Insolvenzgericht soll Treuhändern nicht zur Rückzahlung unberechtigterweise eingezogener Zahlungen anweisen dürfen

Insolvenzgericht soll Treuhändern nicht zur Rückzahlung unberechtigterweise eingezogener Zahlungen anweisen dürfen
29.10.2013651 Mal gelesen
Das Insolvenzgericht ist nach Ansicht des Landgerichts Mönchengladbach im Rahmen seiner Aufsicht über den Treuhänder nicht berechtigt, Rückzahlungsanordnungen bezüglich von ihm wegen Unpfändbarkeit zu Unrecht einbehaltener Zahlungen Dritter zu treffen.

Manchmal scheinen Insolvenzschuldner von der Justiz auf den Arm genommen zu werden, insbesondere wenn sie gegen pflichtwidrig handelnde Treuhänder vorgehen wollen:

 

Am 10. September 2003 hat das Amtsgericht über das Vermögen des Schuldners wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und einen Treuhänder ernannt. Der Schuldner lebt von Renteneinkünften. Mit Schreiben vom 19. September 2007 hat die X Lebensversicherungsgesellschaft den Leistungsanspruch des Schuldners wegen Berufsunfähigkeit anerkannt und eine Rentennachzahlung in Höhe von 23.143,80 € auf das Konto des Treuhänders bewirkt. Die dem Schuldner für November 2005 zustehende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 664,68 € ist von ihr ebenfalls auf das Konto des Treuhänders überwiesen worden Ein dem Schuldner aufgrund des vor dem Arbeitsgericht Mönchengladbach geschlossenen Vergleiches vom 19. Januar 2005 zustehenden Abfindungsbetrag hat der frühere Arbeitgeber des Schuldners ebenfalls auf das Konto des Treuhänders ausgezahlt.

Daraufhin hat der Schuldner am 10. Oktober 2005 beim Landgericht Mönchengladbach Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Zahlungsklage gegen den Treuhänder auf Rückzahlung der zur Insolvenzmasse gezogenen Berufsunfähigkeitsrentennachzahlung und der arbeitsrechtlichen Abfindung gestellt. Der Antrag wurde zurückgewiesen: das Insolvenzgericht sei für das Begehren gegen den Treuhänder zuständig. Das Oberlandesgericht bestätigte diese Entscheidung.

Also beantragte unser Schuldner beim Insolvenzgericht, den Treuhänder anzuweisen, die zu Unrecht eingezogenen Beträge an den Schuldner auszuzahlen.

Mit Beschluss vom 11. Oktober 2007 hat das Amtsgericht sodann angeordnet, dass der von der X Lebensversicherung auf das Konto des Treuhänders gezahlte Betrag von 23.143,80 € sowie weitere 664,68 € an den Prozessbevollmächtigten des Schuldners auszuzahlen seien. Der Treuhänder legte sofortige Beschwerde ein, der das Insolvenzgericht nicht abhalf, sondern dem Landgericht vorlegte.

 

Das Landgericht gab der sofortigen Beschwerde des Treuhänders statt und hob die Entscheidung des Insolvenzgerichts auf.

Zwar sei die vom Amtsgericht ausgesprochene Feststellung der Unpfändbarkeit der Rentennachzahlung materiell-rechtlich nicht zu beanstanden, denn eine Berufsunfähigkeitsrente ist unpfändbar und somit nicht Teil der Insolvenzmasse.

Die Feststellung, dass die Berufsunfähigkeitsrente unpfändbar und damit nicht Teil der Insolvenzmasse ist, habe der Schuldner mit seinem Antrag vom 26. November 2005 jedoch nicht geltend gemacht. Der Schuldner habe mit Antrag vom 26. November 2005 in erster Linie die Auszahlung der vom Treuhänder vereinnahmten Rentennachzahlung an seinen Verfahrensbevollmächtigten beantragt und darauf hingewiesen, dass dieser Antrag auch als Vollstreckungsschutzantrag aufzufassen sei.

Der Beschluss des Insolvenzgerichts vom 31. Juli 2007 verstößt damit gegen den in jedem Verfahren zu beachtenden Rechtsgedanken, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Aufgrund dieses von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensfehlers konnte der Beschluss vom 31. Juli 2007 keinen Bestand haben.

Das Insolvenzgericht war mithin nicht berechtigt, den Treuhänder hier anzuweisen, die Rentennachzahlung und die Rente für den Monat November 2005 an den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners aus der Insolvenzmasse auszukehren.

Es unterliege nicht der Aufsicht des Insolvenzgerichts, ob der Verwalter bei Meinungsverschiedenheiten mit anderen Beteiligten die rechtliche Zuordnung eines Vermögensgegenstandes zutreffend beurteilt oder Ansprüche verletzt, in dem er etwa Aus- oder Absonderungsrechte missachtet oder Forderungen nicht anerkennt. Dazu seien die ordentlichen Zivilgerichte zuständig.

Die Möglichkeit, den Treuhänder auf Zahlung der Rentenbeträge zu verklagen, sei dem Schuldner hier auch nicht durch die Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts verwehrt. Denn das Landgericht und das Oberlandesgericht haben im Rahmen eines Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens die unzutreffende Auffassung vertreten, dass das Insolvenzgericht zur Entscheidung, ob die vereinnahmten Beträge dem Schuldner zustehen, berufen sei.

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Fazit: Der Schuldner hat hier anscheinend seinen Prozesskostenhilfe-Antrag mit Klagentwurf für die Klage gegen den Treuhänder unsorgfältig formuliert., ansonsten wäre er von den Gerichten nicht hin und her geschickt worden.

(Quelle: Landgericht Mönchengladbach, Beschluss vom 19.03.2008; 5 T 425/07

Vorinstanz: Amtsgericht Mönchengladbach, Beschl. vom 31.07.2007; 32 IK 143/03)

 

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