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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.07.1980, Az.: III ZR 177/78

Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Kaufs eines PKW; Auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung; Bewusste Ausnutzung der schwächeren wirtschaftlichen Lage des Darlehensnehmers; Berücksichtigung von Bearbeitungsgebühr und Restschuldversicherung bei Ermittlung der Gesamtbelastung; Unangemessene Vertragsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen; Fehlende Ausweisung des effektiven Jahreszinses im Kreditantragsformular; Mangelnde Einschätzbarkeit des Vertragsrisikos bei rechtsunkundigen und geschäftsungewandten Kreditbewerbern; Entfall der Bereicherung des Darlehensnehmers aufgrund von Gewährleistungsansprüchen und Schadensersatzansprüchen; Voraussetzungen eines Einstehen des Kreditgebers für das Verschulden des Verkäufers beim finanzierten Abzahlungskauf

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
10.07.1980
Aktenzeichen
III ZR 177/78
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1980, 12779
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Frankfurt am Main - 10.10.1978
LG Hanau

Fundstellen

  • DB 1980, 2031-2032 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1981, 31-32 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1980, 2301-2303 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZIP 1980, 755-759

Prozessführer

Dietmar D., H. straße ... a, Stadt A.,

Prozessgegner

Norddeutsche Teilzahlungsbank Dr. A. & Co. AG,
vertreten durch den Vorstand Dr. Matthias K. und Dipl.-Kfm. Alfred R., Große B. straße ..., Ha.,

Amtlicher Leitsatz

Zur Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrages mit insgesamt den Darlehensnehmer übermäßig belastenden, unangemessenen Regelungen.

Zum Bereicherungsausgleich, wenn ein Darlehensvertrag als Teilstück eines wirtschaftlich einheitlichen finanzierten Abzahlungsgeschäfts sittenwidrig ist.

In dem Rechtsstreit
hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 1980
durch
die Richter Dr. Krohn, Dr. Tidow, Dr. Peetz, Kröner und Boujong
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Oktober 1978 aufgehoben, soweit zu seinem Nachteil entschieden ist und die Klägerin die Klage nicht zurückgenommen hat.

Die Sache wird in diesem Umfang zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Am 17. Oktober 1973 bestellte der Beklagte bei der Firma Auto-Salon B. KG Auto-M. GmbH & Co. einen Gebrauchtwagen zum Preis von 14.493,90 DM. Gleichzeitig erteilte er der Verkäuferin schriftlich den Auftrag, einen Kredit in Höhe des Kaufpreises "zu banküblichen Bedingungen" zu vermitteln und verpflichtete sich, den ihm "nachgewiesenen Kredit in dieser Höhe in Anspruch zu nehmen." Dabei bestand zwischen den Vertragsparteien Übereinstimmung, daß das Darlehen von der Klägerin beschafft werden sollte. So wandte sich die Verkäuferin bereits am nächsten Tag an die Klägerin. Diese verweigerte eine Finanzierung des gesamten Kaufpreises, sagte jedoch ein Darlehen über einen Teilbetrag zu. Der Beklagte und die Verkäuferin kamen deshalb überein, daß der andere Teil bar entrichtet werden sollte.

2

Zur Finanzierung des Restkaufpreises von 8.243,90 DM unterschrieben der Beklagte und seine Ehefrau, die frühere Zweitbeklagte, am 8. Januar 1974 in den Räumen der Verkäuferin einen von einem ihrer Mitarbeiter ausgefüllten, an die Klägerin gerichteten Kreditantrag. Mit 177,29 DM Bearbeitungsgebühr, 620,76 DM Restschuldversicherungsprämie und 1 % Kreditgebühr pro Monat auf 8.864,66 DM - das sind 4.166,39 DM - beträgt der Gesamtkredit 13.208,34 DM. Er war in 47 Monatsraten ab 1. März 1974 zu tilgen. Auf dem Kreditantragsformular ist durch Fettdruck und eine Balkeneinrahmung der Text hervorgehoben: "SEHR WICHTIG! Auch bei Nichterhalt oder Erhalt mangelhafter Ware hat der Käufer/Kreditnehmer den Gesamtkreditbetrag voll an die NTB", die Klägerin, "zurückzuzahlen".

3

Nachdem die Klägerin den Kreditantrag mit Schreiben vom 16. Januar 1974 angenommen hatte, überwies sie den Darlehensbetrag an die Verkäuferin. Der Pkw wurde ebenfalls im Januar 1974 an den Beklagten ausgeliefert.

4

Wegen eines aufgetretenen Motorschadens ließ der Beklagte am 16. April 1974 im Einvernehmen mit der Verkäuferin ein Gutachten erstellen, in welchem auch ein Unfallschaden des Fahrzeugs festgestellt wurde. Da dem Beklagten von der Verkäuferin bei der Bestellung "Unfallfreiheit nach bestem Wissen aufgrund Angaben des Vorbesitzers und eigenen Untersuchungen" zugesichert war, focht er den Kaufvertrag "vorsorglich" wegen arglistiger Täuschung an, erklärte den Rücktritt und stellte das Auto der Verkäuferin zur Verfügung.

5

Die Klägerin hat mit ihrer Klage zunächst den Gesamtkredit nebst Gebühren und Verzugszinsen gegen den Beklagten und seine Ehefrau geltend gemacht, die keine Zahlungen auf den Kredit geleistet haben. In der Revisionsinstanz hat die Klägerin die Klage gegen die Ehefrau zurückgenommen und verlangt auch von dem Beklagten nunmehr nur noch die Rückzahlung der gewährten Kreditsumme von 8.243,90 DM nebst Verzugszinsen.

6

Die Klägerin behauptet: Das Fahrzeug habe vor Abschluß des Kaufvertrages keinen Unfallschaden erlitten. Jedenfalls sei der Verkäuferin davon nichts bekannt gewesen.

7

Der Beklagte beruft sich auf die Sittenwidrigkeit der Darlehensbedingungen und wendet ein: Das gelieferte Auto habe entgegen der Zusicherung einen größeren Unfallschaden gehabt. Die ihm deshalb gegenüber der Verkäuferin zustehenden Rechte könne er einem Anspruch der Klägerin entgegenhalten. Wegen der vorliegenden Mängel sei der Kaufpreis im übrigen um etwa 5.000 DM überhöht gewesen.

8

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr - bis auf einen Teil der verlangten Verzugszinsen - stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt der Beklagte auch gegenüber dem beschränkten Klagantrag seinen Antrag auf Klagabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

9

I.

Das Berufungsgericht hält den Darlehensvertrag für wirksam und hat der Klägerin die Klagsumme aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zugesprochen. Etwaige Einwendungen des Beklagten aus dem Kaufvertrag hat es gegenüber dem Darlehensanspruch nicht durchgreifen lassen, weil der Beklagte eine arglistige Täuschung nicht bewiesen und auch nicht behauptet habe, Gewährleistungsansprüche gegenüber der Verkäuferin nicht durchsetzen zu können. Die Klägerin sei schließlich auch der Pflicht nachgekommen, den Beklagten darauf hinzuweisen, daß er das Darlehen selbst dann zurückzuzahlen habe, wenn sich die Mangelhaftigkeit des gekauften Fahrzeugs herausstellte.

10

II.

Dieses Urteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

11

Ein vertraglicher Anspruch auf Rückzahlung der Darlehenssumme steht der Klägerin gegen den Beklagten nicht zu, weil der Darlehensvertrag gegen die guten Sitten verstößt und nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist. Nach dieser Vorschrift ist ein Darlehensvertrag sittenwidrig, wenn zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den von ihm durch einseitige Vertragsgestaltung festgelegten Gegenleistungen des Darlehensnehmers ein auffälliges Mißverhältnis besteht und der Darlehensgeber die schwächere wirtschaftliche Lage des Darlehensnehmers bei Festlegung der Vertragsbestimmungen bewußt zu seinem Vorteil ausnutzt. Dem steht es gleich, wenn sich der Darlehensgeber als der objektiv sittenwidrig Handelnde zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschließt, daß sich der Darlehensnehmer nur aufgrund seiner wirtschaftlich schwächeren Lage auf die ihn beschwerenden Darlehensbedingungen einläßt. Zur Beurteilung der Sittenwidrigkeit bedarf es dabei der Gesamtwürdigung des Inhalts und des Zwecks des Geschäfts und der Geschäftsumstände, wobei die vertraglich festgelegten Leistungen und Gegenleistungen, sowie die sonstigen Regelungen, insbesondere auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Darlehensgebers, heranzuziehen sind (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805 = WM 1979, 2255 11. Januar 1979 - III ZR 119/77 - NJW 1979, 808 - WM 1979, 270; 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089 = WM 1979, 966; 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77 - NJW 1980, 445, 446 - WM 1980, 10; 10. April 1980 - III ZR 59/79; 17. April 1980 - III ZR 96/78).

12

1.

Die von der Klägerin einseitig festgelegten Regelungen häufen die den Beklagten treffenden Belastungen in unangemessener Höhe.

13

Der Beklagte hat nach den Vertragsbedingungen für das in 47 Monaten zurückzuzahlende Darlehen in der beantragten Höhe von 8.243,90 DM Kreditgebühren von 4.166,39 DM (1 % monatlich auf 8.864,66 DM) zu zahlen. Hinzu kommen eine Bearbeitungsgebühr von 177,29 DM und 620,76 DM für eine Restschuldversicherung. Diese zusätzlichen Gebühren und Kosten sind zwar laufzeitunabhängig und daher im Gegensatz zu den Kreditgebühren (Senatsurteile vom 16. November 1978 - III ZR 47/77 = NJW 1979, 540, 541 = WM 1979, 52; vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805, 806 = WM 1979, 225; vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 - NJW 1979, 2089, 2090 = WM 1979, 966) nicht als Zinsen im Sinne des bürgerlichen Rechts anzusehen (vgl. zum Zinsbegriff: Canaris NJW 1978, 1892). Sie müssen gleichwohl bei der Ermittlung der Gesamtbelastung des Darlehensnehmers berücksichtigt werden, weil sie ihn in gleicher Weise belasten wie das Entgelt für die Kapitalnutzung. Das gilt auch für die Kosten der Restschuldversicherung (Senatsurteile vom 11. Januar 1979 - III ZR 119/77 = NJW 1979, 808 = WM 1979, 270; 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089, 2090 = WM 1979, 966). Zwar kommt der Versicherungsschutz auch dem Darlehensnehmer zugute; nach Eintritt des Versicherungsfalles werden er oder seine Erben, soweit die Deckung reicht, mit der Zahlung des Versicherers an den Kreditgeber in entsprechender Höhe von eigenen Leistungen an diesen frei. Andererseits dient die Versicherung dem Kreditgeber als zusätzliche Sicherheit, die ihm im Versicherungsfall des Risikos der Uneinbringlichkeit seiner Forderungen enthebt, soweit die Deckung reicht. Für die Kosten dieser zusätzlichen Sicherheit muß aber der Darlehensnehmer in voller Höhe aufkommen. Die Versicherungskosten müssen daher in die Bewertung des Verhältnisses zwischen den Leistungen des Darlehensgebers und den Gegenleistungen des Darlehensnehmers einfließen.

14

Hätte sich die Klägerin die gesamten Kosten des Kredits einschließlich des Versicherungsschutzes durch Jahreszinsen für die Laufzeit des Darlehens vergüten lassen, so ergibt sich eine effektive Jahresverzinsung von insgesamt 30,11 %, berechnet nach der Näherungsformel: effektiver Jahreszins = (Kosten in % × 24): (Laufzeit in Monaten +1) (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1979 - III ZR 171/78 = WM 1979, 1209, 1211).

15

Das Berufungsgericht hat zum Vergleich der Kosten des vorliegenden Ratenkredits mit den Belastungen bei anderen Darlehen den Monatsbericht März 1977 der Deutschen Bundesbank herangezogen. Danach lagen in dem fraglichen Zeitraum die Zinssätze für Ratenkredite bis 5.000 DM mit einer Laufzeit bis 24 Monaten durchschnittlich bei 0,7 bis 0,71 % monatlich, bei einer Streubreite von 0,6 bis 0,9 %, wobei im allgemeinen zusätzlich 2 % der Darlehenssumme als einmalige Bearbeitungsgebühr berechnet wurde. Bezogen auf den hier ausgezahlten Darlehensbetrag entspricht dies unter Einberechnung der Bearbeitungsgebühr einem Effektivzins von 17,45 bis 17,69 %.

16

Die der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank entnommenen Zahlen beziehen sich zwar auf Ratenkreditverträge, die bei Laufzeit und Darlehenshöhe von dem vorliegenden Darlehensvertrag abweichen. Die Statistik beruht auch nicht auf einem vollständigen Überblick über die Marktverhältnisse. Auf ihrer Grundlage läßt sich aber für die Gesamtwürdigung in hinreichender Weise feststellen, daß die von der Klägerin berechneten Entgelt- und sonstigen Leistungen für die angesprochenen Kreditsuchenden in wirtschaftlich schlechter Lage im Vergleich zu den Raten- und Teilzahlungskrediten anderer Kreditinstitute besonders hoch sind und daß die Kreditnehmer dadurch übermäßig belastet werden. Das gilt um so mehr, als die Klägerin durch den Abschluß einer Restschuldversicherung, durch die Sicherungsübereignung des gekauften Fahrzeugs und durch die Abtretung des pfändbaren Teils des Lohns und sonstiger Bezüge und Forderungen der Beklagten an sie ihr Risiko verringert hat.

17

2.

Es kann dahingestellt bleiben, ob hier schon das Verhältnis der Leistungen und Gegenleistungen für sich allein ausreicht, die Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit zu begründen. Die Sittenwidrigkeit ergibt sich Jedenfalls in Verbindung mit den sonstigen Umständen, wozu auch die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgelegten Bestimmungen für den Fall des Verzugs der Darlehensnehmer gehören. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen werden von der Klägerin als mustermäßige (typische) Regelungen für eine unbestimmte Anzahl der mit ihren Darlehenskunden geschlossenen Verträge verwendet. Sie gelten auch für ihre Vertragsbeziehungen zu Kunden mit einem allgemeinen Gerichtsstand außerhalb des Bezirks des Oberlandesgerichts, in dem sie ihren Sitz hat. Sie unterliegen daher der revisionsrechtlichen Beurteilung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 = NJW 1979, 805, 806 = WM 1979, 225; 16. November 1978 - III ZR 47/77 = NJW 1979, 540, 541 = WM 1979, 52; vom 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77 = NJW 1980, 445, 446 = WM 1980, 10).

18

Die Regelungen für den Fall des Verzuges steigern die Belastungen des Beklagten in besonders starkem Maße. Die Klägerin kann danach bei Zahlungsverzug für die erste und die zweite Mahnung 3 DM und für die dritte Mahnung 5 DM fordern und zusätzlich eine Verzugsgebühr von 0,06 % pro Tag vom rückständigen Betrag (Nr. 8 der Darlehensbedingungen). Der "rückständige Betrag" ist dabei nach dem eindeutigen Wortlaut als der noch offenstehende Teil des Gesamtkredits einschließlich der Kredit- und Nebenkosten zu verstehen. Das wird auch dadurch deutlich, daß in einem weiteren Absatz der Nr. 8 der Darlehensbedingungen in anderem Zusammenhang von "Restkapital abzüglich darin enthaltener Zinsen und Gebühren" die Rede ist und sich eine ähnliche Klarstellung bei den Verzugsgebühren angeboten hätte, wenn die Klägerin den "rückständigen Betrag" allein auf die Restkreditsumme bezogen wissen wollte.

19

Die richterliche Inhaltskontrolle der Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann zwar ergeben, daß nur einzelne unangemessene Vertragsklauseln der rechtlichen Wirksamkeit entbehren (vgl. Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 - NJW 1979, 805 - WM 1979, 225; vom 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77 = NJW 1980, 445, 446 = WM 1980, 10). Bei einer so starken Belastung der Darlehensnehmer, wie hier durch die ihnen von der Beklagten auferlegten Leistungen, ist aber die Sittenwidrigkeit des Gesamtvertrages anzunehmen, wenn die von der Bank festgelegte Vertragsgestaltung rechts- oder geschäftsunkundigen Darlehensbewerbern, an die sich die Klägerin als Teilzahlungsbank wendet, nicht die Möglichkeit gibt, ihre Gesamtbelastung, insbesondere auch im Verzugsfall, zuverlässig zu beurteilen und zu entscheiden, ob diese Gesamtbelastung für sie tragbar ist, so daß sie das Vertragsrisiko insgesamt nicht richtig einschätzen können (vgl. Senatsurteile vom 11. Januar 1979 - III ZR 119/77 = NJW 1979, 808, 809 = WM 1979, 270; 25. Oktober 1979 - III ZR 182/77 = NJW 1980, 445, 446 = WM 1980, 10). Das ist hier der Fall.

20

Das Kreditantragsformular weist nicht, wie es § 1 Abs. 4 der Verordnung über Preisangaben vom 10. Mai 1973 (BGBl I S. 461), in Kraft nach § 8 Abs. 1 der Verordnung seit dem 1. Juli 1973, vorsieht, den "effektiven Jahres zins" aus. Dieser Verstoß, der allein die Rechtswirksamkeit des Darlehensvertrages nicht berührt (Senatsurteil vom 16. November 1978 - III ZR 47/77 = NJW 1979, 540, 541 = WM 1979, 52), erschwert es den Darlehensnehmern, ihre Belastung zuverlässig zu beurteilen, und fällt damit bei der Bewertung der Vertragsumstände ins Gewicht (Bachmann NJW 1978, 865; vgl. auch Senatsurteile vom 9. November 1978 - III ZR 21/77 - NJW 1979, 805, 807 = WM 1979, 225; vom 29. Juni 1979 - III ZR 156/77 = NJW 1979, 2089, 2091 = WM 1979, 966).

21

Darüber hinaus können rechtsunkundige und geschäftsungewandte Kreditbewerber das Risiko erheblicher zusätzlicher Belastungen im Fall des Verzuges nicht ermessen. Die auszugsweise auf der Rückseite des Darlehensantrages abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die unter der Überschrift "Kreditrückzahlung" ohne besondere Hervorhebung im kleingedruckten Text die maßgeblichen Bestimmungen enthalten, werden bei Stellung des Antrages häufig übersehen und ebenfalls in ihrer Bedeutung nicht voll erfaßt werden.

22

Nach alledem können rechtsunkundige und geschäftsungewandte Kreditbewerber das Vertragsrisiko nicht richtig einschätzen und dadurch veranlaßt werden, eine für sie untragbare Belastung zu übernehmen.

23

Der Einsicht in diese Zusammenhänge haben sich die für die Bank Handelnden verschlossen. Damit ist der gesamte Darlehensvertrag sittenwidrig und nichtig. Vertragliche Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu.

24

III.

Eine abschließende Entscheidung über den danach in Betracht kommenden Bereicherungsausgleich ist aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht möglich.

25

1.

Die Zahlungen der Klägerin an die Verkäuferin haben den Beklagten nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt ungerechtfertigt bereichert, soweit er durch sie von seinen bestehenden Verbindlichkeiten aus dem Kaufvertrag befreit worden ist (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 818 Abs. 2 BGB). Der Kaufvertrag ist im Gegensatz zum Darlehensvertrag nicht wegen eines wucherähnlichen Tatbestandes sittenwidrig, auch wenn die Bestimmungen des Darlehensvertrages im Rahmen der rechtlichen Prüfung, ob der Kaufvertrag sittenwidrig ist, bei einem wirtschaftlich einheitlichen finanzierten Abzahlungsgeschäft mitberücksichtigt werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 7. Februar 1980 - III ZR 141/78 = NJW 1980, 1155, 1156 = WM 1980, 327). Der Beklagte behauptet zwar, daß der von ihm erworbene Pkw um 5.000 DM zu teuer gewesen sei. Das Berufungsgericht hat aber nicht festgestellt, daß Leistungen und Gegenleistungen des Kaufvertrages in einem unangemessenen Verhältnis stehen und insbesondere, daß der Verkäuferin der angebliche Minderwert des Fahrzeugs bekannt oder leichtfertig unbekannt war. Subjektiv ist ihr ein sittenwidriges Handeln danach jedenfalls nicht vorzuwerfen. Die in einem auffälligen Mißverhältnis stehenden gegenseitigen Leistungen des Darlehensvertrages wirken sich daher hier auf die Rechtsgültigkeit des Kaufvertrages nicht aus. Sie treffen und wirken insbesondere mit nachteiligen und unangemessenen Regelungen des Kaufvertrages nicht im Sinne einer Sittenwidrigkeit des gesamten wirtschaftlich einheitlichen Vertragswerks zusammen. Der Kaufvertrag ist damit wirksam zustande gekommen.

26

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen der vom Beklagten erklärten Anfechtung des Vertrages wegen angeblicher arglistiger Täuschung verneint. Eine arglistige Täuschung hätte vorausgesetzt, daß die Verkäuferin damit gerechnet hätte, daß das Fahrzeug entgegen ihrer Zusicherung nicht unfallfrei war (vgl. RG JW 1929, 3161). Dies hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.

27

2.

Das Berufungsgericht wird jedoch noch zu prüfen haben, ob die Bereicherung des Beklagten aus einem anderen Grund entfällt oder weggefallen ist. Standen dem Beklagten nämlich, worüber das Berufungsgericht bisher nicht entschieden hat, wegen der Zusicherung der Unfallfreiheit Gewährleistungsansprüche nach §§ 459 Abs. 2, 463, 467 BGB zu, kann die Bereicherung entfallen, wenn die Durchsetzbarkeit der Ansprüche zweifelhaft ist oder wenn sie sich als wertlos herausstellen (vgl. RGZ 86, 343, 349; BGHZ 72, 9, 13 - NJW 1978, 2149). Dabei ist auch für den Bereicherungsausgleich zu beachten, daß sich Kauf und Darlehen hier zu einem wirtschaftlich einheitlichen finanzierten Abzahlungsgeschäft ergänzen sollten. Der Kredit sollte zum Erwerb eines ganz bestimmten Kaufgegenstands, eines Pkw, dienen, der der Klägerin zur Sicherheit übereignet wurde. Die Darlehensnehmer blieben von Jeder Verfügung über die Darlehensvaluta ausgeschlossen. Sie floß im wesentlichen der Verkäuferin zu, die den Kredit vermittelt hatte. Der Darlehensnehmer ist, wenn der Darlehensvertrag als Teilstück eines wirtschaftlich einheitlichen Abzahlungsgeschäfts wegen seiner den Darlehensnehmer Übermäßig belastenden Regelungen sittenwidrig ist, dem Bereicherungsanspruch gegenüber nicht schlechter zu stellen als gegenüber einem vertraglichen Darlehensanspruch. Einem solchen könnte er im Rahmen des finanzierten Abzahlungsgeschäftes unter Umständen nach § 242 BGB Einwendungen aus dem Hauptvertrag entgegenhalten. Ein Bereicherungsanspruch entfällt deshalb, soweit dem Beklagten entsprechend den Regeln des Einwendungsdurchgriffs beim finanzierten Abzahlungskauf eine Inanspruchnahme der Verkäuferin nicht zuzumuten sein sollte (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 1978 - III ZR 31/76 = NJW 1978, 1427, 1428 = WM 1978, 459; 18. Januar 1979 - III ZR 19/77 = NJW 1979, 2194, 2195 = WM 1979, 489; 7. Februar 1980 - III ZR 141/78 = NJW 1980, 1155, 1157 = WM 1980, 327). Hierzu hat das Berufungsgericht noch keine zur Beurteilung ausreichende Feststellungen getroffen.

28

3.

Einem Bereicherungsanspruch der Klägerin könnte darüber hinaus ein Schadensersatzanspruch des Beklagten entgegenstehen, weil die Klägerin ihm gegenüber ihre Pflicht verletzt hat, ihn rechtzeitig, eindeutig, klar und unübersehbar auf das besondere Risiko hinzuweisen, das er mit der Einschaltung einer Finanzierungsbank einging und ihn insbesondere darüber aufzuklären, daß er die Raten möglicherweise auch dann an das Kreditinstitut weiter zahlen müßte, wenn das Auto Mängel aufwies und vertragliche Zusicherungen nicht eingehalten worden waren.

29

Das Berufungsgericht hat bisher angenommen, die Klägerin sei ihrer Aufklärungspflicht durch den Hinweis auf dem Kreditantragsformular nachgekommen, die Käufer/Kreditnehmer hätten den Kredit auch bei Nichterhalt oder Erhalt mangelhafter Ware zurückzuzahlen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Hinweis, der im Wortlaut an den Vorschlag in dem Senatsurteil vom 20. Februar 1967 - III ZR 134/65 - BGHZ 47, 207, 212 [BGH 20.02.1967 - III ZR 134/65] = NJW 1967, 1022 angelehnt ist, grundsätzlich ausreicht. Der Hinweis auf dem Kreditantrag konnte jedenfalls dem Beklagten gegenüber die ihm zufallende Warnfunktion nicht erfüllen, weil dieser sich schon bei Abschluß des Kaufvertrages gegenüber der Verkäuferin verpflichtet hatte, den von ihr zu vermittelnden Kredit in Anspruch zu nehmen. Der Beklagte hätte also schon vor Unterzeichnung des Kreditvermittlungsauftrages auf die besonderen Gefahren einer rechtlichen Aufspaltung des wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts aufmerksam gemacht werden müssen, weil sich bereits zu diesem Zeitpunkt das mit dem Abschluß eines finanzierten Abzahlungsgeschäfts verbundene Risiko verwirklichte (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1979 - III ZR 62/78 = NJW 1979, 2511, 2512 = WM 1979, 1180).

30

Dieses Versäumnis, den Beklagten über die Vertragsrisiken nicht rechtzeitig aufgeklärt zu haben, ist der Klägerin zuzurechnen. Beim finanzierten Abzahlungskauf muß der Kreditgeber für das Verschulden des Verkäufers bei den Verhandlungen über den Darlehensvertrag gemäß § 278 BGB einstehen, wenn er ihm die Gelegenheit verschafft hat, gegenüber dem Käufer als seine Vertrauensperson in Erscheinung zu treten, dadurch den Käufer einem etwaigen unrechten Verhalten des Verkäufers ausgesetzt und damit gefährdet hat, während andererseits dessen Arbeitsleistung ihm zugute kommt (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 1967 - III ZR 40/66 - BGHZ 47, 224, 230 [BGH 20.02.1967 - III ZR 40/66] = NJW 1967, 1026; vom 5. Juli 1971 - III ZR 190/68 - WM 1971, 1295; vom 17. Januar 1972 - III ZR 6/69 = WM 1972, 442, 443; vom 9. Februar 1978 - III ZR 31/76 = NJW 1978, 1427, 1429 = WM 1978, 459). Hierzu hat das Berufungsgericht bisher keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Es hat insbesondere die Geschäftsbeziehung zwischen der Verkäuferin und der Klägerin nicht erörtert, so daß nicht feststeht, daß sich die Klägerin dem Beklagten gegenüber der Verkäuferin als Verhandlungsgehilfe bedient und den Beklagten dadurch veranlaßt hat, in der Verkäuferin eine Person ihres Vertrauens zu sehen (vgl. Senatsurteile vom 20. Februar 1967 - III ZR 40/66 - BGHZ 47, 224, 228 ff [BGH 20.02.1967 - III ZR 40/66] = NJW 1976, 1026; vom 5. Juli 1971 - III ZR 190/68 = WM 1971, 1295, 1296). Nach dem unbestrittenen Vortrag des Beklagten steht jedoch fest, daß er mit der Verkäuferin von vornherein davon ausging, daß der Kredit bei der Klägerin besorgt werden sollte. So hat die Verkäuferin auch schon am Tag nach dem Abschluß des Kaufvertrages Kontakt mit der Klägerin aufgenommen und trotz deren Weigerung, den gesamten Kaufpreis zu finanzieren, den Abschluß eines Kreditvertrages allein mit der Klägerin weiter verfolgt. Der Beklagte hat auch später in den Räumen der Verkäuferin den von deren Mitarbeitern vorbereiteten Kreditantrag unterschrieben. Daraus ergibt sich einmal, daß die Vertragsanbahnungen zwischen dem Beklagten und der Klägerin durch die Verkäuferin bereits bei Abschluß des Kaufvertrages und des Kreditvermittlungsvertrages begonnen hatten, zum anderen, daß dabei dem Beklagten die Klägerin und die Verkäuferin von vornherein als Einheit und die Verkäuferin in bezug auf den Abschluß des Kreditvertrages als Vertrauensperson der Klägerin erscheinen mußte. War die Verkäuferin aufgrund der geschäftlichen Beziehungen zu der Klägerin dazu berechtigt, die Verhandlungen zum Abschluß des Darlehensvertrages einzuleiten, muß sich die Klägerin schon deshalb gemäß § 278 BGB ihr Verhalten zurechnen lassen. Anderenfalls hat sie die Verhandlungen jedenfalls spätestens mit Abschluß des Darlehensvertrages stillschweigend genehmigt und muß sich von daher das Versäumnis ihres Verhandlungsgehilfen zurechnen lassen (BGH BB 1955, 429 = NJW 1955, 297).

31

Für den Schadensersatzanspruch wird das Berufungsgericht Jedoch noch klären müssen, ob der Beklagte auch bei rechtzeitiger und ausreichender Aufklärung den Kreditvertrag abgeschlossen hätte. Wenn sich nicht sicher feststellen läßt, ob der Beklagte bei ordnungsgemäßer Aufklärung vom Vertrag Abstand genommen hätte, trägt die Klägerin, die die Pflicht zur Aufklärung verletzt hat, das Risiko der Unaufklärbarkeit dieser Frage (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 1978 - III ZR 136/76 - BGHZ 72, 92, 106 = NJW 1978, 2145; vom 24. März 1977 - III ZR 198/74 = NJW 1978, 41 = WM 1977, 756; vom 5. Juli 1971 - III ZR 108/68 = NJW 1971, 2303, 2307 = WM 1971, 1265).

32

Sofern das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommt, daß die Verletzung der Aufklärungspflicht für den Abschluß des Darlehensvertrages ursächlich geworden ist und dem Beklagten ein Schaden entstanden ist (vgl. dazu Senatsurteile vom 18. Januar 1979 - III ZR 129/77 = NJW 1979, 2194 = WM 1979, 489; vom 8. November 1979 - III ZR 115/78 = WM 1980, 80, 83 = DB 1980, 298), wird es schließlich zu prüfen haben, inwieweit der Beklagte seinen Schaden selbst verursacht hat und ob ihm zugewachsene Vermögenswerte auf den Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung angerechnet werden müssen.

Krohn
Tidow
Peetz
Kröner
Boujong