Bei bloß fingierter Antragsrücknahme kann vor Ablauf von 3 Jahren erneut Restschuldbefreiung beantragt werden

Bei bloß fingierter Antragsrücknahme kann vor Ablauf von 3 Jahren erneut Restschuldbefreiung beantragt werden
29.08.2013248 Mal gelesen
Die dreijährigen Sperrfrist für die erneute Beantragung von Restschuldbefreiung bei Eigenanträgen nach Rücknahme des Erstverfahren gilt nach Ansicht des Amtsgerichts Köln dann nicht, wenn die Rücknahme des Erstantrags des Schuldners lediglich wegen nicht fristgerechter Einreichung der vom Gericht

angeforderten Unterlagen fingiert wurde.

Eine Schuldnerin beantragte am 15. Februar 2013 beim Amtsgericht (Insolvenzgericht) Köln die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, die Erteilung von Restschuldbefreiung und die Stundung der Verfahrenskosten.

 

Für das Gericht stellte sich die Frage nach der Zulässigkeit des Antrages.

Die Schuldnerin hatte schon mal am 10. April 2012 den Antrag auf Eröffnung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens über ihr Vermögen nebst Anträgen auf Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung gestellt. Die von ihr damals vorgelegten Unterlagen waren indes nicht vollständig. Sie brachte es nicht fertig, binnen der ihr vom Gericht gesetzten Frist von einem Monat, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Das Gesetz fingiert in diesem Fall, dass der Schuldner den Antrag zurückgenommen hat.

Andererseits darf nach der Rechtsprechung ein Schuldner, der seinen Eigenantrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens zurückgenommen hat, binnen dreier Jahre keinen erneuten Antrag stellen.

Vorliegend stellt sich die Frage, ob diese Drei-Jahres-Sperrfrist für eine erneute Antragstellung auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung auch dann gelte, wenn der Schuldner seinen ersten Antrag nicht wirklich zurückgenommen hat, sondern das Gesetz die Rücknahme desselben nur fingiert, weil der Schuldner die vom Gericht angeforderten Unterlagen nicht binnen der vom Gericht gesetzten Frist eingereicht hat.

 

Diese Frage wird von den Insolvenzgerichten unterschiedlich beantwortet.

Das Amtsgericht Köln entschied, dass der Antrag zulässig sei.

Die Sperrfrist solle verhindern, dass das aufwändige und kostenintensive Verfahren innerhalb kurzer Zeiträume wiederholt durchgeführt werden müsse. Jedoch entsteht bei der Fiktion der Rücknahme eines Verbraucherinsolvenzantrags weder ein nennenswerter Aufwand noch nennenswerte Kosten. Selbst wenn man darauf abstellte, dass bei einem erneuten Eigenantrag des Schuldners der vollständige Prüfungsaufwand des Gerichts erneut zu leisten sei, sei der Arbeitsmehraufwand des Gerichts auch bei erneuter Sichtung der Formulare zum Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens überschaubar. Dieser Mehraufwand ist mit der aufwändigen und kostenintensiven Durchführung eines gesamten Insolvenzverfahrens nicht ansatzweise vergleichbar.

Sofern kein nennenswerter Mehraufwand durch einen erneuten Antrag auf Durchführung eines Insolvenzverfahrens entsteht, ist die Annahme einer Sperrfrist nach einer Rücknahmefiktion zudem unangemessen, da dem Schuldner allein durch mangelhafte Gestaltung des früheren Verbraucherinsolvenzantrags regelmäßig kein unredliches oder nicht ehrliches, sondern allenfalls nachlässiges Verhalten vorgeworfen werden könne, zumal er auf die Folge einer möglichen Sperrfrist für einen erneuten Insolvenzantrag nach Eintritt der Rücknahmefiktion regelmäßig nicht hingewiesen werde.

Gegen eine Sperrfrist nach einer Rücknahmefiktion spreche ferner, dass vereinzelt Rücknahmefiktionen nach überzogenen Auflagenverfügungen der Gerichte festgestellt worden sind. Die Einlegung einer sofortigen Beschwerde gegen die Feststellung der Rücknahmefiktion könne vom Schuldner in diesen Fällen nicht verlangt werden. Der Schuldner wäre doppelt gestraft, wenn er in solchen Fällen erst nach Ablauf einer Sperrfrist einen erneuten Insolvenzantrag stellen könne. Zudem treffe die Rücknahmefiktion kraft Gesetzes unabhängig vom Verschulden eines Schuldners ein; eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nicht möglich. Die Annahme einer Sperrfrist träfe daher auch den redlichen Schuldner, der ohne eigenes Verschulden, so wegen plötzlicher Erkrankung, etwaige Beanstandungen nicht fristgerecht behoben hat.

Das Gericht gab sodann den Anträgen der Schuldnerin auch statt, da sie begründet waren.

(Quelle: Amtsgericht Köln, Beschluss vom 15.02.2013; 75 IK 758/12)

 

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