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Bundesgerichtshof
Urt. v. 21.10.1992, Az.: VIII ZR 99/91

Vertragsübernahme; Gaststättengrundstück; Getränkebezugsverpflichtung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
21.10.1992
Aktenzeichen
VIII ZR 99/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1992, 14732
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • BB 1993, 94-95 (Volltext mit amtl. LS)
  • DB 1993, 1512 (Volltext)
  • DNotZ 1993, 443
  • MDR 1993, 736-737 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW-RR 1993, 562-563 (Volltext mit amtl. LS)
  • WM 1993, 114-117 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Zum Vorliegen einer Vertragsübernahme bei Erwerb eines Gaststättengrundstücks und Übernahme einer Getränkebezugsverpflichtung.

Tatbestand:

1

Der Beklagte war Eigentümer des Anwesens S. 1 in G., in dessen Erdgeschoß er im Januar 1977 die Pilsbar "K." eröffnen wollte. Am 15. Dezember 1976 schlossen er und zwei inzwischen ausgeschiedene Miteigentümer mit der Klägerin, einer Brauerei, einen "Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag". In ihm gewährte die Klägerin dem Beklagten für die Einrichtung der Pilsbar ein unverzinsliches und durch Rückvergütungen auf Getränkelieferungen zu tilgendes Darlehen von 65.000 DM, während sich der Beklagte verpflichtete, seinen Gesamtbedarf an Bier und alkoholfreien Getränken bis zur Tilgung des Darlehens, mindestens jedoch bis zum 31. Januar 1987 und bis zu einer Abnahme von 3. 500 hl an Bieren, von der Klägerin zu beziehen. In § 12 des Vertrages heißt es:

2

"Dieser Vertrag hat auch Gültigkeit für alle Rechtsnachfolger beider Parteien ... Die Darlehensnehmer werden alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag ihrem Rechtsnachfolger auferlegen mit der Maßgabe, daß dieser gehalten ist, auch seinen jeweiligen Rechtsnachfolger in gleicher Weise zu binden.

3

Auf besonderem Blatt der Vertragsurkunde unterschrieb der - nicht im Handelsregister eingetragene - Beklagte die folgende "Belehrung über das Widerrufsrecht":

4

"Die Darlehensnehmer anerkennen, heute ein Exemplar des vorstehenden Vertrages erhalten zu haben. Sie anerkennen darüber hinaus, belehrt worden zu sein, daß der Vertrag erst wirksam wird, wenn er nicht vom Darlehensnehmer innerhalb einer Woche schriftlich widerrufen wird."

5

Da sich die Eröffnung der Pilsbar bis März 1978 verzögerte, verlängerten die Parteien in einer Zusatzvereinbarung vom 6. Juni 1978 die Laufzeit des Vertrages bis zum 31. März 1988.

6

Mit einem vom Streithelfer des Beklagten notariell beurkundeten Vertrag vom 22. Oktober 1981 verkaufte dieser das Gaststättengrundstück an die Eheleute E.. Der Vertrag enthält unter anderem die folgenden Bestimmungen:

7

"2) ... In den zwischen dem Verkäufer und der Brauerei R. A. abgeschlossenen Bierlieferungsvertrag tritt der Käufer mit allen Rechten und Pflichten ein.

8

... 16) Bierlieferungsvertrag

9

Dem Käufer ist bekannt, daß zwischen der Brauerei R. ... und dem Verkäufer ein Getränkelieferungsvertrag besteht, dessen Verpflichtungen er wie folgt übernimmt: Der Käufer verpflichtet sich, 3.100 hl Bier an R.-Bieren, mindestens jedoch bis 31. 03. 1988 seinen gesamten Bedarf an Getränken von R. ... zu beziehen

10

... (Es folgt eine komprimierte Wiedergabe der Bezugsverpflichtungen aus dem Vertrag vom 15. Dezember 1976. )

11

... Die Vereinbarung der Firma R. hat auch Gültigkeit für alle Rechtsnachfolger des Käufers. Der Käufer verpflichtet sich, diese Verpflichtungen seinen Rechtsnachfolgern aufzuerlegen, mit der Maßgabe, daß dieser seinerseits gehalten ist, auch seine jeweiligen Rechtsnachfolger in gleicher Weise zu binden."

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Ebenfalls am 22. Oktober 1981 hatte die Klägerin an den Beklagten geschrieben:

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"Anbei einen Auszug aus dem mit Ihnen abgeschlossenen Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag vom 15. 12. 76 ...

14

Der Auszug enthält Ihre wesentlichen Verpflichtungen, die Sie dem Käufer des Objektes im notariellen Kaufvertrag weitergeben wollen ...

15

Ihrem Wunsch entsprechend haben wir das gewährte Darlehen und den Tilgungsmodus sowie die Rückvergütungssätze, die an Sie ausgezahlt werden, nicht angesprochen. Demnach tritt in dieser Hinsicht nach dem Verkauf des Objektes keine Veränderung unserer gegenseitigen Verpflichtungen ein und die Rückvergütungsfrage wird wie bisher behandelt."

16

Die Eheleute E. bezogen die Getränke für die Gaststätte zunächst bei der Klägerin, insgesamt bis 1985 - zusammengerechnet mit dem Bezug des Beklagten - 750,7 hl Bier. Im Jahre 1984 erwirkte die Klägerin gegen sie eine einstweilige Verfügung, mit der ihnen der Fremdbezug von Getränken untersagt wurde. Seit Juli 1985 hielten die Eheleute E. die Gaststätte geschlossen und bezogen keine Getränke mehr von der Klägerin. Davon setzte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 28. Oktober 1985 in Kenntnis. Anfang 1986 veräußerten die Eheleute E. das Gaststättengrundstück weiter, ohne den Käufern die Getränkebezugspflicht aufzuerlegen. Die Gaststätte wird seitdem von einer anderen Brauerei beliefert.

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Im Januar 1987 erwirkte die Klägerin gegen die Eheleute E. ein rechtskräftiges Versäumnisurteil über die Zahlung des Darlehensrestbetrages von 30.988,72 DM zuzüglich Zinsen. Vollstreckungsversuche der Klägerin blieben erfolglos. Mit Schreiben vom 15. Juni 1989 kündigte die Klägerin den Darlehens- und Getränkelieferungsvertrag gegenüber dem Beklagten fristlos und verlangte von ihm Schadensersatz sowie Rückzahlung des Darlehensrestes. Der Beklagte zahlte die noch offene Darlehensforderung sowie Schadensersatz in Höhe von 2.943 DM und ließ den Vertrag ebenfalls mit Schreiben seines Steuerberaters vom 5. Oktober 1989 kündigen.

18

Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatz wegen der Nichtabnahme von 2.749,3 hl Bier in Höhe von 217.001 DM nebst Zinsen geltend. Der Beklagte hält dem entgegen, der Vertrag vom 15. Dezember 1976 verstoße gegen die guten Sitten, jedenfalls verpflichte er ihn nicht zur Abnahme einer bestimmten Getränkemenge, zudem sei er durch die Übernahme der Bezugspflicht durch die Eheleute E. freigeworden.

19

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Klageabweisung hinsichtlich eines Teilbetrages von 151.600 DM bestätigt, den Schadensersatzanspruch der Klägerin im übrigen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Sache zur Verhandlung und Entscheidung hierüber an das Landgericht zurückverwiesen. Mit seiner Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte sein Klagabweisungsbegehren in vollem Umfang weiter. Die Anschlußrevision der Klägerin hat der erkennende Senat nicht angenommen.

Entscheidungsgründe

20

Die Revision hat Erfolg.

21

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

22

Die Klägerin könne nach den §§ 325 Abs. 1, 252 Satz 1 BGB höchstens Schadensersatz von 65.401 DM verlangen, weil der in der Verbindung von zeitlicher Dauer und Mindestabnahmemenge übermäßig lange, im übrigen aber nicht zu beanstandende Bierlieferungsvertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren aufrechterhalten werden könne und der - im einzelnen noch vom Landgericht zu ermittelnde - Gewinnentgang der Klägerin auf der Grundlage des durchschnittlichen Jahresbezuges von 160, 5 hl Bier in den ersten drei Vertragsjahren zu berechnen sei.

23

Der notarielle Vertrag vom 22. Oktober 1991 enthalte, wie schon das Landgericht zu Recht ausgeführt habe, keine befreiende Schuldübernahme der Eheleute E. zugunsten des Beklagten, weil der in Nr. 16 des Vertrages verwendete Begriff der "Übernahme" der Verpflichtungen aus dem Getränkelieferungsvertrag auch einen Schuldbeitritt bedeuten könne und die Klägerin durch die Klagen gegen die Eheleute E. keine konkludente Genehmigung zu einer befreienden Schuldübernahme erklärt habe. Es gebe keinen Anhalt dafür, daß der Beklagte allein mit der Weitergabe der Bezugspflicht alle Verpflichtungen gegenüber der Klägerin erfüllt hätte; eine derartige Auslegung widerspräche dem Sicherungsinteresse der Klägerin, für die eine Weiterhaftung des Darlehensnehmers bis zur Rückzahlung des Darlehens unverzichtbar sei.

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II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

25

1. Der Beklagte ist infolge einer in dem notariellen Vertrag vom 22. Oktober 1981 vereinbarten Vertragsübernahme durch die Eheleute E. aus dem Getränkelieferungsvertrag vom 15. Dezember 1976 ausgeschieden und haftet der Klägerin schon aus diesem Grunde nicht auf Schadensersatz.

26

a) Die Auslegung des Grundstückskaufvertrages vom 22. Oktober 1981 durch das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft. Es hat schon nicht erkannt, jedenfalls aber nicht in den Entscheidungsgründen erörtert, daß neben den von ihm allein geprüften Alternativen einer kumulativen oder befreienden Schuldübernahme durch die Eheleute E. als weitere, besonders naheliegende Möglichkeit eine Vertragsübernahme in Betracht kam (dazu z.B. BGHZ 95, 88, 93 ff;  96, 302, 307 ff [BGH 27.11.1985 - VIII ZR 316/84];  109, 118, 123 und Senatsurteil vom 3. Juli 1991 - VIII ZR 20l/90 = WM 1991, 1675 unter II 1 a aa m.Nachw.), wenn es auch den hier entscheidungserheblichen Teil einer Vertragsübernahme - nämlich das Ausscheiden des Beklagten aus dem Vertragsverhältnis mit der Klägerin - mit der Ablehnung einer privativen Schuldübernahme ebenfalls verneint hat. Die tatrichterliche Auslegung einer Individualvereinbarung wie hier des Grundstückskaufvertrages bindet das Revisionsgericht unter anderem dann nicht, wenn sie unter Verletzung der gesetzlichen Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) und der zu ihnen entwickelten, allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätze vorgenommen worden ist (st.Rspr,, z.B. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 = NJW 1992, 1967 unter II 3 a m.Nachw.). Die genannten Auslegungsvorschriften verlangen, daß der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend würdigt und seine Erwägungen hierzu in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darlegt (st.Rspr., z.B. Senatsurteile vom 16. Oktober 1991 - VIII ZR 140/90 = WM 1992, 32 unter II 1 b aa = BGHR ZPO § 550 - Vertragsauslegung 3 m.Nachw.). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoßen, weil es die Bestimmung der Nr. 2 des notariellen Vertrages, dem - wie sogleich zu zeigen ist (unten II 1 b aa) - besondere Bedeutung für die Auslegung zukommt, nicht in seine Würdigung einbezogen hat. Diesen Rechtsfehler (dazu z.B. BGHZ 24, 39, 41 [BGH 19.03.1957 - VIII ZR 74/56]; BGH, Urteil vom 22. November 1973 - KZR 22/72 = WM 1974, 37 unter 1; Senatsurteil vom 16. Oktober 1991 aaO.; BAG NJW 1956, 1732, 1733; BAG NJW 1971, 639 unter 1 b; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 50. Aufl., § 550 Anm. 2 B) hat das Revisionsgericht auch ohne eine auf die unterbliebene Verwertung der angeführten Vertragsbestimmung konkret abzielende Revisionsrüge zu beachten (z.B. BAG AP § 133 BGB Nr. 32 m.Nachw. und Anm. Grunsky). Die rechtsfehlerhafte Auslegung unter Verletzung gesetzlicher Auslegungsregeln ist auf die allgemeine Sachrüge hin von Amts wegen zu berücksichtigen (z.B. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 53/88 = WM 1990, 423 unter 2) und erlaubt dem erkennenden Senat, den notariellen Vertrag selbst auszulegen (st.Rspr., z.B. BGHZ 65, 107, 112 [BGH 25.09.1975 - VII ZR 179/73]; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1990 - V ZR 223/89 = NJW 1991, 1180 [BGH 04.12.1990 - XI ZR 310/89] unter 2 und vom 22. Juni 1990 - V ZR 126/89 = WM 1990, 1755, jeweils m.Nachw.), weil hierzu weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind und damit die Sache zu einer abschließenden Entscheidung reif ist (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

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b) Die eigene Auslegung durch den Senat führt zur Feststellung einer Vertragsübernahme der Getränkebezugsvereinbarung durch die Eheleute E..

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aa) Bei der Übernahme von Getränkebezugspflichten im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Gaststätte kommt eine Vertragsübernahme besonders oft in Betracht (vgl, auch Senatsurteil vom 3, Juli 1991 aaO.). Daß diese Folge auch von den Parteien des Grundstückskaufvertrages gewollt war, legt bereits dessen Wortlaut sehr nahe. Denn nach Nr. 2 dieses Vertrages sollten die Käufer in den Bierlieferungsvertrag mit allen Rechten und Pflichten eintreten. Der Übergang der Rechte des Beklagten, vor allem des Rechts auf Inventarüberlassung nach § 4 und seines Belieferungsanspruchs gegen die Klägerin nach § 5 des Vertrages vom 15. Dezember 1976, ließ sich mit dem von den Instanzgerichten angenommenen Schuldbeitritt nicht herbeiführen. Dazu hätte es einer Einzelabtretung der Ansprüche des Beklagten, eines Vertragsbeitritts oder eben einer Vertragsübernahme bedurft. Eine Abtretung einzelner Rechte durch den Beklagten an die Eheleute E. ist nicht erfolgt. Gegen einen - in der Praxis ohnehin selten vorkommenden - Vertragsbeitritt spricht, daß verbleibende eigene Belieferungsansprüche des Beklagten, der nicht mehr Eigentümer des Grundstücks bleiben und die Gaststätte nicht führen sollte, keinen Sinn ergeben. Daß vielmehr ein - mit einer Vertragsübernahme verbundenes - Ausscheiden des Beklagten aus der Getränkebezugsvereinbarung beabsichtigt war, zeigt das eigene Schreiben der Klägerin vom 22, Oktober 1981: Wenn danach das dem Beklagten gewährte Darlehen und seine Tilgung in dem notariellen Kaufvertrag nicht erwähnt werden und "in dieser Hinsicht" - also in dem darlehensvertraglichen Teil der Vereinbarung vom 15. Dezember 1976 - keine Veränderung in den Rechtsbeziehungen der Prozeßparteien eintreten sollte, so erlaubt dies den Umkehrschluß, daß in anderer Hinsicht - nämlich dem getränkebezugsrechtlichen Teil der Vereinbarung - eine Veränderung, und zwar die Entpflichtung des Beklagten, gewollt war.

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Dem entspricht das Interesse beider Parteien des Grundstückskaufvertrages. Dem Beklagten, der auf die Führung der Pilsbar künftig keinen Einfluß und für die Getränke der Klägerin im "K." keine Verwendung mehr hatte, mußte daran gelegen sein, der Klägerin gegenüber entpflichtet zu werden. Dem Interesse der Eheleute E. andererseits war nur mit einer Übertragung nicht allein der Pflichten, sondern auch der - oben genannten - Rechte gegenüber der Klägerin gedient, damit sie gegebenenfalls eigene Erfüllungs- oder Nichterfüllungsansprüche geltend machen konnten.

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bb) Die erforderliche Zustimmung der Klägerin zu der Vertragsübernahme (dazu z.B. Senatsurteil vom 3. Juli 1991 aaO.) ergibt sich aus ihrem oben (II 1 b aa) bereits erörterten Schreiben vom 22. Oktober 1981. Mit ihm hat die Klägerin nicht nur den Beklagten gebeten, die Bezugspflichten an die Grundstückskäufer "weiter(zu)geben", sondern sich zugleich damit einverstanden erklärt, daß der Beklagte aus dem Getränkebezugsvertrag ausscheiden sollte. Die Kenntnis der Klägerin von den näheren Einzelheiten des notariellen Vertrages - und damit auch dem beabsichtigten Eintritt der Käufer in den Bierlieferungsvertrag "mit allen Rechten und Pflichten" - folgt aus ihrem späteren Schreiben an die Eheleute E. vom 10. Januar 1984, in dem auf "Ziffer 16" des Vertrages Bezug genommen wird. Wenn die Klägerin die Eheleute E. sodann jahrelang belieferte und gegen sie im Jahre 1984 die dargestellte einstweilige Verfügung erwirkte, so zeigt auch dies, daß sie von einer Berechtigung der neuen Gaststätteneigentümer zum Bierbezug ausging (zum "umgekehrten" Fall des fortgesetzten Bierbezugs durch den Gastwirt nach einer Rechtsnachfolge auf Seiten der Brauerei vgl. z.B. OLG Nürnberg NJW 1965, 1919, 1921) [OLG Nürnberg 10.05.1965 - 5 U 29/65].

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cc) Die von den Instanzgerichten gegen eine befreiende Schuldübernahme - und damit mittelbar auch gegen eine Vertragsübernahme - angeführten Bedenken greifen nicht durch.

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aaa) Vor allem läßt sich der Nachfolgeklausel in § 12 des Vertrages vom 15. Dezember 1976 nichts in dieser Hinsicht entnehmen. Unmittelbare Bedeutung für die im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung abgegebenen Erklärungen der Parteien kommt ihr ohnehin nicht zu, weil sie diese nicht hinderte, eine Rechtsnachfolge später in anderer Weise zu vollziehen, als dies zunächst vorgesehen war. Die Klausel selbst besagt aber auch - anders als etwa die im Senatsurteil vom 29. Februar 1984 (VIII ZR 350/82 = WM 1984, 663, 664 li.Sp.) zu beurteilende Nachfolgeklausel in einem Automatenaufstellvertrag mit ausdrücklich geregeltem Fortbestehen der Haftung des bisherigen Gastwirts - über eine Weiterhaftung des Beklagten im Falle einer etwaigen Rechtsnachfolge nichts. Daß der "Vertrag", also die beiderseitigen Rechte und Pflichten, für Rechtsnachfolger Gültigkeit behalten sollte, könnte sogar eher eine ins Auge gefaßte Vertragsübernahme nahelegen. Zu Unrecht hat das Landgericht für sein gegenteiliges Verständnis der Klausel das Senatsurteil vom 17. Oktober 1973 (VIII ZR 91/72 = DB 1974, 333 = WM 1973, 1360 unter II 2 b) in Anspruch genommen. Die dort zu prüfende Nachfolgebestimmung ist in der Entscheidung in ihrem Wortlaut nicht wiedergegeben, sondern wird nur inhaltlich dahin referiert, daß der Gastwirt die Bezugsverpflichtung "unter fortbestehender eigener Haftung" an einen etwaigen Rechtsnachfolger weiterzugeben hatte; an einer derartigen Regelung fehlt es gerade in § 12 des Vertrages vom 15. Dezember 1976.

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bbb) Auch die vom Landgericht für maßgeblich gehaltene Überlegung, daß die Bezugsverpflichtung das Korrelat zu der dem Beklagten weiterhin zugute kommenden Darlehensgewährung und den ihm zufließenden Rückvergütungen für die Getränkelieferungen darstelle und deshalb bei dem Beklagten verbleiben müsse, überzeugt nicht. Denn das Schreiben der Klägerin vom 22. Oktober 1981 und die sich anschließende Vertragshandhabung durch alle Beteiligten zeigen, daß die zunächst zusammengefaßten darlehens- und bezugsrechtlichen Teile des Vertrages vom 15. Dezember 1976 nach dem Grundstücksverkauf getrennt werden sollten, was rechtlich im übrigen ohne weiteres möglich war (vgl. z.B. Senatsurteil vom 11. Februar 1963 - VIII ZR 23/62 = LM BGB § 316 Nr. 2 unter II 3).

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ccc) Schließlich steht auch das von dem Berufungsgericht hervorgehobene Sicherungsinteresse der Klägerin der Auslegung durch den Senat nicht entgegen. Denn aus seinen

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darlehensrechtlichen Verpflichtungen sollte der Beklagte nicht entlassen werden, insoweit behielt die Klägerin ihren bisherigen Schuldner. Nur hinsichtlich der Getränkebezugspflicht trat an die Stelle des bisherigen ein neuer Vertragspartner. Das mußte die Belange der Klägerin nicht berühren, jedenfalls hat sie sich damit einverstanden erklärt.

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c) War mithin der Beklagte aus dem Vertragsverhältnis schon ausgeschieden, bevor Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen eines anderweitigen oder unterbliebenen Getränkebezugs entstanden sind, so konnte die Klage bereits deshalb keinen Erfolg haben.

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2. Auf die weiteren Rügen der Revision kommt es daher nicht mehr an. Insbesondere bedarf keiner Vertiefung, daß die auf die Bezugspflicht gerichtete Willenserklärung des Beklagten in entsprechender Anwendung des Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze (BGBl 1990 I 2840) nach den §§ 1 c Nr. 3, 1 b AbzG noch bis zu seinem Ausscheiden widerruflich war, weil die Widerrufsbelehrung entgegen § 1 b Abs. 2 Satz 2 AbzG keinen Hinweis auf die Fristwahrung durch rechtzeitige Absendung des Widerrufs enthielt (dazu z.B. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1989 - I ZR 237/87 = WM 1990, 614 unter 3) und der Beklagte sie auch nur zusammen mit der Bestätigung des Empfangs eines Vertragsexemplars und deshalb entgegen § 1 b Abs. 2 Satz 3 AbzG nicht "gesondert" unterschrieben hat (dazu Senatsurteil vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91VIII ZR 196/91 unter V 2, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt), und daß deshalb der Klägerin aus dem schwebend unwirksamen Bezugsvertrag gegen den Beklagten - ohne Rücksicht auf eine Widerrufserklärung - Erfüllungsansprüche oder Schadensersatzansprüche wegen Nichterfüllung bisher nie zugestanden haben (zum ganzen vgl. Senatsurteil vom 30. September 1992 aaO. unter V 1, 3).

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III. Nach allem waren das klageabweisende landgerichtliche Urteil wiederherzustellen und der Klägerin gemäß §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO die Kosten der Rechtsmittel aufzuerlegen.