Im Einzelfall ist dem vorläufigen Insolvenzverwalter nicht einmal die Mindestvergütung zuzuerkennen

Im Einzelfall ist dem vorläufigen Insolvenzverwalter nicht einmal die Mindestvergütung zuzuerkennen
19.08.2013404 Mal gelesen
Die Vergütung des vorläufigen Verwalters entfällt nach Ansicht des Amtsgerichts Göttingen, wenn dieser bei seinem Antrag auf Bestellung wesentliche Umstände wie die Ankündigung eines Zahlungsvergleichs durch den Schuldner verschwiegen hat.

Mit Antrag vom 9. Mai 2011 begehrte die AOK Niedersachsen wegen säumiger Sozialversicherungsbeiträge von insgesamt 28.543,42 €, den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Gemeinschuldnerin zuzulassen.

Einen auf den 17. Mai 2011 anberaumten Termin zur Anhörung über den Antrag der Gläubigerin ließ die Schuldnerin verstreichen. Mit Beschluss vom 17. Mai 2011 bestellte das Gericht den späteren vorläufigen Insolvenzverwalter zum Sachverständigen und gab ihm auf, binnen 6 Wochen ein Gutachten über die Vermögenslage der Schuldnerin zu erstellen.

Mit Fax vom 24. Mai 2011, eingegangen gegen 17.04 Uhr, beantragte der Sachverständige die Anordnung einer vorläufigen Insolvenzverwaltung und seine Bestellung zu vorläufigen Verwalter, weil er nach Erhalt des Beschlusses, mit dem er zum Sachverständigen bestellt worden war, nämlich am 20. Mai 2011, mit der Geschäftsführerin der Schuldnerin telefonische Rücksprache gehalten habe. In diesem Gespräch habe die Geschäftsführerin erklärt, dass der Geschäftsbetrieb nicht eingestellt sei, 4 Arbeitnehmer seien noch angestellt, die Schuldnerin erwirtschafte weiterhin Umsätze in Höhe von rund 10.000 € monatlich, Folgeaufträge seien vorhanden.

Der Sachverständige verschwieg dem Gericht in dem Fax, dass die Schuldnerin sich zwischenzeitlich mit der Gläubigerin geeinigt hat, dass die Gläubigerin nach Zahlung eines höheren Betrages in wenigen Tagen den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens für erledigt erklären werde.

Das Gericht bestellte daher den Sachverständigen zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Per Fax vom 26. Mai 2011, 8.11 Uhr, teilte die Gläubigerin mit, dass die Forderung beglichen worden sei, die Schuldnerin habe sich bereit erklärt, die Kosten zu tragen. Eine gleichlautende Mitteilung seitens der Gläubigerin erging an den Verwalter am 26. Mai 2011 gleichfalls per Fax.

Die vorläufige Verwaltung ist danach förmlich mit Aufhebungsbeschluss des Amtsgerichts Göttingen vom 30. Mai 2011 beendet worden.

Mit seinem Vergütungsfestsetzungsantrag beantragt der vorläufige Insolvenzverwalter für den Zeitraum vom 25.Mai 2011 bis 29. Mai 2011 die Festsetzung der Vergütung für die vorläufige Insolvenzverwaltung in Höhe der Mindestvergütung.

Das Amtsgericht setzte die Vergütung auf 0,-- € fest.

Die Vergütung des vorläufigen Verwalters bestimmt sich nach der Insolvenzordnung in Verbindung mit der der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung. Hierbei beträgt die Mindestvergütung 1.000,00 €, die grundsätzlich auch für den vorläufigen Verwalter ungekürzt gelte. Gemäß der insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung seien Art, Dauer und Umfang der Tätigkeit des vorläufigen Verwalters bei der Vergütungsfestsetzung zu berücksichtigen.

Ferner können je nach Sachlage Zu- bzw. Abschläge festgesetzt werden, besondere Umstände, die die Tätigkeit des vorläufigen Verwalters kennzeichnen, seien zu berücksichtigen.

Unter Abwägung der Umstände des Einzelfalles sei im vorliegenden Fall selbst die vom vorläufigen Verwalter beantragte Mindestvergütung nicht anzuerkennen, weil der vorläufige Verwalter hier treuwidrig seine entsprechende Bestellung durch Antrag vom 24. Mai 2011 erschlichen und auch die weitere Tätigkeit des Verwalters eine Vergütung neben seiner ohnehin zu vergütenden Tätigkeit als Sachverständiger nicht gebietet.

Wie der Verwalter selbst im Nachgang nunmehr einräumt, ist ihm bereits beim ersten telefonischen Kontakt mit der Schuldnerin am Freitag, 20. Mai 2011, mitgeteilt worden, dass sich die Geschäftsführerin der Schuldnerin mit der Antragstellerin geeinigt gehabt habe.

Dies hat der Verwalter dem Gericht gegenüber verschwiegen.

Durch dieses Verhalten verursachte er die Anordnung der vorläufigen Verwaltung. Die vom Insolvenzverwalter danach entfalteten Tätigkeiten, die er nunmehr auf Nachfrage vorbringt, nämlich Anschreiben der Schuldnerin, der Hausbank und übersenden eines Musterliquiditätsplans nebst Checklisten, vermögen eine besondere Tätigkeit im Rahmen der vorläufigen Insolvenzverwaltung nicht zu begründen, zumal offenkundig gleichzeitig die Meldung über die Erledigung der Hauptsache auch beim Insolvenzverwalter einging.

Nach allem ist im vorliegenden Fall der Vergütungsantrag des vorläufigen Verwalters zurückzuweisen, der Verwalter hat sich auf seine davon unabhängig entstandene Sachverständigenvergütung zu beschränken

(Quelle: Amtsgericht Göttingen, Beschluss vom 07.07.2011; 71 IN 66/11 NOM)

 

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