Bundesgerichtshof
Urt. v. 27.06.1995, Az.: XI ZR 8/94
Warenlager; Sicherungsübereignung; Globalabtretung; Bewertungsgrundsätze
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 27.06.1995
- Aktenzeichen
- XI ZR 8/94
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1995, 15724
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 6 Abs. 1 AGBG
- § 6 Abs. 2 AGBG
- § 6 Abs. 3 AGBG
- § 9 AGBG
- § 930 BGB
- Nr. 20 Abs. 2 Bank
Fundstellen
- BGHZ 130, 115 - 127
- BB 1995, 1554-1556 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1995, 1801-1804 (Volltext mit amtl. LS)
- EWiR 1995, 767-768 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JZ 1995, 1178-1181 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- JuS 1995, 1034-1035 (Volltext mit amtl. LS)
- JurBüro 1995, 666 (Kurzinformation)
- MDR 1995, 1022-1024 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1995, 2221-2224 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW-RR 1995, 1450-1451 (amtl. Leitsatz)
- WM 1995, 1264-1268 (Volltext mit amtl. LS)
- ZBB 1995, 300
- ZIP 1995, A73-A74 (Kurzinformation)
- ZIP 1995, 1167-1171 (Volltext mit amtl. LS)
Amtlicher Leitsatz
1. Bei einer formularmäßigen Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand führt eine Klausel, nach der der realisierbare Warenwert ausgehend von Einkaufspreisen oder Gestehungskosten nach "banküblichen Bewertungsgrundsätzen" zu ermitteln ist, nicht zur Nichtigkeit der Sicherungsübereignung insgesamt.
2. Für eine formularmäßige Globalabtretung ist eine Regelung zur Bestimmung des realisierbaren Wertes der abgetretenen Ansprüche keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Eine unangemessene Bewertungsregelung führt nicht zur Nichtigkeit der Globalabtretung insgesamt.
3. Für die Frage, ob ein Festhalten an einem Vertrag eine unzumutbare Härte i. S. von § 6 III AGBG darstellt, ist nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern auf den der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Vertrag abzustellen.
4. Die Unwirksamkeit der Verwertungsregelung nach Nr. 20 II AGB-Banken 1986 berührt die Wirksamkeit von Globalabtretungen und von Sicherungsübereignungen nicht.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Globalabtretung und einer Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand.
Die klagende Volksbank gewährte der M. GmbH & Co. KG (künftig: Gemeinschuldnerin), deren Konkursverwalter der Beklagte ist, Kredit. Als Sicherheiten dienten - neben Grundschulden und sicherungsübereigneten Maschinen - eine Globalabtretung und eine Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand. In der formularmäßigen Globalabtretung vom 7. Februar 1992 heißt es u.a.:
Nr. 4
"Zur Festlegung einer Deckungsgrenze wird nicht auf den Nominalwert, sondern auf den Sicherungswert der abgetretenen Forderungen abgestellt; der jeweilige Sicherungswert wird von der Bank nach banküblichen Bewertungsgrundsätzen ermittelt. Der Sicherungswert der abgetretenen Forderungen soll 120% der zu sichernden Ansprüche der Bank erreichen. Bei der Ermittlung dieser Deckungsgrenze sind weitere der Bank gestellte Sicherheiten ebenfalls mit ihrem Sicherungswert anzurechnen."
Nr. 13
"Die Bank ist verpflichtet, ihre Rechte aus diesem Vertrag freizugeben, wenn sie wegen aller ihrer damit gesicherten Ansprüche gegen den Schuldner befriedigt ist. Die Bank hat auf Verlangen des Sicherungsgebers ihre Rechte aus diesem Vertrag nach ihrer Wahl bereits teilweise vorher freizugeben, soweit die in Nr. 4 vereinbarte Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend überschritten wird."
Nr. 2 des formularmäßigen Sicherungsübereignungsvertrages vom gleichen Tage lautet.
"Zur Festlegung einer Deckungsgrenze wird nicht auf den Nominalwert, sondern auf den Sicherungswert der übereigneten Waren abgestellt. Der jeweilige Sicherungswert wird von der Bank nach banküblichen Bewertungsgrundsätzen ermittelt. Dabei ist für die Bewertung von den Einkaufspreisen oder - wenn der Sicherungsgeber das Sicherungsgut selbst erzeugt, be- oder verarbeitet hat - von den Gestehungskosten auszugehen. Noch nicht gezahlte Einkaufspreise sind abzusetzen. Der Sicherungswert der übereigneten Waren soll 120% der zu sichernden Ansprüche der Bank erreichen. Bei der Ermittlung dieser Deckungsgrenze sind weitere der Bank gestellte Sicherheiten ebenfalls mit ihrem Sicherungswert anzurechnen ... . Hinsichtlich eines Freigabeanspruchs des Sicherungsgebers wird auf Nr. 12 dieses Vertrags verwiesen."
Die in Bezug genommene Freigabeklausel stimmt mit Nr. 13 der Gobalabtretung überein. Ergänzend wird in beiden Formularverträgen auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin verwiesen. Diese entsprechen den AGB-Banken 1986. Deren Nr. 20 Abs. 2 lautet:
"Einer Androhung der Verwertung, der Innehaltung einer Frist und der Ausbedingung sofortiger Barzahlung des Kaufpreises bedarf es nicht. Eine Abweichung von der regelmäßigen Art des Pfandverkaufs kann nicht verlangt werden. Die Bank wird nach Möglichkeit Art, Ort und Zeit der Verwertung mitteilen, sofern nicht die Benachrichtigung untunlich ist."
Der Beklagte ist der Ansicht, alle Sicherungsverträge seien wegen unangemessener Benachteiligung der Gemeinschuldnerin unwirksam. Sie erlaubten der Klägerin eine Verwertung des Sicherungsgutes ohne vorherige Androhung und Einhaltung bestimmter Fristen. Außerdem genüge die Freigaberegelung den Anforderungen nicht; es fehle an einer objektiven Orientierungsgröße für die Bestimmung des Sicherungswertes und damit der Deckungsgrenze.
Die Klägerin hat beantragt, die Rechtswirksamkeit der Globalabtretung, der Sicherungsübereignung des Warenlagers sowie zweier Singularsicherungsübereignungen festzustellen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag nur in Bezug auf die Globalabtretung und die Sicherungsübereignung des Warenlagers weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 1994, 626 ff. [OLG Stuttgart 15.12.1993 - 9 U 216/93] veröffentlicht ist, hält die Feststellungsklage für zulässig und begründet. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus:
Die - unterstellte - Nichtigkeit der Verwertungsregelung berühre die Wirksamkeit der Sicherungsverträge nicht. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß die formularmäßige Sicherungsabtretung aller Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis nichtig sei, wenn für die Verwertung Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken 1986 gelten solle, sei auf Sicherungsverträge zwischen Banken und vollkaufmännischen Unternehmen nicht übertragbar. Bei einer Sicherungsübereignung verbleibe das Sicherungsgut fast ausnahmslos im Besitz des Schuldners; eine Verwertung ohne seine vorherige Benachrichtigung komme deshalb praktisch nicht in Betracht. Bei einer Globalabtretung sei eine solche zwar denkbar; jede Verwertung setze aber die Fälligstellung der gesicherten Kreditforderung voraus, so daß eine den Schuldner überraschende Offenlegung der stillen Abtretung nicht zu erwarten sei. Im übrigen führe die Offenlegung bei vollkaufmännischen Unternehmen anders als bei Arbeitnehmern nicht generell zu einer existenzbedrohenden Gefährdung der Kreditwürdigkeit und der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit. Den Interessen beider Vertragsparteien sei Genüge getan, wenn anstelle der beanstandeten Verwertungsregelung die gesetzlichen Pfandverwertungsvorschriften angewandt würden. § 6 Abs. 3 AGBG stehe der Aufrechterhaltung der Sicherungsverträge nicht entgegen, da das Festhalten an ihnen für keine der Vertragsparteien eine unzumutbare Härte bedeute.
Die formularmäßige Globalabtretung benachteilige die Gemeinschuldnerin auch aus anderen Gründen nicht unangemessen. Der vom Bundesgerichtshof geforderte Schutz des Schuldners vor einer unverhältnismäßigen Übersicherung des Sicherungsnehmers sei gewährleistet. Die Freigabepflicht der Klägerin sei ermessensunabhängig ausgestaltet. Auch die an den Sicherungswert der abgetretenen Forderungen anknüpfende Festlegung der Deckungsobergrenze auf 120% der zu sichernden Ansprüche genüge den Vorgaben der Rechtsprechung. Daß der als "Sicherungswert" bezeichnete realisierbare Wert nach vertraglich nicht näher festgelegten banküblichen Bewertungsgrundsätzen ermittelt werden solle, sei nicht zu beanstanden. Die Rechtsprechung habe es stets hingenommen, daß über die Bewertung von Sicherheiten Differenzen bestehen könnten und diese notfalls gerichtlich ausgetragen werden müßten.
Auch die formularmäßige Sicherungsübereignung des Warenlagers halte einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG stand. Hinsichtlich der Festlegung der Deckungsobergrenze, des anzuwendenden Bewertungsmaßstabs und der Freigabepflicht stimmten die Regelungen mit dem nicht zu beanstandenden Klauselwerk der Globalabtretung überein. Die Bestimmung der Einkaufspreise oder der Gestehungskosten als Ausgangswerte für die Ermittlung des Sicherungswertes nach banküblichen Bewertungsgrundsätzen sei sachgerecht und trage der Forderung des Bundesgerichtshofs nach einer festen Bezugsgröße für die Bewertung von Warenlagern mit wechselndem Bestand hinreichend Rechnung. Die Festlegung eines konkreten Maßstabs, nach dem jede einzelne der sicherungsübereigneten Sachen bewertet werden solle, sei nicht erforderlich, zumal künftige Lagerbestände im Zeitpunkt der Sicherungsübereignung - wenn überhaupt - nur mit Unsicherheit bewertet werden könnten.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung in allen wesentlichen Punkten stand.
1. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht zu Recht auch insoweit bejaht, als die Klägerin Klage auf Herausgabe des Sicherungsgutes hätte erheben können. Zwar fehlt es im allgemeinen an dem erforderlichen Feststellungsinteresse, soweit eine Leistungsklage möglich ist. Der Vorrang der Leistungsklage gilt aber nicht ausnahmslos. Wenn schon eine Feststellungsklage zur endgültigen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte führt, bestehen gegen die Zulässigkeit keine Bedenken (BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92, WM 1994, 1888, 1889 f.; Senatsurteile vom 30. April 1991 - XI ZR 223/90, WM 1991, 1115 und vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94, Urteilsumdruck unter A. II. 1.).
So liegt der Fall hier. Das Einvernehmen der Parteien, die streitige Wirksamkeit der Sicherungsverträge durch eine Feststellungsklage klären zu lassen, läßt eine endgültige Erledigung des Streites durch ein Feststellungsurteil erwarten.
2. Die Sicherungsübereignung des Warenlagers und die Globalabtretung sind nach Meinung des Berufungsgerichts nicht schon wegen Nichtigkeit der Verwertungsregelung nach Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken 1986 unwirksam. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden.
a) Der erkennende Senat hat in seinen Urteilen vom 7. Juli 1992 (XI ZR 274/91, WM 1992, 1359, 1361) und vom 14. Juni 1994 (XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614 [BGH 14.06.1994 - XI ZR 210/93]) [BGH 14.06.1994 - XI ZR 210/93] allerdings angenommen, daß die Abbedingung gesetzlicher Pfandverwertungsregeln bei einer formularmäßigen Sicherungsabtretung von Arbeitseinkommen - in den Urteilen zuweilen als "Globalzession" bezeichnet - nicht nur zur Nichtigkeit der Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken 1986, sondern zur Unwirksamkeit der Abtretung insgesamt führe. Dies ist auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 AGBG mit Rücksicht darauf geschehen, daß die Verwertungsregelung bei Lohn- und Gehaltszessionen für den Abtretenden häufig von existentieller Bedeutung ist und er insoweit nur durch die Unwirksamkeit der Abtretung insgesamt wirksam geschützt werden kann (Senatsurteile vom 17. Januar 1995 - XI ZR 192/93, WM 1995, 375, 377 [BGH 17.01.1995 - XI ZR 192/93] und vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94, Urteilsumdruck unter A. II. 2. a), beide für BGHZ vorgesehen).
b) Davon kann, wie der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs näher dargelegt hat (BGHZ 124, 380, 391 f.), bei Sicherungsübereignungen keine Rede sein. Dem berechtigten Interesse des Sicherungsgebers ist schon dadurch genügt, daß an die Stelle der unwirksamen Verwertungsregelung gemäß § 6 Abs. 2 AGBG die gesetzlichen Vorschriften treten (ebenso BGH, Urteil vom 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1162 [BGH 28.04.1994 - IX ZR 248/93]; OLG Hamm WM 1993, 1590, 1593 und WM 1994, 1840, 1843 [OLG Hamm 24.08.1994 - 31 U 15/93]; s. auch Senatsurteil vom 17. Januar 1995 - XI ZR 192/93, WM 1995, 375, 377 [BGH 17.01.1995 - XI ZR 192/93] (für die Verpfändung eines Warenlagers)).
c) Nichts anderes gilt im Ergebnis für die formularmäßige Globalabtretung der Gemeinschuldnerin. Nach § 6 Abs. 1 AGBG hat die Nichtigkeit einer einzelnen AGB-Klausel auf den Fortbestand des Rechtsgeschäfts grundsätzlich keinen Einfluß. Insgesamt unwirksam ist ein Vertrag gemäß § 6 Abs. 3 AGBG nur dann, wenn einer Partei ein Festhalten daran nicht zuzumuten ist. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht anzuerkennen.
An die Stelle der nichtigen Klausel Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken 1986 treten gemäß § 6 Abs. 2 AGBG die §§ 1273 Abs. 2 und 1234 BGB sowie § 368 HGB (vgl. Senatsurteil vom 30. Mai 1995 - XI ZR 78/94, Urteilsumdruck unter A. II. 2. b), m.w.Nachw.). Die Gemeinschuldnerin steht damit genauso, wie sie stehen würde, wenn in der Globalabtretung nicht auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin verwiesen worden wäre. Den berechtigten Interessen der Gemeinschuldnerin ist damit vollauf Rechnung getragen, so daß von einer verbleibenden unangemessenen Benachteiligung (§ 9 Abs. 1 AGBG) keine Rede sein kann.
Anders als bei Lohn- und Gehaltsabtretungen ist eine interessengerechte Verwertungsregelung bei einer Globalzession eines vollkaufmännischen Unternehmens ebenso wenig von existentieller Bedeutung wie bei einer Sicherungsübereignung. Die Offenlegung einer Lohn- oder Gehaltsabtretung ohne Androhung und Einhaltung einer Frist entzieht dem Schuldner sofort und überraschend den gesamten pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens, gefährdet die Sicherheit seines Arbeitsplatzes und stellt seine Kreditwürdigkeit in Frage. Der etwa auf Sozialhilfeniveau liegende unpfändbare Teil seines Einkommens erlaubt es dem Schuldner in aller Regel nicht, seinen auf höhere Einkünfte abgestellten laufenden Verpflichtungen, wie etwa Miete und Mietnebenkosten, weiterhin nachzukommen, so daß eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses droht. Vergleichbar schwerwiegende, die private Lebensführung unmittelbar beeinträchtigende Auswirkungen sind mit der Offenlegung einer Globalabtretung bei einem vollkaufmännischen Unternehmen nicht generell verbunden, zumal wenn es - wie hier - in Form einer GmbH & Co. KG betrieben wird.
Hinzu kommt wesentlich, daß die Frage, ob der Gemeinschuldnerin ein Festhalten an der Globalabtretung zuzumuten ist (§ 6 Abs. 3 AGBG), nicht für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, sondern den der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Abtretung zu beurteilen ist (Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 3. Aufl. § 6 Rdn. 53; H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 7. Aufl. § 6 Rdn. 47; Soergel/U. Stein, BGB 12. Aufl. § 6 AGBG Rdn. 24). Das ist hier ein Zeitpunkt nach Eröffnung des Konkursverfahrens. Nachteile der aufgelösten Gemeinschuldnerin aus dem Fortbestand der Globalabtretung sind indes nicht ersichtlich. Nutznießer der Unwirksamkeit der Globalzession wären vielmehr vor allem die (ungesicherten) Konkursgläubiger. Deren Schutz bezweckt das AGBG aber nicht (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 1994 - XI ZR 65/93, WM 1994, 1283, 1284 [BGH 10.05.1994 - XI ZR 65/93]) [BGH 10.05.1994 - XI ZR 65/93].
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Wirksamkeit der streitigen Sicherungsverträge auch nicht daran scheitern lassen, daß diese keinen ausreichenden Schutz vor einer unverhältnismäßigen Übersicherung der Klägerin böten.
a) Der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, eine formularmäßige Globalabtretung und eine Sicherungsübereignung eines Warenlagers mit wechselndem Bestand ohne ausreichende Freigabeklausel seien unwirksam, entspricht der neueren Rechtsprechung des VII., VIII. und IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGHZ 109, 240, 245 ff.[BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88]; 117, 374, 377 ff.; 120, 300, 302 f. [BGH 02.12.1992 - VIII ZR 241/91]; 124, 371, 376; 124, 380, 387; 125, 83, 87; BGH, Urteile vom 26. April 1990 - VII ZR 39/89, WM 1990, 1326, 1327, vom 6. Dezember 1990 - VII ZR 334/89, WM 1991, 276, vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 244/90, WM 1991, 1499, 1500 [BGH 19.06.1991 - VIII ZR 244/90], vom 25. November 1992 - VIII ZR 176/91, WM 1993, 213, 216, vom 8. Dezember 1993 - VIII ZR 166/93, WM 1994, 104, 105 [BGH 08.12.1993 - VIII ZR 166/93] und vom 28. April 1994 - IX ZR 248/93, WM 1994, 1161, 1162 [BGH 28.04.1994 - IX ZR 248/93]) [BGH 28.04.1994 - IX ZR 248/93]. Ausreichend ist eine Freigabeklausel danach nur dann, wenn darin eine konkrete Deckungsgrenze bestimmt ist, bei deren nicht nur vorübergehender Überschreitung der Sicherungsnehmer zur Freigabe der überschießenden Deckung ermessensunabhängig verpflichtet ist. Gegen diese Rechtsprechung, die insbesondere in jüngster Zeit verstärkt Kritik erfahren hat (OLG Hamm WM 1994, 1840, 1841 f. [OLG Hamm 24.08.1994 - 31 U 15/93][OLG Hamm 24.08.1994 - 31 U 15/93]; OLG Hamm ZIP 1995, 50, 53; Rellermeyer WM 1994, 1009 ff. und 1053 ff.; H. Weber WM 1994, 1549 ff.; Neuhof NJW 1994, 1763 ff.; Früh DB 1994, 1860 ff.; Serick ZIP 1995, 789 ff.), hat der erkennende Senat in seinen Urteilen vom 10. Mai 1994 (XI ZR 65/93, WM 1994, 1283, 1284 [BGH 10.05.1994 - XI ZR 65/93]) [BGH 10.05.1994 - XI ZR 65/93] und vom 17. Januar 1995 (XI ZR 192/93, WM 1995, 375, 376 [BGH 17.01.1995 - XI ZR 192/93], für BGHZ vorgesehen) Bedenken geäußert, ohne abschließend Stellung zu nehmen. Einer solchen Stellungnahme bedarf es auch hier nicht. Die streitigen Formularsicherungsverträge halten der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG nämlich auch auf der Grundlage der angesprochenen Rechtsprechung stand. Auf eine Anfrage in der vorliegenden Sache haben der VII., VIII. und IX. Zivilsenat insoweit keine Bedenken geäußert.
b) Die Globalabtretung sieht sowohl eine Freigabepflicht der Klägerin als auch eine objektive, konkrete, an die Höhe der gesicherten Forderungen angepaßte Deckungsgrenze vor.
aa) Die Freigabepflicht der Klägerin ist nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 13 Satz 2 ermessensunabhängig ausgestaltet. Daß eine Freigabe nur auf "Verlangen des Sicherungsgebers" zu erfolgen hat, ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für den Umstand, daß die Freigabepflicht bei nur vorübergehender Überschreitung der Deckungsgrenze nicht besteht und die Klägerin die freizugebenden Sicherheiten auswählen darf (BGHZ 94, 105, 115[BGH 20.03.1985 - VIII ZR 342/83]; BGH, Urteile vom 18. April 1991 - IX ZR 149/90, WM 1991, 1273, 1278 und vom 8. Dezember 1993 - VIII ZR 166/93, WM 1994, 104, 105 [BGH 08.12.1993 - VIII ZR 166/93]) [BGH 08.12.1993 - VIII ZR 166/93].
bb) Anders als die Revision meint, genügt auch die festgelegte Deckungsgrenze den Anforderungen. Sie ist in Nr. 4 Satz 2 der Globalabtretung auf 120% der zu sichernden Ansprüche zahlenmäßig genau festgelegt. Bei der Ermittlung der Deckungsgrenze ist nicht auf den Nominal-, sondern auf den "Sicherungswert" der abgetretenen Forderungen abzustellen (Nr. 4 Satz 1). Darunter hat das Berufungsgericht zutreffend den realisierbaren Wert verstanden. Das von der Klägerin benutzte Globalabtretungsformular ist erst im Anschluß an die Grundsatzentscheidung BGHZ 109, 240, 245 ff.[BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88] entwickelt worden, um deren Anforderungen zu genügen. Der Begriff "Sicherungswert" wurde dabei gewählt, um - präziser als durch den Begriff "realisierbarer Wert" möglich - zum Ausdruck zu bringen, daß es sich um einen Prognosewert für den Sicherungsfall handelt.
Eine Überdeckung von 20%, bezogen auf den realisierbaren Wert der abgetretenen Forderungen, hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen gebilligt (BGHZ 94, 105, 114 f.[BGH 20.03.1985 - VIII ZR 342/83]; 120, 300, 302 f. [BGH 02.12.1992 - VIII ZR 241/91]; BGH, Urteil vom 25. November 1992 - VIII ZR 176/91, WM 1993, 213, 216). Eine Regelung zur Bestimmung des "realisierbaren Wertes" der abgetretenen Ansprüche wurde dabei nicht verlangt. Eine solche Forderung verbietet sich schon deshalb, weil sich die Werthaltigkeit unbekannter künftiger Forderungen nicht bestimmen läßt. Der realisierbare Wert einer abgetretenen Forderung hängt vor allem von deren Einwendungsfreiheit sowie der Zahlungsfähigkeit und der Zahlungsbereitschaft des Drittschuldners ab. Diese lassen sich im Zeitpunkt der Globalabtretung nicht zuverlässig beurteilen, da weder die Drittschuldner noch die konkreten Geschäfte bekannt sind, aus denen die abgetretenen Forderungen resultieren.
Die Klägerin hätte sich deshalb in Nr. 4 der Globalabtretung auf die Regelung beschränken können, daß bei der Festlegung der Deckungsgrenze auf den nicht näher definierten realisierbaren Wert der abgetretenen Forderungen abzustellen ist und die Grenze 120% der zu sichernden Ansprüche beträgt. Wenn sich die Klägerin, wie geschehen, damit nicht begnügt, sondern unter Bezugnahme auf die "banküblichen Bewertungsgrundsätze" eine Richtlinie für die Ermittlung des realisierbaren Wertes zu liefern versucht, so kann dies nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Globalabtretung führen (§ 6 AGBG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die von der Klägerin vorgelegten Wertermittlungsrichtlinien banküblich oder, wie sie behauptet, gar als Handelsbrauch anzusehen sind. Wenn dies nicht der Fall ist, sind die Wertermittlungsrichtlinien für den Vertragsinhalt bedeutungslos. Sind die Richtlinien zwar banküblich, aber für den Sicherungsgeber unangemessen nachteilig, so ist nur Nr. 4 Satz 1 Halbs. 2 der Globalabtretung unwirksam (§ 6 Abs. 1 AGBG), nicht aber die gesamte Nr. 4 oder gar die Globalabtretung insgesamt. Durch die Beseitigung des vorbezeichneten Halbsatzes steht die Gemeinschuldnerin so, wie wenn sich die Klägerin auf die vom Bundesgerichtshof gebilligte Klausel beschränkt hätte, daß die Deckungsgrenze bezogen auf den realisierbaren Wert der abgetretenen Forderungen bei 120% der zu sichernden Ansprüche liegt. Daß der Gemeinschuldnerin das Festhalten an einer solchen - nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu beanstandenden - Globalabtretung gleichwohl nicht zuzumuten (§ 6 Abs. 3 AGBG) und die Globalabtretung deshalb insgesamt als unwirksam zu verwerfen sei, kann nicht einleuchten. Zu den vom VII. und VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGHZ 109, 240, 245 ff.[BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88]; 120, 300, 302 f. [BGH 02.12.1992 - VIII ZR 241/91]; 125, 83, 89; BGH, Urteile vom 26. April 1990 - VII ZR 39/89, WM 1990, 1326, 1327, vom 6. Dezember 1990 - VII ZR 334/89, WM 1991, 276 und vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 244/90, WM 1991, 1499, 1500 [BGH 19.06.1991 - VIII ZR 244/90]) [BGH 19.06.1991 - VIII ZR 244/90] als nichtig angesehenen Globalzessionen besteht insoweit ein wesentlicher Unterschied (a.A. OLG Karlsruhe WM 1993, 942, 944 [OLG Karlsruhe 23.10.1992 - 10 U 50/92]) [OLG Karlsruhe 23.10.1992 - 10 U 50/92]: In den entschiedenen Fällen fehlte es an der Festlegung einer ermessensunabhängigen Freigabepflicht und/oder einer Deckungsgrenze von höchstens 120% der zu sichernden Ansprüche. Hier ist dagegen allenfalls die entbehrliche Regelung über die Bewertung der abgetretenen Forderungen zu beanstanden. Streitigkeiten über den Wert dieser Forderungen hat der VIII. Zivilsenat indes ausdrücklich als hinnehmbar angesehen (BGHZ 109, 240, 246) [BGH 29.11.1989 - VIII ZR 228/88].
c) Auch die formularmäßige Sicherungsübereignung des Warenlagers hält der Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 AGBG stand.
aa) Nach Nr. 12 Satz 2 hat die Klägerin ihre Rechte aus dem Sicherungsübereignungsvertrag auf Verlangen der Gemeinschuldnerin freizugeben, soweit die in Nr. 2 vereinbarte Deckungsgrenze nicht nur vorübergehend überschritten wird. Ein Ermessensspielraum wird der Klägerin ebenso wie durch die wirksame wortgleiche Klausel Nr. 13 Satz 2 der Globalabtretung nicht eingeräumt. Die Deckungsgrenze legt Nr. 2 Satz 5 zahlenmäßig genau auf 120% der zu sichernden Ansprüche der Klägerin fest. Eine Überdeckung von 20%, bezogen auf den als "Sicherungswert" bezeichneten realisierbaren Wert des Sicherungsgutes, kann ebensowenig beanstandet werden wie bei der Globalabtretung.
bb) Anders als die Revision meint, führen auch die Regelungen zur Ermittlung des realisierbaren Wertes in Nr. 2 nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Sicherungsübereignungsvertrages. Vom VIII. und IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird für die Wertermittlung bei formularmäßigen Sicherungsübereignungen von Warenlagern mit wechselndem Bestand die Bestimmung einer Bezugsgröße verlangt, die es ermöglicht, unschwer festzustellen, ob die Deckungsgrenze überschritten ist (BGHZ 117, 374, 379; 124, 371, 376 f.; 125, 83, 89). An die Bestimmung dieser Bezugsgröße dürfen keine übertriebenen, nicht oder kaum erfüllbaren Anforderungen gestellt werden. Andernfalls wäre die Einschätzung in BGHZ 117, 374, 379, der Sicherungsnehmer werde "durch diese Anforderungen an den Inhalt des Formularvertrages grundsätzlich nicht mehr belastet als im Falle einer Sicherungszession", nicht verständlich. Bei einer Globalzession bedarf es einer Regelung zur Bestimmung des realisierbaren Wertes der abgetretenen Ansprüche, wie dargelegt, nicht.
Nach Nr. 2 Satz 3 des Sicherungsübereignungsvertrages ist für die Bewertung des Sicherungsgutes von den Einkaufspreisen oder - wenn der Sicherungsgeber das Sicherungsgut selbst erzeugt, be- oder verarbeitet hat - von den Gestehungskosten auszugehen. Daß dieses bei einem metallverarbeitenden Betrieb sachgerechte und insbesondere für den Sicherungsgeber ausreichend einfach zu bestimmende Größen sind, wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Sie beanstandet insoweit nur, daß die Einkaufspreise und die Gestehungskosten lediglich Ausgangswerte für die Bewertung des Sicherungsgutes nach banküblichen Bewertungsgrundsätzen sind. Damit kann die Revision nicht durchdringen.
Der Einkaufspreis und die Gestehungskosten sind im Verwertungsfall, in dem sich die Sicherungsübereignung bewähren muß und auf den für die Übersicherung abzustellen ist (BGHZ 26, 185, 191; BGH, Urteil vom 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90, WM 1991, 88, 91; Ganter ZIP 1994, 257), erfahrungsgemäß sehr häufig nicht zu realisieren. Die Ursachen dafür sind überaus vielfältig: Fallierende Unternehmen haben häufig zu teuer oder am Markt vorbei produziert. Das Sicherungsgut ist (technisch) veraltet oder weist (erhebliche) Mängel auf. Die Einkaufspreise sind aufgrund einer Konjunktur- oder Strukturkrise verfallen oder bedingt durch die Notsituation des Sicherungsgebers nicht erzielbar. Abnehmer für Halbfertigprodukte fehlen. Für Fertigerzeugnisse besteht de facto keine Gewährleistung und erst recht kein Service.
Eine Erfassung dieser und zahlreicher weiterer relevanter Umstände sowie ihre Quantifizierung durch eine detaillierte Bewertungsklausel in einem Sicherungsübereignungsvertrag längere Zeit vor Eintritt des Sicherungsfalles sind nicht möglich. Leisten kann entsprechendes allenfalls eine generalklauselartige Regelung, etwa wie sie in Form der Bezugnahme auf die banküblichen Bewertungsgrundsätze in Nr. 2 Satz 2 des Sicherungsübereignungsvertrages enthalten ist. Daß eine generalklauselartige Regelung gleichwohl unzulässig sein soll mit der Folge, daß.Sicherungsübereignungen von Warenlagern mit wechselndem Bestand formularmäßig nicht mehr wirksam vereinbart werden könnten, ist den Urteilen des VIII. und IX. Zivilsenats (BGHZ 117, 374, 379; 124, 371, 376 f.; 125, 83, 89) nicht zu entnehmen. Auch der in BGHZ 117, 374, 379 als Maßstab für die Wertberechnung akzeptierte Einkaufspreis ist, bedenkt man Mehrwertsteuer, Rabatte, Skonti, Frachtkosten und vor allem die bei erheblichen Preisschwankungen großen Unterschiede bei Anwendung des Lifo- (last in - first out), des Fifo- (first in - first out) oder des Hifo- (highest in - first out) Bewertungsverfahrens (§ 256 HGB), durchaus keine exakte Größe, über die kein Streit bestehen könnte (vgl. Rellermeyer WM 1994, 1009, 1013 f.).
Daß die in Bezug genommenen banküblichen Bewertungsgrundsätze für die Gemeinschuldnerin unangemessen nachteilig sind, macht die Revision nicht geltend. Sollte dies der Fall sein, wäre nach § 6 Abs. 1 AGBG im übrigen nur Nr. 2 Satz 2 des Sicherungsübereignungsvertrages unwirksam (vgl. BGH, Beschluß vom 2. Februar 1995 - IX ZR 250/93, WM 1995, 695), nicht aber Nr. 2 oder gar die Sicherungsübereignung insgesamt (§ 6 Abs. 3 AGBG).