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Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr

 Normen 

§ 315d StGB

§ 315f StGB

Nr. 1.1 der Anlage 12 zur FeV

Nr. 1.6 der Anlage 13 zur FeV

Nr. 2.1.6 der Anlage 13 zur FeV

§ 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BKatV

 Information 

1. Einführung

Immer häufiger sind Fälle von illegalen Kraftfahrzeugrennen zu beobachten, bei denen Unbeteiligte getötet oder schwer verletzt werden. Vielerorts gibt es eine etablierte "Raser-Szene", die als Freizeitbeschäftigung regelmäßig nicht genehmigte Rennen durchführt. Diese finden in Form überörtlicher Veranstaltungen und als lokale, teils spontane Beschleunigungsrennen statt. Das vormals geltende Recht behandelte solche Rennen als eine verbotene Form der übermäßigen Straßenbenutzung. Verstöße gegen das Verbot wurden als Ordnungswidrigkeiten geahndet.

Zum 13.Oktober 2017 ist mit den § 315d StGB ein neuer Straftatbestand der Veranstaltung von oder der Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen in Kraft getreten:

Hinweis:

Mit § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB wird die Bekämpfung von Unfällen durch nicht angepasste Geschwindigkeit des Fahrers geregelt. Siehe hierzu den Beitrag "Geschwindigkeit im Straßenverkehr".

2. Der Straftatbestand

Danach ist in einer Nummer 1 die Strafbarkeit des Veranstaltens eines nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennens vorgesehen, in einer Nummer 2 die der Teilnahme als Kraftfahrzeugführer an einem solchen Rennen. Wie bisher soll ausschließlich die Beteiligung an nicht genehmigten Rennen geahndet werden. Damit bleiben Wettbewerbe, für die die zuständigen Stellen auf Antrag nach § 46 Abs. 2 S. 1 und 3 StVO eine Genehmigung erteilt haben, von der Strafdrohung ausgenommen.

Ein Rennen ist ein Wettbewerb oder Wettbewerbsteil zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen, bei denen zwischen mindestens zwei Teilnehmern ein Sieger durch Erzielung einer möglichst hohen Geschwindigkeit ermittelt wird, wobei es einer vorherigen Absprache aller Beteiligten nicht bedarf (vgl. OLG Hamm 05.03.2013 - 1 RBs 24/13). Wie sich hieraus ergibt, ist der Begriff der Teilnahme an einem Rennen nicht im Sinne der Bestimmungen des Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches als Anstiftung oder Beihilfe zu verstehen, sondern als Tätigkeit derjenigen Kraftfahrzeugführer, die untereinander den Geschwindigkeitswettbewerb austragen. Der Veranstalter eines Rennens ist nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/10145) derjenige, der als geistiger und praktischer Urheber, Planer und Veranlasser die Veranstaltung vorbereitet, organisiert oder eigenverantwortlich ins Werk setzt. Tätigkeiten, die ausschließlich im Stadium der Durchführung erbracht werden, genügen nicht, um eine Veranstaltereigenschaft zu begründen (vgl. OLG Karlsruhe 24.11.2010 - 3 SsBs 559/10). Die Strafbarkeit einer Beteiligung von anderen als den teilnehmenden Kraftfahrzeugführern im Durchführungsstadium und von Hilfspersonen im Vorbereitungsstadium richtet sich nach den allgemeinen Regeln von Täterschaft und Teilnahme.

Um das Sanktionsinstrumentarium zusätzlich wirksam zu erweitern, wurde der neue Tatbestand in den Katalog der Delikte aufgenommen, die in der Regel zur Entziehung der Fahrerlaubnis (Fahrerlaubnis - Verlust) führen.

3. Rechtsprechung

Das Landgericht Berlin hat im März 2019 seine Verurteilung wegen Mordes gegen zwei Fahrer eines illegalen Autorennens bestätigt (LG Berlin 26.03.2018 - 532 Ks 9/18). Der BGH hatte zunächst die Verurteilung wegen Mordes aufgehoben.

Mit dem Urteil BGH 18.02.2021 - 4 StR 266/20 hat der BGH auch das Urteil LG Kleve 17.02.2020 - 507 Js 281/19 aufgehoben, in dem zwei Männer wegen Mordes verurteilt wurden, die sich zu einem Kraftfahrzeugrennen verabredet hatten: "Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte in seiner Einlassung ausdrücklich vorgebracht hat, unter anderem wegen der weit einsehbaren Bismarckstraße als Vorfahrtsstraße darauf vertraut zu haben, dass es zu keinem Unfall komme. Auf diesen Teil der Einlassung des Angeklagten ist das Landgericht bei seinen beweiswürdigenden Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht mehr zurückgekommen."

Der BGH hat den Begriff des Kraftfahrzeugrennens wie folgt bestimmt (BGH 11.11.2021 - 4 StR 511/20):

"Ein Kraftfahrzeugrennen im Sinne des § 315d Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB ist ein Wettbewerb zwischen wenigstens zwei Kraftfahrzeugführern, bei dem es zumindest auch darum geht, mit dem Kraftfahrzeug über eine nicht unerhebliche Wegstrecke eine höhere Geschwindigkeit als der andere oder die anderen teilnehmenden Kraftfahrzeugführer zu erreichen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Teilnehmer zueinander in Bezug auf die Höchstgeschwindigkeit, die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit oder die schnellste Beschleunigung in Konkurrenz treten".

Zudem hat der BGH in dem obigen Urteil die Voraussetzungen für eine Teilnahme und Nebentäterschaft festgelegt:

"§ 315d Abs. 2 StGB ist ein eigenhändiges Delikt. Ein Teilnehmer an einem nicht erlaubten Kraftfahrzeugrennen (...) erfüllt den Qualifikationstatbestand des § 315d Abs. 2 StGB in objektiver Hinsicht deshalb nur, wenn er durch sein eigenes Fahrverhalten während der Rennteilnahme eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter verursacht und zwischen seinem Verursachungsbeitrag und dem Gefährdungserfolg ein innerer Zusammenhang besteht. Nebentäterschaft kann vorliegen, wenn ein und derselbe Gefährdungserfolg von mehreren Rennteilnehmern herbeigeführt wird. Dies setzt voraus, dass sich die Rennteilnehmer in derselben kritischen Rennsituation befinden und zwischen den jeweiligen Mitverursachungsbeiträgen und dem konkreten Gefährdungserfolg ein örtlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht."

 Siehe auch 

Betriebsgefahr

Fahrzeugführer - Haftung

Geschwindigkeit im Straßenverkehr

Verkehrsunfall - Allgemein

Bachmeier/Müller: Verkehrsrecht. Kommentar; 3. Auflage 2017

Himmelreich/Halm: Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht; 7. Auflage 2022

Preuß: Die Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen de lege lata und de lege ferenda; Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht - NZV 2017, 105