Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.12.1959, Az.: IV ZR 103/59
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.12.1959
- Aktenzeichen
- IV ZR 103/59
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1959, 14732
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Köln - 07.04.1959
- LG Köln
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 31, 342 - 351
- MDR 1960, 384-385
- NJW 1960, 766-768 (Volltext mit amtl. LS) "Beitritt des Staatsanwalts in der RevInstanz"
- ZZP 1960, 454-461
Prozessführer
des minderjährigen Wilhelm T., geboren am ... 1956 in K., M.straße ..., gesetzlich vertreten durch den Amtsvormund R. beim Jugendamt der Stadt Köln,
Prozessgegner
den Arbeiter Johann T. in K., B. Straße 19,
Amtlicher Leitsatz
Das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten des Anfechtungsklägers ist keine höhere Gewalt im Sinne des §1594 Abs. 3 BGB.
- a)
Im Rahmen des §261 b Abs. 3 ZPO ist das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Partei zuzurechnen.
- b)
Auch wenn durch die Klagerhebung eine Frist gewahrt werden soll, ist das Gericht jedenfalls ohne einen besonderen Antrag oder Hinweis des Klägers nicht verpflichtet, die Klage vor der Zahlung der Prozeßgebühr ohne Terminsbestimmung und -ladung zuzustellen; es hat eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei, die den Rechtsstreit nachlässig betreibt, auch nicht ohne weiteres auf den drohenden Fristablauf hinzuweisen.
Hat die Klage des Mannes auf Anfechtung der Ehelichkeit des Kindes seiner Frau, obwohl er die Anfechtungsfrist versäumt hat, Erfolg, weil der Staatsanwalt ihm in der Revisionsinstanz als Streitgenosse beigetreten ist, so können ihm die Kosten des Berufungs- und Revisionsrechtszuges mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Staatsanwalts auferlegt werden.
hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 1959 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Ascher und der Bundesrichter Dr. v. Werner, Wüstenberg, Wilden und Dr. Loewenheim
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Köln vom 7. April 1959 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß unter entsprechender teilweiser Änderung der in diesem Urteil enthaltenen Kostenentscheidung die Kosten des Berufungsrechtszuges dem Kläger auferlegt werden.
Von den Kosten des Revisionsrechtszuges trägt der Beklagte die außergerichtlichen Kosten des Staatsanwalts und der Kläger alle anderen Kosten.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Ehe des Klägers mit der Mutter des Beklagten ist durch Urteil des Landgerichts in Köln vom 14. Juli 1955 geschieden worden. Das Urteil ist am 28. August 1955 rechtskräftig geworden. Der Beklagte ist am 29. Februar 1956 geboren.
Am 16. August 1956 reichte der Kläger bei dem Landgericht eine Klageschrift ein, in der er die Feststellung begehrte, daß der Beklagte nicht sein eheliches Kind sei. Gleichzeitig beantragte er die Bewilligung des Armenrechts. Das Landgericht machte zunächst weder die Klageschrift noch das Armenrechtsgesuch dem gesetzlichen Vertreter des Beklagten zugänglich, sondern stellte Ermittlungen darüber an, ob der Kläger arm sei. Durch Beschluß vom 8. Oktober 1956 verweigerte es dem Kläger das Armenrecht mangels Armut. Der Kläger legte gegen den Beschluß am 26. November 1956 Beschwerde ein. Das Landgericht trat erneut in eine Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers ein, ohne daß der Kläger die ihm zur Glaubhaftmachung seiner Armut erteilte Auflage erfüllte. Am 8. Februar 1957 nahm er den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts mit der Begründung, er habe ein Einkommen, das es ihm ermögliche, die Kosten des Prozesses in Raten zu zahlen, zurück. Den nunmehr angeforderten Prozeßkostenvorschuß bezahlte er jedoch nicht, vielmehr suchte er am 4. September 1957 nochmals um das Armenrecht nach. Durch Verfügung vom 22. Oktober 1957 teilte das Landgericht dem Jugendamt in der Annahme, daß es zum Pfleger des Beklagten bestellt worden sei, eine Zweitschrift der Klage sowie einen weiteren Schriftsatz des Klägers mit. Am 26. November 1957 erhielt das Landgericht von dem Kläger die Mitteilung, daß das Vormundschaftsgericht den Amtsvormund Reetz vom Jugendamt zur Vertretung des Beklagten im Ehelichkeitsanfechtungsprozeß vorgesehen habe. Durch Beschluß des Landgerichts vom 28. November 1957 wurde dem Kläger das Armenrecht bewilligt, und am 21. Dezember 1957 wurde die Klageschrift dem Vertreter des Beklagten zugestellt.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe mit der Mutter des Beklagten letztmals am 5. Mai 1954 ehelich verkehrt und sich am 7. Mai 1954 von ihr getrennt. Der Beklagte, von dessen Geburt er erst im Juni 1956 Kenntnis erhalten habe, könne daher nicht von ihm erzeugt sein; der Beklagte stamme vielmehr aus dem ehebrecherischen Verkehr seiner Mutter mit dem Stiefvater des Klägers.
Der Kläger hat den Antrag gestellt, festzustellen, daß der Beklagte nicht sein eheliches Kind sei.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat geltend gemacht, daß der Kläger die Anfechtungsfrist versäumt habe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts geändert und nach dem Klagantrag erkannt. Es hat die Revision zugelassen.
Der Beklagte hat Revision eingelegt. Er will damit erreichen, daß die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts zurückgewiesen wird. Für den Fall der Zurückweisung der Revision beantragt er hilfsweise, die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise dem Kläger aufzuerlegen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Im Revisionsrechtszug ist der Generalbundesanwalt dem Kläger als Streitgenosse beigetreten. Er beantragt, die Revision des Beklagten zurückzuweisen, und trägt zur Begründung dieses Antrags vor, es fehle, da der Kläger der Mutter des Beklagten nicht in der gesetzlichen Empfängniszeit beigewohnt habe, an einer Voraussetzung für die Ehelichkeit des Beklagten; das Urteil des Berufungsgerichts erweise sich daher jedenfalls im Ergebnis als richtig.
Entscheidungsgründe:
1.
Das Berufungsgericht hat als erwiesen angesehen, daß der Kläger mit der Mutter des Beklagten innerhalb der vom 3. Mai 1955 bis zum 1. September 1955 dauernden gesetzlichen Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt habe. Diese Feststellung ist unangreifbar und wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Der Beklagte ist daher nach §1591 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht ehelich, doch kann die Unehelichkeit nur geltend gemacht werden, wenn sie rechtskräftig festgestellt ist, da der Beklagte innerhalb 302 Tagen nach der Auflösung der zwischen seiner Mutter und dem Kläger bestehenden Ehe geboren ist (§1593 BGB).
2.
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe die Klage innerhalb der Frist des §1594 BGB bei dem Landgericht eingereicht, und deren Zustellung an den Beklagten sei noch demnächst nach der Einreichung erfolgt, so daß die Anfechtungsfrist gemäß §261 b Abs. 3 ZPO gewahrt sei. Dagegen wendet sich die Revision.
Der Staatsanwalt ist dem Kläger in der Revisionsinstanz als Streitgenosse beigetreten. Er hat von der ihm unter den Voraussetzungen des §1595 a BGB zustehenden Befugnis, seinerseits die Ehelichkeit des Beklagten anzufechten, Gebrauch gemacht, indem er den Antrag gestellt hat, die Revision des Beklagten gegen das die Unehelichkeit feststellende Urteil des Berufungsgerichts zurückzuweisen.
Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts, des Obersten Gerichtshofs für die britische Zone und des Bundesgerichtshofs kann die Anfechtung der Ehelichkeit durch den Staatsanwalt in der weise erfolgen, daß dieser dem Ehemann der Mutter, der die Anfechtungsklage erhoben hat, in dem darüber anhängigen Rechtsstreit als Streitgenosse beitritt; auch in der Revisionsinstanz ist ein solcher Beitritt noch möglich (RGZ 160, 369, 370; 163, 156, 164; OGHZ 3, 198, 201; BGH LM BGB §1595 a Nr. 1; BGH Urteil vom 22. Januar 1958 - IV ZR 252/57 -). Der Ehemann und der Staatsanwalt machen nicht, wie das Reichsgericht angenommen hat (RGZ 163, 156, 160), jeder für sich ein selbständiges Anfechtungsrecht, sondern ein einheitliches Recht geltend, das auf demselben Klagegrund beruht und auf dasselbe Ziel gerichtet ist (OGHZ 3, 198, 201; BGHZ 23, 1, 7) [BGH 19.12.1956 - IV ZR 261/56].
Der Staatsanwalt ist jedoch zur Ausübung des Anfechtungsrechts nur befugt, wenn der Ehemann die Anfechtungsklage nicht innerhalb eines Jahres seit der Geburt des Kindes erhoben hat oder gestorben oder sein Aufenthalt unbekannt ist (§1595 a BGB). Ist die Anfechtungsklage des Ehemannes erst nach dem Ablauf eines Jahres seit der Geburt erhoben, so ist demnach kein Zweifel darüber möglich, daß der Staatsanwalt zur Ausübung des Anfechtungsrechts befugt ist, unabhängig davon, ob der Ehemann die Frist des §1594 BGB, die zu einem späteren Zeitpunkt ablaufen kann, eingehalten hat.
Hier liegt es anders. Zwischen dem Kläger und dem Beklagten wird gerade darüber gestritten, ob die Klage gemäß §261 b Abs. 3 ZPO zu einem vor ihrer Zustellung liegenden Zeitpunkt, der noch in die Jahresfrist des §1595 a BGB fallen würde, als erhoben gilt. Wenn das zu bejahen wäre, so wäre die durch den Kläger erfolgte Anfechtung begründet, während der Staatsanwalt dann kein Anfechtungsrecht hätte; wäre dagegen die Anfechtungsfrist von dem Kläger versäumt, so stände dem Staatsanwalt, nicht dem Kläger, die Befugnis zur Anfechtung zu.
In jedem Falle muß also die von dem Berufungsgericht getroffene Feststellung aufrechterhalten werden. Trotzdem ist es geboten, die Frage zu prüfen, ob die Unehelichkeit des Beklagten auf Grund der von dem Kläger oder der von dem Staatsanwalt erfolgten Anfechtung festzustellen ist, und zwar schon deshalb, weil eine Klärung dieser Frage für die zu treffende Kostenentscheidung von Bedeutung ist.
Hier ergibt der feststehende Sachverhalt, der der Beurteilung durch das Revisionsgericht unterliegt, daß der Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Anfechtungsfrist nicht eingehalten hat und deshalb nicht seine, sondern die Anfechtung des Staatsanwalts durchgreift.
3.
a)
Das Berufungsgericht hat angenommen, die am 16. August 1956 bei dem Landgericht zugleich mit dem Armenrechtsgesuch des Klägers eingegangene Klageschrift habe von Anfang an selbständige Bedeutung gehabt und sei nicht unter der Voraussetzung der Bewilligung des Armenrechts eingereicht worden, wie insbesondere aus der in ihr enthaltenen Wendung hervorgehe, die Klage sei geboten, weil der Kläger ein erhebliches rechtliches und tatsächliches Interesse daran habe, daß die Unehelichkeit des Beklagten festgestellt werde. Demgegenüber weist die Revision darauf hin, in dem Armenrechtsgesuch heiße es ausdrücklich, daß der Entwurf einer Klage eingereicht werde; daraus ergebe sich eindeutig, daß die Klageschrift keine selbständige Bedeutung hätte haben sollen.
Ob diese Rüge begründet ist, kann dahinstehen. Denn jedenfalls, als der Kläger am 6. Februar 1957 erklärte, er nehme den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zurück, er sei in der Lage, die Kosten des Prozesses in Raten zu zahlen, mußte die Klage als bei Gericht eingereicht gelten. Das war auch die Auffassung des Landgerichts, wie sich daraus ergibt, daß es umgehend den Streitwert festsetzte und die Anforderung der Prozeßgebühr veranlaßte (§74 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GKG a.F.).
b)
Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des §1594 BGB noch nicht abgelaufen, denn diese endete frühestens am 1. März 1957 (§1594 Abs. 2 Satz 2, §187 Abs. 2 Satz 1 BGB). Zugunsten des Klägers kann darüber hinaus auf Grund seines unbestritten gebliebenen Vortrags, er habe erst im Juni 1956 von der Geburt des Beklagten erfahren, davon ausgegangen werden, daß die Frist noch bis Ende Juni 1957 gelaufen sei (§1594 Abs. 2 Satz 1 BGB). Falls die am 21. Dezember 1957 erfolgte Zustellung der Klage noch als eine demnächstige im Sinne des §261 b Abs. 3 ZPO anzusehen wäre, wäre mithin die Frist des §1594 BGB durch die spätestens auf den 6. Februar 1957 anzusetzende Einreichung der Klage gewahrt.
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es dafür auf die Dauer der zwischen der Einreichung und der Zustellung liegenden Zeit nicht an. Denn der Sinn der Vorschrift des §261 b Abs. 3 ZPO ist es, die die Zustellung beantragende Partei vor Nachteilen zu schützen, die sie durch eine Verzögerung der von Amts wegen erfolgenden Zustellung erleidet, wenn die Verzögerung auf Umstände zurückgeht, auf die sie keinen Einfluß hat. Bei der Auslegung des Begriffs der demnächst erfolgenden Zustellung ist zwar nicht engherzig zu verfahren; die billige Rücksicht auf die Gegenpartei gebietet es jedoch, daß die Fristerstreckung, die sich aus §261 b Abs. 3 ZPO ergibt, dann nicht zugelassen wird, wenn derjenige, der die Zustellung beantragt hat, die Verzögerung durch eigenes vorsätzliches oder nachlässiges Verhalten veranlaßt hat (BGHZ 25, 66, 77 [BGH 29.06.1957 - IV ZR 88/57]; BGH LM DBG §143 Nr. 4, ZPO §261 b Nr. 2, 4, GKG §74 Nr. 1).
c)
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist dabei das Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Partei selbst zuzurechnen. Das gilt nicht nur allgemein im Rahmen des §261 b Abs. 3 ZPO (BGH LM ZPO §261 b Nr. 2), sondern im besonderen für die Wahrung der Frist des §1594 BGB, auf deren Lauf die Vorschrift des §203 BGB entsprechend anwendbar ist (§1594 Abs. 3 BGB). Das Reichsgericht hat allerdings in der RGZ 158, 360 veröffentlichten Entscheidung die Auffassung vertreten, im Rahmen des §203 Abs. 2 BGB habe die Partei nicht für das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten einzustehen. Der Bundesgerichtshof hat jedoch einen dahingehenden allgemeinen Grundsatz verneint und dargelegt, der Berechtigte müsse es im allgemeinen gegen sich gelten lassen, wenn die Verjährungsfrist durch das Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten versäumt werde, weil er dieses in seinem Bereich liegende Risiko zu tragen habe (BGHZ 17, 199, 206) [BGH 04.05.1955 - VI ZR 37/54]. Der erkennende Senat hat sich dem für die Frist des §1594 BGB bereits in dem nicht näher begründeten Beschluß vom 8. Mai 1957 - IV ZA 33/57 - angeschlossen. Daran ist festzuhalten. Es ist richtig, daß die Versäumung der hier in Rede stehenden Frist wie allgemein diejenige von Fristen, die für die Ausübung familienrechtlicher Gestaltungsrechte gesetzt sind, besonders schwerwiegende Folgen hat, deren Auswirkungen in der Regel durch einen Regreßanspruch gegen den Vertreter nicht ausgeglichen werden können. Andererseits haben aber gerade die auf diesem Rechtsgebiet vorgesehenen Fristen den Zweck, möglichst bald eine Klarstellung der familienrechtlichen Beziehungen herbeizuführen und gesicherte Rechtsverhältnisse zu schaffen. Auch dort kann deshalb die Versäumung der Frist durch das Verschulden eines Vertreters nicht als höhere Gewalt bewertet werden; sie geht vielmehr zu Lasten dessen, der sich dieses Vertreters bedient.
d)
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, ungeachtet dessen, daß die Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht alles nach der Sachlage Erforderliche getan habe, sei die Verzögerung der Zustellung wesentlich auf eine nicht sachgerechte Verfahrensweise des Landgerichts zurückzuführen. Das Landgericht habe, nachdem der Kläger das Armenrechtsgesuch zurückgenommen habe, nicht nur den Kostenbeamten anweisen dürfen, vom Kläger den Prozeßkostenvorschuß anzufordern; es habe vielmehr den Kläger gemäß §139 ZPO auf den drohenden Ablauf der Anfechtungsfrist hinweisen und zum Ausdruck bringen müssen, daß bisher in Bezug auf das ordentliche Verfahren noch nichts veranlaßt worden sei. Dabei habe das Landgericht nach seiner damaligen Kenntnis davon ausgehen müssen, daß die Frist des §1594 BGB bereits ein Jahr nach der Geburt des Beklagten ablaufe, und nicht annehmen können, daß der Kläger den Prozeßkostenvorschuß, den er in Raten habe aufbringen wollen, bis dahin vollständig bezahlt haben werde. Um so mehr sei es verpflichtet gewesen, den Kläger auf den bevorstehenden Fristablauf hinzuweisen. Diese Aufklärungspflicht sei auch nicht deshalb entfallen, weil der Kläger durch eine Rechtsanwältin vertreten gewesen sei. Darüber hinaus aber sei das Landgericht bei der hier gegebenen Sachlage gehalten gewesen, zunächst allein die Klage zuzustellen, ohne gleichzeitig Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen und auch die Terminsladung zuzustellen. Zwar sei eine Terminsanberaumung, bevor die angeforderte Prozeßgebühr bezahlt worden sei, nur unter den Voraussetzungen des §74 Abs. 4 GKG a.F. statthaft; eine Zustellung der Klage sei jedoch auch ohne gleichzeitige Terminsanberaumung und Terminsladung zulässig und wirksam und hier zur Wahrung der Frist des §1594 BGB geboten gewesen. Aus diesen Gründen sei die am 21. Dezember 1957 erfolgte Zustellung der Klage noch als demnächst erfolgt anzusehen.
Diesen Ausführungen kann nicht beigetreten werden.
Eine wirksame Klagerhebung liegt zwar vor, auch wenn die Zustellung ohne eine Terminsbestimmung oder Terminsladung erfolgt ist (BGHZ 11, 175, 177 [BGH 21.11.1953 - VI ZR 130/52]; 25, 66, 77) [BGH 29.06.1957 - IV ZR 88/57]. Hier ist aber schon nicht ersichtlich, daß das Landgericht die Anschrift des gesetzlichen Vertreters des Beklagten, an den die Zustellung hätte erfolgen müssen, kannte; als solcher kam übrigens, bevor nicht das Vormundschaftsgericht dem Beklagten einen Pfleger bestellt hatte, nicht, wie in der Klageschrift angegeben, der Amtsvormund, sondern die Mutter des Beklagten in Betracht (BGH LM ZPO §640 Nr. 18). Aber auch abgesehen davon läßt sich nicht allgemein sagen, das Gericht müsse stets dann, wenn der Ablauf einer Frist drohe, die Klage auch vor der Zahlung der Prozeßgebühr ohne Terminsbestimmung und -ladung zustellen. Denn nach §261 a Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Klageschrift mit der Ladung zuzustellen; für den Regelfall kommt also nur die gleichzeitige Zustellung der Klageschrift und der Terminsladung, die wiederum von der Zahlung der Prozeßgebühr abhängt, in Betracht, und das gilt grundsätzlich auch, wenn durch die Klagerhebung eine Frist gewahrt werden soll. Anders kann es sein, wenn der Kläger in der Klageschrift ausdrücklich auf den Fristablauf hinweist und beantragt, sie unter vorläufiger Bewilligung der Kostenfreiheit zuzustellen; mindestens muß ihm dann ein Hinweis gegeben werden, falls von der Zustellung der Klage zunächst abgesehen werden s. 11 (BGHZ 25, 66, 77) [BGH 29.06.1957 - IV ZR 88/57].
Einen derartigen Hinweis oder Antrag enthält die Klageschrift nicht. Die Bemerkung, die Klage sei geboten, da der Kläger ein erhebliches rechtliches und tatsächliches Interesse an der Feststellung der Unehelichkeit des Beklagten habe, läßt sich nicht als ein Antrag, die Klage zur Fristwahrung alsbald zuzustellen, auffassen, und auch der Schriftsatz, mit dem der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts zurückgenommen wurde, besagt in dieser Hinsicht nichts. Dem Landgericht war nicht einmal der genaue Zeitpunkt des Fristablaufs, der später als ein Jahr nach der Geburt des Beklagten liegen konnte, erkennbar. Bei dieser Sachlage hatte es keine Veranlassung, von sich aus die Klage zuzustellen, bevor die Voraussetzungen des §74 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 4 GKG a.F. vorlagen. Wenn der Kläger angegeben hatte, er könne die Kosten des Rechtsstreits in Raten zahlen, so hatte er damit nicht dargetan, daß er die verhältnismäßig niedrige, nach einem Streitwert von 1.000 DM berechnete Prozeßgebühr nicht rechtzeitig entrichten würde.
Es trifft auch nicht zu, daß das Landgericht dem Kläger einen Hinweis auf den bevorstehenden Fristablauf sowie darauf, daß die Klage noch nicht zugestellt werden könne, hätte geben müssen. Der Umfang der nach §139 ZFO bestehenden Aufklärungspflicht des Gerichts kann verschieden sein je nachdem, ob die Partei selbst rechtskundig oder rechtskundig beraten ist, oder ob das nicht der Fall ist. Wird die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten, so kann das Gericht regelmäßig davon ausgehen, daß einem derart wesentlichen Erfordernis für die Durchsetzung des geltend gemachten Rechts, wie es die Einhaltung der Frist des §1594 BGB darstellt, die nötige Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ohne weiteres hat das Gericht jedenfalls dann, wenn ein Rechtsstreit von dem Kläger so wenig betrieben wird, wie es hier geschehen ist, nicht durch entsprechende Hinweise, die einseitig die beklagte Partei benachteiligen, auf die Einhaltung der Frist hinzuwirken. Nachdem das Armenrecht mangels Armut abgelehnt war und der Kläger nur erklärt hatte, er nehme den Armenrechtsantrag zurück und könne die Prozeßkosten in Raten zahlen, mußte die Prozeßbevollmächtigte des Klägers damit rechnen, daß eine zugleich mit dem Armenrechtsgesuch eingereichte Klage nicht zugestellt werde, wenn der Kläger auf die umgehend erfolgte Anforderung der Prozeßgebühr untätig blieb. Sie mußte sich vielmehr sagen, daß die durch eine solche Untätigkeit, insbesondere die Nichtzahlung der Prozeßgebühr, herbeigeführte Verzögerung der Klagezustellung bis über den Zeitpunkt des Ablaufs der Frist hinaus die Anwendbarkeit des §261 b Abs. 3 ZPO in Frage stellte (BGH LM DBG §143 Nr. 4, ZPO §261 b Nr. 2; anders, wenn die Anforderung der Prozeßgebühr unterblieben ist, BGH LM GKG §74 Nr. 1). Dadurch, daß der Kläger auf die Anforderung die Gebühr nicht zahlte und von seiner Seite erstmals wieder nach fast sieben Monaten, als die Frist des §1594 BGB bereits abgelaufen war, eine Erklärung einging, wurde die Zustellung der Klage ungebührlich hinausgezögert. Die Verantwortung dafür liegt in seinem Bereich, wobei es unerheblich ist, ob daraus seiner Prozeßbevollmächtigten ein Vorwurf zu machen ist, oder ob ein solcher Vorwurf ihn selbst trifft, weil er etwa deren ihm gegebenen Hinweisen und Ratschlägen nicht die nötige Beachtung schenkte. Die Vergünstigung des §261 b Abs. 3 ZPO für die verspätete Zustellung kann der Kläger unter diesen Umständen nicht in Anspruch nehmen.
e)
Der Kläger hat somit die Ehelichkeit des Beklagten erst am 21. Dezember 1957, dem Tage der Zustellung der Klage, und zwar später als ein Jahr seit der Geburt des Beklagten und nach dem Ablauf der Frist des §1594 BGB, angefochten. Auf Grund seiner Anfechtung kann deshalb die Unehelichkeit des Beklagten nicht festgestellt werden.
4.
Es ergibt sich daraus, daß die Voraussetzungen des §1595 a BGB für die Anfechtung durch den Staatsanwalt vorliegen. Die Erwägungen, die den Staatsanwalt zu der Anfechtung bestimmt haben, sind von dem Gericht nicht nachzuprüfen. Da feststeht, daß der damalige Ehemann der Klägerin mit der Mutter des Beklagten in der gesetzlichen Empfängniszeit keinen Geschlechtsverkehr gehabt hat, ist auf Grund der Anfechtung des Staatsanwalts festzustellen, daß der Beklagte nicht das eheliche Kind des Klägers ist.
Im Ergebnis ist also die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Berufungsgerichts in der Hauptsache unbegründet.
5.
Der Umstand, daß der Kläger nur infolge des Beitritts des Staatsanwalts obgesiegt hat, muß in der Kostenentscheidung berücksichtigt werden. Während der Oberste Gerichtshof für die britische Zone in der bereits angeführten Entscheidung den §91 a ZPO entsprechend angewendet hat (OGHZ 3, 198, 203), ist von dem erkennenden Senat in dem ebenfalls schon angeführten Urteil vom 3. April 1952 - IV ZR 141/51 -, das insoweit LM BGB §1595 a Nr. 1 nicht veröffentlicht ist, erwogen worden, ob dem §97 Abs. 2 ZPO ein allgemeiner Rechtsgedanke zu entnehmen sei, in dessen Anwendung dem Ehemann nach dem im Revisionsrechtszug erfolgten Beitritt des Staatsanwalts die Kosten der Vorinstanzen aufzuerlegen wären; der Senat hat das jedoch bei der dort gegebenen Sachlage verneint. Das Reichsgericht hat in der RGZ 160, 369, 372 veröffentlichten Entscheidung die §§91, 92, 97 ZPO angewendet.
Hier kommt die entsprechende Anwendung des §97 Abs. 2 ZPO in Betracht. Hiernach muß die obsiegende Partei die Kosten der Berufungsinstanz tragen, wenn der Rechtsstreit in dieser zu ihren Gunsten auf Grund eines neuen Vorbringens entschieden ist, das sie schon in der ersten Instanz rechtzeitig hätte geltend machen können. Diese Bestimmung bringt einen allgemeinen Grundsatz zum Ausdruck und ist der entsprechenden Anwendung fähig. Wenn eine Partei erst in der Rechtsmittelinstanz infolge eines in der Rechtsmittelinstanz eingetretenen Umstandes obsiegt, der nicht dem Bereiche der Gegenpartei, sondern ihrem Bereich zuzurechnen ist, dann sind die dadurch entstandenen Mehrkosten in entsprechender Anwendung des §97 Abs. 2 ZPO von dem obsiegenden Teil zu tragen. Daraus ist für den vorliegenden Fall die Folgerung zu ziehen, daß der Kläger die Kosten des Berufungs- und Revisionsrechtszuges tragen muß, abgesehen von den außergerichtlichen Kosten des Staatsanwalts. Für diese und die Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der Regel des §91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, nach der der unterlegene Beklagte die Kosten zu tragen hat. Denn der Kläger hat nur dadurch obgesiegt, daß der Staatsanwalt ihm im Revisionsrechtszug als Streitgenosse beigetreten ist. Daß das nicht schon im ersten Rechtszuge geschehen ist, ist dem Bereich des Klägers zuzurechnen.
6.
Unter teilweiser Änderung der in dem angefochtenen Urteil getroffenen Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ist deshalb die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges sind dem Kläger aufzuerlegen, ebenso die Kosten des Revisionsrechtszuges, abgesehen von den außergerichtlichen Kosten des Staatsanwalts. Mit diesen ist der Beklagte zu belasten, der nach dem insoweit bestätigten Urteil des Berufungsgerichts auch die Kosten des ersten Rechtszuges trägt.