Niederlassungsbegriff zur Zuständigkeitsbegründung für ein Sekundärinsolvenzverfahren

Niederlassungsbegriff zur Zuständigkeitsbegründung für ein Sekundärinsolvenzverfahren
25.10.2013267 Mal gelesen
Nach Ansicht des Landgerichts Hildesheim ist die für den Begriff der Niederlassung im Sinne der EuInsVO erforderliche nach außen gerichtete und für Dritte erkennbare, dauerhafte wirtschaftliche Aktivität mit der Verwaltung einer Warenhausimmobilie gegeben.

Die Europäische Insolvenzverordnung erlaubt, wenn in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Schuldners eröffnet worden ist, in einem anderen Mitgliedstaat die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahren zu beantragen. Unabdingbare Voraussetzung ist unter anderem aber, dass der Schuldner am Ort, wo das Sekundärinsolvenzverfahren zu eröffnen ist, eine Niederlassung unterhält. .

 

Über das Vermögen einer Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden, ist mit Beschluss des niederländischen Insolvenzgerichts am 16. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Schuldnerin ist Eigentümerin diverser Grundstücke im Amtsgerichtsbezirk Gifhorn. Diese stellt den einzigen Vermögensgegenstand der Schuldnerin dar. Zu Gunsten einer Gläubigerin ist im Grundbuch eine Gesamtgrundschuld in Höhe von 320.000.000 Euro eingetragen.

Die Gläubigerin beantragte die Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens. Die Schuldnerin beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie ist der Auffassung, dass die Zuständigkeit des Amtsgerichts Gifhorn nicht gegeben sei, da die Schuldnerin dort keine Niederlassung habe. Das Amtsgericht Gifhorn eröffnete das Sekundärinsolvenzverfahren. Gegen diesen Beschluss legten sowohl die Schuldnerin, als auch der niederländische (Haupt)-Insolvenzverwalter sofortige Beschwerde ein.

 

Das Landgericht Hildesheim wies die sofortige Beschwerde als unbegründet zurück.

Die Insolvenzschuldnerin unterhielt im Zeitpunkt der Insolvenzantragstellung eine selbstständige Niederlassung im Bezirk des Insolvenzgerichts Gifhorn. Die erforderliche nach außen gerichtete und für Dritte erkennbare, dauerhafte wirtschaftliche Aktivität war mit der Verwaltung der Warenhausimmobilie gegeben. Der Personaleinsatz konnte hierbei wie vorliegend durch die Immobilienverwaltungsgesellschaft C-GmbH auch durch Personen geleistet werden, die auf Grund von Geschäftsbesorgungsverträgen oder Aufträgen eingesetzt werden. Die weit gefasste Legaldefinition des Begriffs der Niederlassung in der Europäischen Insolvenzordnung enthalte keinen Hinweis, dass der Einsatz von Personal zwingend durch eigene Arbeitnehmer erfolgen müsse.

Weiterer Voraussetzungen bedurfte es für die Begründung der internationalen Zuständigkeit nicht.

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Fazit: Der Antrag auf Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens bedarf sorgfältiger Prüfung durch einen Anwalt, hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind, aber auch, ob es überhaupt sinnvoll ist, im konkreten Einzelfall ein Sekundärinsolvenzverfahren zu imitieren. Im Übrigen werden ähnliche Sachverhalte von verschiedenen Gerichten entgegengesetzt beurteilt, wie ein Vergleich der obigen Entscheidung mit der des Amtsgerichts Deggendorf (IE 256/12) zeigt.

(Quelle: Landgericht Hildesheim, Beschluss vom 18.12.2012; 5 T 294/12

Vorinstanz: Amtsgericht Gifhorn, Beschluss vom 13.09.2012; 35 IE 4/12

Im Ergebnis anders: Amtsgericht Deggendorf vom 22.10.2012; IE 256/12)

 

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