Oder er möchte die strategische Grundlage für eine Kündigung schaffen.
Wie ist die Rechtsgrundlage der Abmahnung?
Geregelt ist unter anderem die arbeitsrechtliche Abmahnung in § 314 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese Vorschrift stellt für sogenannte Dauerschuldverhältnisse – neben den Arbeitsvertrag kann dies zum Beispiel auch ein unbefristeter Miet- oder Pflegevertrag sein – fest: Wenn eine vertragliche Pflicht verletzt wurde, ist die Kündigung insbesondere erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig.
Im Arbeitsvertrag werden Abmahnungen wegen verhaltens- oder leistungsbezogener Gründe praktisch immer erforderlich sein. Allerdings kann eine Abmahnung entfallen, wenn eine durchaus mögliche Verhaltensänderung – auch aus Sicht eines am Streit nicht beteiligen Dritten – in der Zukunft nicht zu erwarten ist. Das Gleiche gilt, wenn die Vertragsverletzung so schwer war, dass der „Täter“ wissen musste, dass sie zur Kündigung führen muss, oder das Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis so erheblich stört, dass es selbst nach einer Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann.
Wie sind im Arbeitsrecht die Fristen für eine Abmahnung?
Einmal ist zu fragen, ob der Arbeitgeber auch wegen Vorfällen abmahnen darf, die lange zurückliegen. Hier lautet die Antwort: Ja, im Prinzip. Ist das Fehlverhalten allerdings dem Arbeitgeber bekannt und mahnt er es nicht ab, weckt dies möglicherweise Zweifel, ob er darin einen wirklich gravierenden Fehler gesehen hat.
Ebenfalls keine eindeutigen Fristen gibt es mit Blick auf eine bereits vorliegende Abmahnung. Zwar verliert eine Abmahnung insbesondere dann im Lauf der Zeit ihr „Drohpotenzial“, wenn sich der Arbeitnehmer die Sache zu Herzen nimmt und kein weiteres Fehlverhalten mehr vorkommt – wann es aber soweit ist, hängt von der Art und Schwere des abgemahnten Sachverhalts ab. Nach einer Abmahnung wegen verspäteten Arbeitsantritts und fünfjährigem Wohlverhalten wird z.B. eine Kündigung wegen einer erneuten Verspätung erst wieder nach einer neuen Abmahnung und weiterem, neuen Fehlverhalten in Frage kommen.
Möchte der Arbeitnehmer die Abmahnung aus seiner Personalakte entfernen lassen, weil er sie für unberechtigt hält, gibt es dafür regelmäßig auch keine Frist – allerdings ist natürlich klar, dass zum Beispiel Beweise mit der Zeit „kalt“ werden oder sich Kollegen als mögliche Zeugen nicht mehr erinnern können oder ihr Gedächtnis sich ihren eigenen Interessen „anpasst“.
Muss eine Abmahnung vom Arbeitgeber unterschrieben sein?
Der Arbeitgeber bzw. der Mitarbeiter, der gegenüber dem abgemahnten Arbeitnehmer weisungsberechtigt ist, muss die Abmahnung unterschreiben – wenn es sich um eine schriftliche Abmahnung handelt.
WICHTIG: Der abgemahnte Arbeitnehmer muss dies nicht tun!
Der Arbeitnehmer kann nicht dazu genötigt werden, sein Fehlverhalten durch seine Unterschrift zu bestätigen. Neben Datum und Unterschrift des Arbeitgebers muss die Abmahnung eine exakte Darstellung der verletzten Pflichten mit Datum und gegebenenfalls näherem Zeitpunkt enthalten. Sie muss darauf hinweisen, welche Bestimmungen des Arbeitsvertrags verletzt wurden, dazu auffordern, das jeweilige Verhalten zu beenden und mit der verhaltensbedingten Kündigung drohen, falls dies nicht geschehen sollte.
Kann eine Abmahnung mündlich erfolgen?
Der Arbeitgeber ist nicht dazu gezwungen, schriftlich abzumahnen, auch wenn sich dies in vielen Branchen so etabliert hat. Aus Beweisgründen herrscht inzwischen wohl die schriftliche Form vor.
Welche Abmahngründe gibt es?
Damit eine Abmahnung ausgesprochen werden kann, muss das Verhalten, das beanstandet wird, gegen den Arbeitsvertrag verstoßen und vom Arbeitnehmer – soweit er es nur will – geändert werden können. Das heißt einmal: Fehlzeiten, die durch Krankheit bedingt sind, haben beispielsweise in einer Abmahnung nichts zu suchen, weil der Arbeitnehmer daran prinzipiell nichts ändern kann.
Außerdem ist klar: Absolut „lässliche Sünden“ können nicht abgemahnt werden, was dies aber im konkreten Arbeitsverhältnis bedeutet, kann unterschiedlich sein – in einem Beruf der sogenannten Kreativwirtschaft bedeutet „Arbeitsverweigerung“ möglicherweise etwas anderes als beim Polier auf der Baustelle.
Einige typische Gründe für Abmahnungen sind:
- Arbeitsverweigerung oder Nichtbeachtung von Anweisungen des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber verfügt über das sogenannte Direktionsrecht, das heißt, soweit nicht insbesondere der Arbeitsvertrag etwas anderes vorgibt, bestimmt er, wann, wo und wie die Leistung zu erbringen ist. Im Einzelfall kann der Arbeitnehmer die Leistung z.B. dann verweigern, wenn die Weisung rechtswidrig ist. Allerdings wird von ihm dann normalerweise verlangt, dass er zunächst eine gerichtliche Entscheidung über die Frage herbeiführt, ob dies wirklich der Fall ist.
- Verstoß gegen ein zulässiges oder gesetzlich vorgegebenes Verbot von Alkohol am Arbeitsplatz. Ergibt sich das Verbot nicht bereits aus gesetzlichen Bestimmungen (z.B. Straßenverkehrs- oder Luftverkehrsrecht), ist ein solches Verbot unter Umständen unwirksam, wenn ein vorhandener Betriebsrat nicht dazu angehört wurde.
- Verstoß gegen die betriebliche Ordnung. Dies kann beispielsweise Fehler in der Sicherung von wichtigen Daten, die Beschädigung von Betriebseigentum, Verspätungen oder das Überziehen von Pausen betreffen. Die private Nutzung des Firmencomputers zum Internet-Surfen kann von Arbeitgebern untersagt, ein Verstoß abgemahnt werden. Ist nicht klar, ob ein Verbot besteht, sollte grundsätzlich getan werden, was höfliche Menschen tun: Nachfragen. Ein geringwertiger Diebstahl von Firmeneigentum wird heute regelmäßig nicht mehr zwingend als Grund für eine fristlose Kündigung gesehen, ein Grund zur Abmahnung liegt selbstverständlich vor.
Muss der Betriebsrat eingebunden werden? Wenn ja wie?
Der Betriebsrat muss im Regelfall nicht eingebunden werden, also einer gewöhnlichen Abmahnung zum Beispiel nicht zustimmen. Er kann allerdings beanspruchen, über Abmahnungen in Kenntnis gesetzt zu werden, um beurteilen zu können, ob es sich um eine gewöhnliche Abmahnung handelt oder um eine Vorgehensweise, bei der er mitbestimmungsberechtigt ist.
Wendet sich der Arbeitnehmer an den Betriebsrat, darf der Betriebsrat – soweit er die Beschwerde des Kollegen für berechtigt hält – beim Arbeitgeber darauf drängen, dass die Abmahnung zurückgenommen wird. Schließlich können zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sogenannte Betriebsvereinbarungen geschlossen werden, die z.B. die Fristen regeln, nach denen eine Abmahnung wieder aus der Personalakte entfernt werden muss.
Können Sanktionen wegen einer Abmahnung erfolgen? Wenn ja welche (Gehaltskürzung)?
Sind mit der Abmahnung solche „Strafen“ wie eine Betriebsbuße, muss eine entsprechende „Bußordnung“ zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vorliegen. Der Betriebsrat ist zu beteiligen. Eine Betriebsbuße kann, muss aber nicht mit einer Abmahnung identisch sein – das Instrumentarium ist insgesamt auch ein wenig antiquiert und stammt aus einer Zeit, in der z.B. die Arbeitnehmer mit 10-Mark-Sanktionen vom Rauchen am Arbeitsplatz abgehalten wurden.
Grundsätzlich berührt das Interesse des Arbeitgebers an einer Gehaltsminderung die Frage der Leistungsbeurteilung, die nicht zwingend auch eine Frage der Abmahnung ist. Während die Abmahnung darauf abzielt, den Arbeitnehmer z.B. dazu zu motivieren, künftig die geforderte Leistung zu erbringen, besagt eine Gehaltskürzung: a) der Arbeitnehmer hat in der Vergangenheit seine Leistung nicht erbracht und b) er wird es möglicherweise auch in Zukunft nicht tun. Beide Anliegen können miteinander verbunden werden, sollten sich aber nicht widersprechen – z.B. darin künftig weniger zahlen zu wollen, aber die Leistungserwartungen an den Arbeitnehmer beibehalten zu wollen. Werden hier gewisse Grenzen überschritten, hat man es unter Umständen nicht mehr mit einer Abmahnung, sondern mit einer Änderungskündigung zu tun – bei der den unter Umständen der Betriebsrat ein Wort mitzureden hätte.
Kann eine Abmahnung angefochten werden? Wenn ja, wie?
Der Arbeitnehmer sollte, wenn er eine Abmahnung erhalten hat, Zeugen um eine Stellungnahme bitten bzw. Urkunden sichern, die belegen könnten, dass die Abmahnung unberechtigt war (z.B. Parkticket, das Ankunftszeit gegenüber dem Zeiterfassungssystem des Arbeitgebers dokumentiert).
Schriftliche Abmahnungen sollten vom Arbeitnehmer nicht unterschrieben werden. Der Arbeitnehmer kann und sollte, wenn er sich sicher ist, sich dabei selbst nicht in Unklarheiten oder Selbstwidersprüchen zu verstricken, eine Gegendarstellung einreichen, die zu seiner Personalakte genommen werden muss – hier kann er seine Sicht darstellen. Schließlich kann der Arbeitnehmer auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte klagen. Der Arbeitgeber ist dann beweispflichtig, dass die Gründe zur Abmahnung vorlagen. Zwar kann der Arbeitnehmer diese Umstände auch später, sollte es zu einem Kündigungsschutzprozess kommen, immer noch vorbringen – er muss also nicht unmittelbar auf die Abmahnung per Gegendarstellung und/oder Klage reagieren –, allerdings wird es ihm dann möglicherweise schwerer fallen, dagegen vorzugehen, weil sich z.B. mehr als eine Abmahnung angesammelt hat oder Kollegen nicht mehr als Zeugen zur Verfügung stehen, die Beweise des Arbeitgebers zu entkräften.
Wird eine Abmahnung in der Personalakte vermerkt?
Grundsätzlich ja. Denkbar ist, dass zum Beispiel eine mündliche Ermahnung den Anforderungen einer Abmahnung genügt („Sie waren heute schon wieder unpünktlich. Wenn Sie das nicht ändern, werden wir Ihnen kündigen …“), aber nicht in der Akte dokumentiert wird. In einer stark von Mündlichkeit geprägten Unternehmenskultur (z.B. am Bau) mag die Abmahnung trotzdem beachtlich sein, in schriftlich geprägten Arbeitsumgebungen – in der Welt der Angestellten – ist die Akte heute das A und O. Je nachdem, wie gravierend der Gegenstand war ist die Abmahnung aus der Akte zu entfernen bzw. sie verliert an Kraft, wenn es darum geht eine Kündigung zu rechtfertigen.