Kapitalanleger muss die an ihn gezahlten Scheinerträge an die Insolvenzmasse herausgeben

Kapitalanleger muss die an ihn gezahlten Scheinerträge an die Insolvenzmasse herausgeben
08.08.2013209 Mal gelesen
Der Insolvenzverwalter kann die Auszahlung eines gesellschaftsrechtlichen Scheinauseinandersetzungsguthabens nach Ansicht des Bundesgerichtshofes als unentgeltliche Leistung anfechten, wenn keine Erträge erwirtschaftet worden sind, und die Auszahlung aus einer im Schneeballsystem gewonnenen Einlage

ermöglicht wurde.

Eine Kapitalanlagegesellschaft warb europaweit mit ihren Anlagen und stellte hohe Gewinne in Aussicht. Anleger sollten ihr als Kommanditisten beitreten. Komplementärin war die F-AG. Die Kapitalanlagegesellschaft geriet ab 1997 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um diese zu vertuschen, manipulierten die Vorstandsmitglieder der Komplementärin die Geschäftsunterlagen; dabei spiegelte die Kapitalanlagegesellschaft den Anlegern werthaltige Kapitalkonten und Gewinne vor, die tatsächlich nicht erwirtschaftet wurden. Die Einlagen neu beitretender Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in der Art eines Schneeballsystems für Auszahlungen an die Altgesellschafter.

Ein Anleger erbrachte im Oktober 2001 eine Einlage in die Kapitalanlagegesellschaft in Höhe von 73.980 € und erhielt vom 27. November 2001 bis zum 22. Dezember 2004 monatliche Auszahlungen in Höhe von insgesamt 19.682,59 € und am 12. Januar 2005 nach Kündigung der Beteiligung weitere 63.000 €.

Am 6. Oktober 2005 stellte ein von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellte Abwickler Insolvenzantrag, am 7. Oktober 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Nach der Insolvenzordnung sind "unentgeltliche Leistungen", die ein Schuldner in den letzten vier Jahren erbracht hat, vom Insolvenzverwalter anfechtbar. Der Empfänger dieser unentgeltlichen Leistungen hat diese sodann an die Insolvenzmasse zurückzugewähren. Die Insolvenzverwalterin sieht alle an unseren Anleger erbrachten Zahlungen als "unentgeltliche Leistungen" an und fordert diese deshalb von ihm zurück.

Der Anleger will von Unentgeltlichkeit der Leistungen nichts wissen und lehnt das Begehren der Insolvenzverwalterin ab.

Die Insolvenzverwalterin verklagt unseren Anleger auf Zahlung von (19.682,59 63.000) 82.682,59 € zuzüglich Zinsen ab 7. Oktober 2005. Das Landgericht gab ihrer Klage statt, hinsichtlich der Zinsen jedoch erst ab dem 6. Oktober 2008. Das Oberlandesgericht meinte, der Insolvenzverwalterin stünden nur 19.682,59 € nebst Zinsen zu, die 63.000 € seien die die zurückgezahlte Einlage und somit keine unentgeltliche Leistung.

Der Bundesgerichtshof wies den Streit an das Oberlandesgericht zurück.

Der Insolvenzverwalter könne die Auszahlung von in Schneeballsystemen erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, seien dagegen als entgeltliche Leistungen nicht mit dieser Begründung anfechtbar.

Vorliegend gehe es aber nicht um die Rückzahlung einer Einlage:

Der Anleger hatte der Schuldnerin die Geldmittel jedoch nicht im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages zur Verfügung gestellt, sondern war ihr als Gesellschafter beigetreten und hatte nach Kündigung seiner Beteiligung somit nur einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Werts seiner Beteiligung, nicht aber auf Rückerstattung seiner Einlage.

Der Anleger ist der Schuldnerin entweder als Kommanditist oder aber, wenn es nicht zur Eintragung im Handelsregister gekommen ist, als atypischer stiller Gesellschafter beigetreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte der Beitritt der Kommanditisten unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister erfolgen. Ab der Annahme der Beitrittserklärung durch die Komplementärin bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister sollten sie an der Schuldnerin als atypische stille Gesellschafter beteiligt sein; sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages sollten für diese Zeit entsprechende Anwendung finden.

Die erfolgte Abfindungszahlung der Schuldnerin an den Beklagten ist deswegen nur dann entgeltlich, wenn der Abfindungsanspruch in Höhe der ausgezahlten 63.000 € bestand. Anderenfalls läge insoweit eine unentgeltliche Leistung vor, die anfechtbar und somit zurückzuzahlen wäre.

Die Höhe des Abfindungsanspruchs ergibt sich aus der auf den Abfindungsstichtag zu erstellenden Abfindungsbilanz. Eine solche Abfindungsbilanz habe das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Sache wurde daher vom Bundesgerichtshof an das Oberlandegericht zur weiteren Aufklärung und Entscheidung zurückgegeben.

(Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2013; IX ZR 198/10

Vorinstanz: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil v. 02.11.2010; 14 U 53/10

Landgericht Kasse, Urteil vom 26.10.2010; 9 O 1829/08)

  

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