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Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.11.1972, Az.: VI ZR 126/71

Anspruch auf Schadensersatz wegen einer unerlaubten Handlung; Verjährung des auf eine unerlaubte Handlung gestützten Anspruchs; Anforderungen an den Beginn der Verjährung; Voraussetzungen eines Stillhalteabkommens

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
28.11.1972
Aktenzeichen
VI ZR 126/71
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1972, 11256
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 17.05.1971
LG Münster

Fundstellen

  • DB 1973, 278-279 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1973, 399 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1973, 316-318 (Volltext mit amtl. LS)
  • VersR 1973, 232-233 (Volltext mit red. LS)

Amtlicher Leitsatz

Zu den Voraussetzungen eines Stillhalteabkommens (pactum de non petendo) mit den Folgen der Verjährungshemmung nach § 202 Abs. 1 BGB.

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 1972
unter Mitwirkung
der Richter Prof. Dr. Nüßgens, Dr. Arndt, Sonnabend, Dunz und Scheffen
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 17. Mai 1971 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revision hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Der damals 18 1/2-jährige Beklagte legte in der Nacht vom 15./16. Mai 1967 schuldhaft einen Brand auf dem Holzlagerplatz der Klägerin in Greven, wodurch erheblicher Sachschaden entstand. Der Beklagte, der unter Alkoholeinwirkung stand, wurde durch Urteil des Jugendschöffengerichts Münster vom 7. August 1968 rechtskräftig der tateinheitlich begangenen fahrlässigen und vorsätzlichen Brandstiftung mit der Einschränkung des § 51 Abs. 2 StGB (geschätzter Blutalkoholgehalt: 2,0 Promille) für schuldig befunden. Der Beklagte gestand in dem gegen ihn durchgeführten Ermittlungsverfahren am 16. Mai 1967 die Brandstiftung; dabei berief er sich darauf, bei der Tat unter Alkoholeinfluß gestanden zu haben. Der Inhaber der Klägerin erfuhr spätestens anläßlich seiner Vernehmung vom 31. Mai 1967, daß der Beklagte der Täter war. In dem Schlußbericht der Kriminalpolizei vom 12. Juni 1967 ist u.a. ausgeführt, daß der Beklagte nach dortigem Ermessen geistig "nicht hundertprozentig auf der Höhe" sei, so daß eine Untersuchung auf seinen Geisteszustand erforderlich sein dürfte. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens erstattete der Direktor des Westfälischen Landeskrankenhauses in M. am 31. Januar 1968 ein psychiatrisches Gutachten über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beklagten. Er verneinte eine Zurechnungsunfähigkeit durch Volltrunkenheit im Sinne von § 51 Abs. 1 StGB, bejahte aber wegen des erheblichen Alkoholgenusses (nicht wegen leichtgradigen Schwachsinns) die Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 StGB. Von diesem Gutachten erhielt der Inhaber der Klägerin im Februar 1968 Kenntnis.

2

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. In einem früheren zwischen den Parteien aus demselben Schadensfall geführten Rechtsstreit wurde der Beklagte rechtskräftig zur Zahlung von 3.803,17 DM verurteilt. Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin schließlich Zahlung weiterer 18.517,70 DM nebst Zinsen.

3

Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Er beruft sich nunmehr auf Verjährung.

4

Die Klägerin macht demgegenüber geltend, sie habe frühestens im Februar 1968 durch Einblick in das psychiatrische Gutachten Kenntnis von der Schuldfähigkeit des Beklagten erlangt und somit erst ab diesem Zeitpunkt mit einigermaßen sicherer Aussicht auf Erfolg Klage erheben können. Damit habe der dem Beklagten am 19. Juli 1970 zugestellte Zahlungsbefehl die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB rechtzeitig unterbrochen. Ferner sei die Verjährung durch den Abschluß eines Stillhalteabkommens (pactum de non petendo) mit dem Haftpflichtversicherer des Beklagten, dessen Erklärungen der Beklagte gegen sich gelten lassen müsse, für die Zeit vom 7. Juni 1967, zumindest vom 5. April 1968 bis 4. Juni 1968 gehemmt gewesen (§ 202 BGB). Zudem verstoße die Geltendmachung der Einrede der Verjährung im Hinblick auf den mit dem Versicherer des Beklagten geführten Schriftwechsel gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

5

Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung der jetzt geltend gemachten Schadensersatzforderungen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos.

6

Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

A.

Die Revision ist nicht schon deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 554 a ZPO), weil das Berufungsgericht - wie die Revisionserwiderung meint - den Ausspruch der Zulassung nach § 546 Abs. 2 ZPO mit einer nicht entscheidungserheblichen Frage begründet und damit die gesetzlichen Voraussetzungen ganz offensichtlich verkannt habe.

8

Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Zulassung der Revision für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn sie auf einem offenbaren Gesetzesverstoß beruht (BGHZ 2, 396;Urt. v. 26. März 1953 - VI ZR 101/52 = LM ZPO § 546 Nr. 11). Eine solche offensichtliche Gesetzwidrigkeit liegt hier aber nicht vor.

9

Das Berufungsgericht hat die Revision im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofesvom 20. Februar 1958 (III ZR 175/56 = LM BGB § 202 Nr. 3) zugelassen, die die Möglichkeit bejaht, daß ein Stillhalteabkommen durch stillschweigendes Einverständnis des Geschädigten Zustandekommen könne. Diese Möglichkeit stellt das Berufungsgericht allerdings nicht in Frage. Mit dem Hinweis auf die genannte Entscheidung will es aber offensichtlich zur Nachprüfung stellen, ob der jetzige Tatbestand zu den Sachverhalten gehört, in denen ein stillschweigendes Stillhalteabkommen zu bejahen ist.

10

B.

I.

Das Berufungsgericht hält die Einrede der Verjährung für begründet, weil für den auf unerlaubte Handlung gestützten Anspruch die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 BGB bei Einreichung des Zahlungsbefehls am 14. Juli 1970 bereits abgelaufen gewesen sei. Die Verjährungsfrist sei am 31. Mai 1967 in Lauf gesetzt worden, als der Inhaber der Klägerin anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung Kenntnis davon erlangt habe, daß der Beklagte den Brand gelegt hatte. Die Klägerin könne sich weder mit Erfolg darauf berufen, daß erst durch das psychiatrische Gutachten ihre gegen die Schuldfähigkeit des Beklagten bestehenden Zweifel ausgeräumt worden seien, noch daß sich das Anerkenntnis des Vorprozesses auch auf die in diesem Verfahren geltend gemachten Ansprüche erstrecke, noch daß die Verjährungsfrist durch ein Stillhalteabkommen gehemmt gewesen sei.

11

II.

Hiergegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

12

1.

Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Ablauf der Verjährungsfrist beginnt, wenn der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person Schadensersatzklage erheben kann, insbesondere die Tatsachen kennt, die auf ein schuldhaftes Verhalten des Schädigers hinweisen, und daß es nicht davon abhängt, ob der Prozeß für den Geschädigten mehr oder weniger risikolos erscheint (BGHZ 6, 195, 202 [BGH 27.05.1952 - III ZR 128/51]; BGH Urt. v. 9. Dezember 1958 - VI ZR 272/57 - VersR 1959, 274 = LM BGB § 852 Nr. 11).

13

Auf dieser Grundlage nimmt das Berufungsgericht an, daß die Verjährungsfrist am 31. Mai 1967 mit der Kenntnisnahme des Inhabers der Klägerin von der Brandlegung des Beklagten anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung und nicht erst Mitte Februar 1968 mit der Einsichtnahme in das psychiatrische Gutachten des Direktors des Westfälischen Landeskrankenhauses in M. zu laufen begonnen habe.

14

a)

Sofern sich die Bedenken des Inhabers der Klägerin gegen die Zurechnungsfähigkeit des Beklagten darauf gründeten, daß dieser sich durch den Genuß alkoholischer Getränke in einen vorübergehenden Zustand der Unzurechnungsfähigkeit versetzt hatte, hält das Berufungsgericht das im Hinblick auf § 827 Satz 2 Halbsatz 1 BGB zutreffend für unerheblich.

15

b)

Ohne Rechtsirrtum verneint das Berufungsgericht aber auch, daß die in dem polizeilichen Schlußbericht vom 12. Juni 1967 geäußerte Ansicht des vernehmenden Kriminalbeamten, der Beklagte sei geistig "nicht hundertprozentig" auf der Höhe - von der der Inhaber der Klägerin anläßlich seiner Vernehmung am 31. Mai 1967 erfahren haben will -, bei diesem die Kenntnis im Sinne des § 852 BGB ausschließende Zweifel an der Schuldfähigkeit des Beklagten erweckt hat. Es mag dahinstehen, ob Zweifel an der Schuldfähigkeit des Beklagten überhaupt geeignet sind, den Beginn der Verjährungsfrist hinauszuschieben. Jedenfalls ist der Tatrichter davon überzeugt, daß der Inhaber der Klägerin keine begründeten Zweifel an der Schuldfähigkeit des Beklagten - soweit eine Schuldunfähigkeit nicht auf Alkoholgenuß zurückzuführen war - hatte. Das Berufungsgericht weist darauf hin, der Inhaber der Klägerin habe den Beklagten damals bereits seit Jahren persönlich gekannt. Weiter führt es aus, wenn der Inhaber der Klägerin aufgrund dieser Bekanntschaft keinen Anlaß hatte, an dessen Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln, so sei nicht anzunehmen, daß er aufgrund der nur als Vermutung zu wertenden Ansicht des Polizeibeamten über den Geisteszustand des Beklagten Bedenken gegen dessen Ersatzpflicht gehabt habe. Allenfalls möchten bei ihm Zweifel an der uneingeschränkten strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beklagten entstanden sein. Darauf komme es aber nicht an.

16

Diese Ausführungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.

17

Der Hinweis der Revision, Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Beklagten hätten nahe gelegen, weil dieser vor der Tat in einer Gastwirtschaft zwei Schachteln Streichhölzer mit dem Bemerken gekauft habe, "ob er sich bei der Feuerwehr bewerben könne", ist für die Frage der Kenntnis im Sinne des § 852 BGB schon deshalb ohne Belang, weil die Klägerin selbst nicht vorgebracht hat, daß ihr Inhaber damals davon erfahren habe. Das macht auch die Revision jetzt nicht geltend. Im übrigen hat sie auch nicht vorgebracht, von der am 22. Juni 1967 durch die Staatsanwaltschaft angeordneten Einholung eines Sachverständigengutachtens über die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten unterrichtet worden zu sein. Auch aus der mit Schreiben der Klägerin vom 3. Juni 1967 an den Versicherer des Beklagten eingeleiteten Korrespondenz ergeben sich keine Bedenken des Inhabers der Klägerin gegen die Zurechnungsfähigkeit des Beklagten, die zudem - wie das Ergebnis des psychiatrischen Gutachtens vom 31. Januar 1968 erwies - auch unbegründet gewesen wären.

18

Damit bleibt als etwaiges Hindernis der in § 852 BGB geforderten Kenntnis der Klägerin nur die Mitteilung über die Bedenken des Polizeibeamten. Es hält sich im Rahmen tatrichterlicher Beweiswürdigung, wenn das Berufungsgericht diese - im einzelnen nicht einmal belegten - Bedenken nicht für ausreichend erachtet, um den bisherigen persönlichen Eindruck des Inhabers der Klägerin erschüttern zu können.

19

2.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine Unterbrechung der Verjährung durch Anerkenntnis (§ 208 BGB) nicht eingetreten. Das in dem Vorprozeß von dem Beklagten unstreitig abgegebene Anerkenntnis habe sich nur auf den mit der damaligen Klageforderung geltend gemachten Teilbetrag bezogen.

20

Dem ist entgegen der Auffassung der Revision beizupflichten. Der Beklagte stellt nicht in Abrede, die in dem Vorprozeß geltend gemachten Teilforderungen dem Grunde nach durch die Erklärung anerkannt zu haben, die Voraussetzungen des § 827 Satz 2 BGB würden nicht mehr bestritten, sodaß sich Ausführungen zum Klagegrunde erübrigten. Daraus ergibt sich jedoch nicht schon, daß damit der Anspruch zum Grunde der gesamten aus dem Schadensereignis in Betracht kommenden Schadensersatzforderungen im Sinne des § 208 BGB anerkannt wurde. Bei teilbaren Verbindlichkeiten hat ein Anerkenntnis, das sich auf einen bestimmten Teil der Forderung beschränkt, nicht die Kraft, die Verjährung über diesen Teil hinaus zu unterbrechen (BGH Urt. v. 12. Juli 1960 - VI ZR 163/59 = VersR 1960, 831;v. 28. Februar 1969 - VI ZR 250/67 = VersR 1969, 567 m.w. Nachw.). Das gilt auch dann, wenn - wie hier - in dem zweiten Rechtsstreit weitere Teile derselben Schadensposten geltend gemacht werden. Die damit entscheidende Frage, ob das im Schriftsatz der Beklagten vom 4. Oktober 1968 im Vorprozeß zutage getretene Verhalten ein Anerkenntnis dem Grunde nach für den gesamten aus dem Schadensereignis erwachsenen Anspruch darstellt, ist im wesentlichen eine Tatfrage (BGH Urt. v. 15. Dezember 1958 - VII ZR 12/58 = LM BGB § 208 Nr. 1 = VersR 1959, 512;vom 21. März 1972 - VI ZR 110/71 = VersR 1972, 644). Der Tatrichter hat diese Frage hier ohne Rechtsirrtum verneint.

21

Er konnte seine Auffassung besonders darauf stützen, daß sich das damalige Anerkenntnis des Beklagten zum Grunde ausdrücklich auf den "gegenwärtigen Rechtsstreit" und damit nur auf die im früheren Rechtsstreit geltend gemachten Teilforderungen bezog.

22

3.

Das Berufungsgericht verneint eine Hemmung der Verjährung (§ 202 Abs. 1 BGB) durch den Abschluß eines Stillhalteabkommens (pactum de non petendo). Es läßt dahingestellt, ob der Versicherer des Beklagten hier überhaupt berechtigt war, für den Beklagten eine die Verjährung hemmende Vereinbarung abzuschließen. Jedenfalls sei ein solcher Vertrag nicht geschlossen worden.

23

a)

Zu Recht verneint das Berufungsgericht für den Zeitraum vom 5. April 1968 bis 28. Mai 1968 das Bestehen eines Stillhalteabkommens schon deshalb, weil die Klägerin das Angebot des Versicherers im Schreiben vom 5. April 1968, die Schadensregulierung zurückzustellen, bis die Deckungs- und Haftungsfrage an Hand der Unterlagen der Staatsanwaltschaft geklärt sei, nicht angenommen habe, wie ihre Schreiben vom 11. April und 2. Mai 1968 zeigten. Das wird von der Revision nicht beanstandet.

24

b)

Für den Zeitraum vom 3. Juli 1967 bis 20. März 1968 vermag das Berufungsgericht sich vom Bestehen eines Stillhalteabkommens nicht zu überzeugen. Es verneint nicht, legt vielmehr seiner Beurteilung zugrunde, daß ein Stillhalteabkommen auch stillschweigend geschlossen werden kann. Zutreffend hält es zur Bejahung eines solchen Abkommens aber für erforderlich, daß der Beklagte nach dem Parteiwillen - wenn auch nur vorübergehend - zur Verweigerung der Leistung berechtigt sein, daß der Geltentmachung des Anspruchs also (vorübergehend) ein rechtliches Hindernis entgegenstehen sollte (§ 202 Abs. 1 BGB).

25

Ob dem Verhalten der Klägerin und des Beklagten ein dahingehender rechtsgeschäftlicher Wille zugrundelag und damit ein Stillhalteabkommen mit der Wirkung des § 202 Abs. 1 BGB zu, bejahen ist, unterliegt der Beweislast der Klägerin. Der Tatrichter hat sich nicht davon zu überzeugen vermocht, daß mit dem stillschweigenden Zuwarten der Klägerin ein solch weitgehender Inhalt gewollt war. Diese tatrichterliche Auslegung des Individualabkommens ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

26

Allerdings stand einem Abkommen mit den Rechtsfolgen des § 202 Abs. 1 BGB nicht schon allgemein und allein entgegen, wenn die Partner keinen bestimmten Endzeitpunkt vereinbarten, sondern auf ein zwar bestimmtes, aber zeitlich offenes Ereignis - hier: Abschluß des Ermittlungsverfahrens - abstellten (BGH Urteil v. 20. Februar 1958 - ITT ZR 175/56 = LM BGB § 202 Nr. 3). Dem Tatrichter war es aber nicht verwehrt, das Fehlen eines vorher kalendermäßig bestimmten Endes des Zuwartens dahin zu würdigen, daß dieser Umstand jedenfalls nicht für ein Stillhalteabkommen mit den Folgen des § 202 Abs. 1 BGB spreche, vielmehr mit den übrigen gesamten Umständen seine starken Zweifel an einem weitergehenden rechtsverbindlichen Willen der Parteien, insbesondere auch der Klägerin verstärkten, so daß er sich zu einer entsprechenden Feststellung nicht in der Lage sah.

27

Die Gesamtwürdigung des Tatrichters wird insbesondere bestätigt durch den Schriftwechsel zwischen der Klägerin und dem Versicherer des Beklagten. Dieser hatte der Klägerin mit Schreiben vom 27. Juni 1967 mitgeteilt:

"Wir betonen, daß wir uns zur Zeit zur Haftungs- und Deckungsfrage abschließend noch nicht äußern können. Das Ermittlungsverfahren wird abzuwarten sein. Das Gutachten des Sachverständigen W. liegt uns immer noch nicht vor. Wir erklären uns bereit, Ihrer Partei nach Erhalt des Gutachtens eine Ausfertigung zur Kenntnisnahme zur Verfügung zu stellen."

28

Die Klägerin hatte daraufhin mit Schreiben vom 3. Juli 1967 geantwortet:

"... Wir bitten den Sachverständigen W. dringend zur Abgabe seines Gutachtens aufzufordern. ... Wir bitten ferner, uns eine Fotokopie oder Abschrift der Versicherungspolice, zu überlassen. Sie werden verstehen, daß die Bearbeitung dieses Schadensfalles vordringlich ist."

29

Daraufhin erhielt die Klägerin mit den Schreiben des Versicherers vom 4. Juli und 7. Juli 1967 eine Durchschrift des Gutachtens des Sachverständigen W. vom 20. Juni 1967 und einer Fotokopie des Durchschlags des Nachtrags zum Haushaltsversicherungsschein. Die Klägerin antwortete erst wieder mit Schreiben vom 20. März 1968.

30

Wenn der Tatrichter auf Grund dieser gesamten Umstände, insbesondere der erwähnten Schreiben den Hergang dahin versteht, damit sei die Klägerin zwar dem Wunsche des Versicherers, die weiteren Ermittlungen gegen den Beklagten im Strafverfahren abzuwarten, stillschweigend nachgekommen, der Tatrichter sich aber nicht davon zu überzeugen vermag, daß dieses Verhalten ein Stillhalteabkommen mit der Folge des § 202 Abs. 1 BGB darstellte, weil er sich nicht von einer Vereinbarung mit der rechtsverbindlichen Pflicht zum Stillhalten überzeugen könne, so ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das wird noch dadurch unterstützt, daß der Versicherer nicht nur die Haftung des Beklagten, sondern im Hinblick auf dessen vorsätzliches Handeln auch seine Deckungspflicht in Frage gestellt hatte.

31

4.

Zu Recht sieht das Berufungsgericht keine unzulässige Rechtsausübung (Verstoß gegen § 242 BGB) des Beklagten darin, daß er sich auf Verjährung des Klageanspruchs beruft. Die Verhandlungen über die Schadensregulierung lagen nicht am Ende, sondern am Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist des § 852 BGB. Hierzu erhebt die Revision auch keine Beanstandungen.

Nußgens
Dr. Arndt
Herr Ri BGH Sonnabend ist erkrankt und daher verhindert zu unterschreiben. Nüßgens
Dunz
Scheffen