Geschäftsführerhaftung | Lastschriftwiderruf durch vorläufigen Insolvenzverwalter (FG)

Zivilrecht, Prozess und Zwangsvollstreckung
04.08.20091997 Mal gelesen

Widerruft der vorläufige Insolvenzverwalter die vom Geschäftsführer einer Gesellschaft erteilte Einzugsermächtigung und kommt es dadurch zur Rückbuchung der an das Finanzamt gezahlten Lohnsteuern, haftet der Geschäftsführer nicht für die Lohnsteuerschuld (FG Münster, Urteil v. 2.7.2009 - 10 K 1549/08 L).

Im Streitfall hatte der Geschäftsführer einer Gesellschaft die Lohnsteuern ordnungsgemäß angemeldet. Aufgrund der bestehenden Lastschrifteinzugsermächtigung buchte das Finanzamt die angemeldeten Steuern zunächst vom Konto der Gesellschaft ab. Nachdem die Gesellschaft jedoch einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen musste, widerrief der vom Amtsgericht bestellte vorläufige Insolvenzverwalter alle bestehenden Einzugsermächtigungen. Die Bank buchte die Lohnsteuern zurück, das Finanzamt nahm - weil von der insolventen Gesellschaft keine Zahlungen zu erwarten waren - den Geschäftsführer in Haftung (§§ 69, 34 AO). Dieser habe es - so das Finanzamt - pflichtwidrig unterlassen, beim Insolvenzverwalter darauf hinzuwirken, dass die fälligen Lohnsteuern entrichtet werden.

Hierzu führte das Gericht weiter aus: Die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme des Klägers liegen nicht vor. Zwar ist der Geschäftsführer trotz der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters weiterhin für die ordnungsgemäße Erfüllung der steuerlichen Pflichten der Gesellschaft verantwortlich, wenn - wie im Streitfall - kein allgemeines Verfügungsverbot angeordnet worden ist. Der Geschäftsführer kann schließlich weiterhin - wenn auch nur mit Zustimmung des Insolvenzverwalters - für die Gesellschaft handeln. Jedoch ist im Streitfall nicht ersichtlich, dass die unterlassene Aufforderung an den Insolvenzverwalter, die Lohnsteuern an das Finanzamt zu überweisen, für den eingetretenen Steuerschaden ursächlich geworden ist. Ein Unterlassen ist nur dann ursächlich, wenn mit Sicherheit festgestellt werden kann, dass der Haftungsschaden ohne die Pflichtverletzung nicht eingetreten wäre. Zwar ist es denkbar, dass der vorläufige Insolvenzverwalter seine Zustimmung zur Entrichtung der rückständigen Steuern erteilt hätte. Hierzu ist dieser jedoch - dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des BGH - nicht verpflichtet gewesen. Daher kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, dass das Unterlassen des Klägers schadensursächlich geworden ist. Außerdem hat der Kläger nicht schuldhaft gehandelt. Der Kläger hat in Anbetracht der Rechte und Pflichten des vorläufigen Insolvenzverwalters nicht davon ausgehen können, dass dieser der Überweisung der Lohnsteuern zustimmen werde (Quelle: FG Münster, Pressemitteilung v. 3.8.2009)
 

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