Veröffentlichungen von Beanstandungen im Enforcementverfahren nach § 37q WpHG

Wirtschaft und Gewerbe
09.03.2009 1557 Mal gelesen

Mit dem Ende 2004 in Kraft getretenen Bilanzkontrollgesetz wurde zum 01.07.2005 das Enforcementverfahren zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Unternehmensabschlüssen eingeführt. Ziel ist es, die Abschlüsse der Unternehmen in Deutschland, deren Wertpapiere an der Börse zum Handel zugelassen sind, auf deren formelle und inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Hiedurch soll Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung von Unternehmensabschlüssen und -berichten präventiv entgegen gewirkt werden und das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit von Unternehmensabschlüssen gestärkt und die Integrität und Stabilität des Kapitalmarktes gefördert werden. Geregelt ist das Verfahren in §§ 37n ff WpHG. Nach § 37 n WpHG hat die BaFin im Enforcement-Verfahren - unter Berücksichtigung der vorrangigen Zuständigkeit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung auf der ersten Stufe des Prüfungsverfahrens - die Aufgabe zu kontrollieren, ob der Jahresabschluss und der zugehörige Lagebericht oder der Konzernabschluss und der zugehörige Konzernlagebericht von Unternehmen, deren Wertpapiere im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG an einer inländischen Börse zum Handeln im amtlichen oder geregelten Markt zugelassen sind, den gesetzlichen Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung oder den sonstigen durch Gesetz zugelassenen Rechnungslegungsstandards entspricht. Allerdings führt nicht jeder Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften und die IAS / IFRS oder sonstige Rechnungslegungsgrundsätze zu einer Fehlerfeststellung im Sinne des § 37 q Abs. 1 WpHG. Vielmehr ist die Rechnungslegung erst dann fehlerhaft, wenn ein oder mehrere Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften allein oder in ihrer Gesamtheit wesentlich sind. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften des Enforcement-Verfahrens (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.01.2009, Az. WpÜG 1 und 3/08). Eine Fehlerfeststellung im Enforcement-Verfahren darf nur dann erfolgen, wenn die geprüfte Rechnungslegung einen oder mehrere Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung oder den sonst durch Gesetz zugelassenen Rechnungslegungsstandards aufweist, die entweder für sich allein betrachtet oder in ihrer Gesamtheit aus der Sicht des Kapitalmarktes wesentlich sind. Hiermit sind nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich solche Fälle gemeint, in denen es zwar konkrete Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Rechnungslegung gibt, im Falle ihrer Bestätigung jedoch unter dem Blickwinkel der korrekten Information des Kapitalmarktes keine Notwendigkeit besteht, dem weiter nachzugehen, weil die Auswirkungen belanglos sind, es also nur um offensichtlich unwesentliche Verstöße gegen Rechnungslegungsvorschriften geht (vgl. Begründung RegE BiKolG BT-Drucks. 15/3421 S. 14 und 17). Für die Beurteilung der Wesentlichkeit ist nicht nur isoliert auf die einzelnen Rechnungslegungsverstöße abzustellen. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung geboten, da auch die Summe von Abweichungen und Fehlern, die für sich betrachtet von untergeordneter Bedeutung sein mögen, zu dem Gesamturteil der Fehlerhaftigkeit der Rechnungslegung führen können. Eine Vielzahl kleinerer Abweichungen kann auch ein Indiz dafür sein, dass die Rechnungslegung generell unzuverlässig ist oder nachlässig gehandhabt wurde (OLG Frankfurt, Beschluss vom 22.01.2009, Az. WpÜG 1 und 3/08). Gem. § 37q WpHG ordnet die Bundesanstalt an, dass das Unternehmen den von der Bundesanstalt oder den von der Prüfstelle im Einvernehmen mit dem Unternehmen festgestellten Fehler samt den wesentlichen Teilen der Begründung der Feststellung bekannt zu machen hat. Die Bundesanstalt sieht von einer Anordnung nach Satz 1 ab, wenn kein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung besteht. Auf Antrag des Unternehmens kann die Bundesanstalt von einer Anordnung nach Satz 1 absehen, wenn die Veröffentlichung geeignet ist, den berechtigten Interessen des Unternehmens zu schaden. Das OLG Frankfurt hat im konkreten Fall entschieden, dass eine befürchetete negative Beeinflussung des Aktienkurses oder sonstige typischerweise mit einer Fehlerbekanntmachung für das betroffenen Unternehmen einhergehende Folgen zur Begründung des nur in Ausnahmefällen zulässigen Absehens von der Anordnung der Fehlerveröffentlichung zum Schutz berechtigter Interessen des Unternehmens nicht ausreichen. Tragen zu dem Gesamturteil einer fehlerhaften Rechnungslegung auch einzelne Verstöße bei, die für sich genommen als nicht gravierend einzustufen sind, so führt dies nicht zu einer nur teilweisen Bekanntmachung, da die Veröffentlichungspflicht grundsätzlich für die Gesamtheit der Einzelverstöße gilt (Pressemitteilung des OLG Frankfurt zum Beschluss vom 22.01.2009, Az. WpÜG1 und 3/08). Die Fehlerbekanntmachung ist nach der Systematik des Gesetzes das zentrale Durchsetzungselement des Enforcement-Verfahrens, da der deutsche Gesetzgeber sonstige unmittelbare Rechtsfolgen oder Sanktionen für die Unternehmen nicht eingeführt hat. Die Ausnahmeregelung, von einer Veröffentlichhung abzusehen, wird sehr eng ausgelegt. Von ihr wird zukünftig nur in ganz wenigen und außergewöhnlichen Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden. Was die konkreten Voraussetzungen hierfür sind, wird sich erst im Laufe der kommenden Rechtsprechung
abzeichnen.