruch zwischen Erklärungen des Anmelders im Erteilungsverfahren und seinem Verhalten im Patentverletzungsverfahren bedeutet ein Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben und ist als unzulässige Rechtsausübung anzusehen. Widersprüchliches Verhalten ist nach ständiger Rechtsprechung erst dann rechtsmißbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist (BGHZ 32, 273, 279; BGH, Urt. v. 6.3.1985 - IVb ZR 7/84, NJW 1985, 2589, 2590; BGH, Urt. v. 20.3.1986 - III ZR 236/84, NJW 1986, 2104, 2107) oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (BGHZ 94, 344, 354 [BGH 22.05.1985 - IVa ZR 153/83]; BGH, Urt. v. 5.12.1991 - IX ZR 271/90, NJW 1992, 834 [BGH 05.12.1991 - IX ZR 271/90]).

25

c)

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist dies hier der Fall. Aus dem Verhalten des Patentanmelders im Einspruchsverfahren konnte die Einsprechende und Beklagte zu 1 den Schluß ziehen, sie werde aus dem Klagepatent nicht wegen Patentverletzung hinsichtlich einer dem Steinecker-Patent entsprechenden Ausführungsform in Anspruch genommen. Der Anmelder hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht angesichts der Erörterung der jetzt angegriffenen Vorrichtung der Beklagten, die ein Dosierorgan über der Weichstrecke vorsieht, ausdrücklich erklärt, es werde kein Schutz für Vorrichtungen begehrt, die am Beginn der Weichstrecke eine Dosiervorrichtung für den Zulauf von Braumaterialien aufweisen. Diese Erklärung ist mit der offensichtlichen Zielsetzung erfolgt, Bedenken des Gerichts und der Einsprechenden gegen die Gewährung des Klagepatents mit einem unangemessen weiten Schutzbereich zu zerstreuen und das Patent zu erwirken. Läßt sich der Anmelder im Einspruchsverfahren angesichts des sich bereits anbahnenden Verletzungsstreits auf die Erörterung einer entgegengehaltenen konkreten Ausführungsform des Einsprechenden ein und gibt er dann die Erklärung ab, diese Ausführungsform werde von dem begehrten Schutz nicht erfaßt, um seine Chancen, zu einem Patent zu gelangen, zu erhöhen, so muß er sich an dieser Erklärung festhalten lassen. Eine solche Erklärung ist erkennbar nicht nur für das prozessuale Verhalten der Einsprechenden im Erteilungsverfahren von entscheidender Bedeutung, sondern vor allem für die weitere Entwicklung und Vermarktung ihres Produkts. Wegen der regelmäßig erheblichen wirtschaftlichen Folgen wird in solchen Fällen im Rahmen eines konkreten Prozeßrechtsverhältnisses Vertrauen in die Redlichkeit und Zuverlässigkeit solcher Erklärungen beansprucht. Die Verfahrensbeteiligten müssen hierauf vertrauen dürfen. Wird dem Anmelder in einem solchen Fall das Patent gewährt, so ist es ihm als Patentinhaber zumutbar, sich insoweit an seiner Erklärung festhalten zu lassen (vgl. Rogge, a.a.O., S. 495).

26

Dabei macht es keinen Unterschied, ob Kläger des Verletzungsstreits der Anmelder und Patentinhaber selbst oder ein Lizenznehmer ist. Der Lizenznehmer kann keine weiteren Rechte haben als der Patentinhaber (vgl. BGHZ 127, 262, 270 - NEUTREX); er muß entsprechend dem Rechtsgedanken aus den §§ 404, 413 BGB die aus der Erklärung des Anmelders im Einspruchsverfahren folgende Einschränkung des Patentschutzes gegenüber dem Beklagten im Verletzungsrechtsstreit gegen sich gelten lassen. Dem Lizenznehmer sind nur diejenigen Befugnisse eingeräumt, die auch dem Patentinhaber selbst zustehen; denn die Lizenz bedeutet inhaltlich die Befugnis, die geschützte Erfindung auszunutzen (BGH, Urt. v. 17.10.1968 - KZR 11/66, GRUR 1969, 409, 410 - Metallrahmen; vgl. auch Benkard/Ullmann, a.a.O., § 15 Rdn. 34).

27

5.

a)

Gegen die Zulassung des Einwandes von Treu und Glauben spricht nicht das von der Revision unter Bezug auf Ullmann (Benkard/Ullmann, a.a.O., § 14 Rdn. 80) und Kraßer (Bernhardt/Kraßer, a.a.O., S. 523) vorgebrachte Argument, Erklärungen im Einspruchsverfahren seien nur dann von Bedeutung, wenn sich die aus ihnen ergebende Beschränkung mit Deutlichkeit aus der Patentschrift selbst ergebe, weil der Schutzbereich eines Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt werde.

28

Es geht hier nicht um den durch Auslegung des Patentanspruchs gemäß § 14 PatG zu bestimmenden (objektiven) Schutzbereich des Patents gegenüber jedermann, sondern ausschließlich um das Verhältnis der am Einspruchsverfahren und an dem Verletzungsstreit beteiligten Parteien zueinander. In ihrem Verhältnis gelten die allgemeinen Grundsätze des Verbots treuwidrigen Handelns.

29

b)

Der Zulassung des Einwandes im Verletzungsrechtsstreit steht auch nicht der Gesichtspunkt der Rechtssicherheit entgegen. Der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium ist partei- und sachbezogen; er gilt nur im Verhältnis der Parteien und nur im Umfang des konkreten unredlichen Verhaltens. Der Patentschutz versagt im Streitfall daher gegenüber den Beklagten lediglich hinsichtlich der Ausführungsformen, die von der Erklärung des Anmelders im Einspruchsverfahren erfaßt werden. Außerhalb des Verhältnisses der Parteien beurteilt sich der Schutzbereich des Patents nach den allgemeinen Grundsätzen. Eine Beeinträchtigung der Rechtssicherheit ist deshalb nicht zu befürchten.

30

c)

Die Revision kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, es sei nicht einzusehen, daß ein mehr oder weniger zufällig am Einspruchsverfahren beteiligter Dritter im Hinblick auf Erklärungen des Anmelders, die als "Verzicht" gedeutet werden könnten, rechtliche Vorteile im Vergleich zu allen anderen Personen haben sollte, die den sich allein aus § 14 PatG ergebenden Schutzbereich zu beachten hätten. Es kommt nicht darauf an, aus welchen Gründen sich eine Partei am Einspruchsverfahren beteiligt. Beim Einwand aus § 242 BGB unter dem Gesichtspunkt des venire contra factum proprium geht es allein um das tatsächliche Verhalten des Anmelders gegenüber einem bestimmten Dritten.

31

d)

Die grundsätzliche Anerkennung des Einwandes der unzulässigen Rechtsausübung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß den berechtigten Belangen des Beklagten unter Umständen auch in anderer Weise Rechnung getragen werden kann. So können einschränkende Erklärungen des Anmelders im Einspruchs- oder Erteilungsverfahren indizielle Bedeutung dafür haben, wie der Fachmann den Gegenstand des Patents versteht; und der in Anspruch genommene Beklagte kann seinem materiellen Anliegen vielfach mit einer Nichtigkeitsklage oder mit dem Einwand des freien Standes der Technik Geltung verschaffen. Abgesehen davon, daß Fallkonstellationen denkbar sind, in denen weder die Auslegungsgrundsätze noch das Nichtigkeitsverfahren dem im Verletzungsstreit Inanspruchgenommenen ausreichenden Schutz gewähren können, schließt die Möglichkeit des Nichtigkeitsverfahrens den Einwand der unzulässigen Rechtausübung nicht aus. Die Rechtsinstitute berühren sich nicht. Während das Nichtigkeitsverfahren darauf zielt, ein nicht patentfähiges Recht für nichtig zu erklären, betreffen die Grundsätze von Treu und Glauben die Redlichkeit des Rechtsverkehrs. Der Ausschluß des Einwandes würde im übrigen auch nicht der Interessenlage beider am Verletzungsstreit beteiligten Parteien gerecht. Der Beklagte wird oft nur das Interesse haben, seine Ausführungsform ungehindert herstellen und vertreiben zu können; ein weiterreichendes Interesse an der Beschränkung oder der Vernichtung des Patents wird ihm fehlen. Ihn deshalb auf das Patentnichtigkeitsverfahren zu verweisen, statt auf den einfacher zu beweisenden Einwand aus § 242 BGB zurückzugreifen, entspricht weder seinem Interesse, noch dem des Klägers. Er mag zwar aufgrund des Einwandes seine Ansprüche im Verletzungsstreit gegenüber einem bestimmten Beklagten nicht durchsetzen können, behält aber sein Patent uneingeschränkt gegenüber jedem anderen Dritten.

32

III.

Daher ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Rogge
Jestaedt
Melullis
Scharen
Keukenschrijver