Selbständigen Schuldner ist Restschuldbefreiung zu versagen, wenn er nicht die Beträge abführt, die er abführen könnte, wenn er angestellt wäre

Selbständigen Schuldner ist Restschuldbefreiung zu versagen, wenn er nicht die Beträge abführt, die er abführen könnte, wenn er angestellt wäre
02.08.2013239 Mal gelesen
Der selbständig tätige Schuldner ist nach Ansicht des Amtsgerichts Neubrandenburg bereits während der Wohlverhaltensphase verpflichtet, die Beträge an den Treuhänder abzuführen, die er zahlen könnte, wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Eine Verletzung dieser Obliegenheit

führt zur Versagung der Restschuldbefreiung.

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners wurde im August 2004 eröffnet. Nach Durchführung des Schlusstermins wurde ihm im Oktober 2006 die Restschuldbefreiung angekündigt. Mit Schreiben vom 25. Juni 2008 wurde der Schuldner durch das Gericht aufgefordert, seine aktuellen wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. Es erfolgte keine Reaktion. Mit Schreiben vom 27. März 2009 erfolgte eine erneute Aufforderung an den Schuldner, Auskunft über seine Erwerbstätigkeit und die Einkünfte zu erteilen.

Eine Gläubigerin beantragte mit Schreiben vom 31. März 2009 die Versagung der Restschuldbefreiung, da der Schuldner seine Pflicht zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse verletzt.

In seiner Stellungnahme zum Versagungsantrag vom 14. April 2009 teilt der Schuldner mit, dass er die BWA 2007 und 2008 an den Treuhänder übersandt habe.

Der Treuhänder bestätigte den Eingang der BWA 2006 - 2008 und teilt mit, dass der Schuldner während der Wohlverhaltensphase keine Zahlungen geleistet habe.

Auf den Vorhalt, keine Beträge an den Treuhänder gezahlt zu haben, erklärt der Schuldner, dass er als Selbständiger nicht mit einem Angestellten gleich gesetzt werden könne und es auch keine Freibeträge für ihn gelten, er sei vielmehr einem Geschäftsführer gleich gestellt.

Das Amtsgericht gab dem Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung statt.

Der Schuldner übe seit Ankündigung der Restschuldbefreiung eine selbständige gewerbliche Tätigkeit als Immobilienmakler aus. Nach der Insolvenzordnung habe  der Schuldner während der Wohlverhaltensphase die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Auf diese Pflicht wurde er durch den Treuhänder hingewiesen.

Der Schuldner hat die betriebswirtschaftlichen Auswertungen für die Jahre 2006 bis 2008 vorgelegt, jedoch keine Zahlungen an den Treuhänder geleistet.

Der Schuldner hat während der Wohlverhaltensphase  eine Erwerbsobliegenheit. Im vorliegenden Fall war er verpflichtet, eine Erwerbstätigkeit entsprechend seiner Qualifikation aufzunehmen. Er hätte sich um eine Anstellung im Bereich der Immobilienwirtschaft bemühen müssen. Die Erwerbsobliegenheit könne der Schuldner aber auch durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit erfüllen. Er müsse sich dann jedoch so behandeln lassen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis in dieser Branche eingegangen wäre. Als Vergleichsmaßstab für Einkünfte aus einem angemessenen Dienstverhältnis eignen sich die Tarifverträge für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft.

Der Schuldner hätte als abhängig Beschäftigter monatlich  900,-€ an den Treuhänder abführen müssen. Da er sich nicht um eine abhängige Beschäftigung bemüht sondern eine selbständige Tätigkeit aufgenommen habe, musste er nach der Insolvenzordnung den für einen abhängig Beschäftigten pfändbaren Betrag an den Treuhänder zahlen.

Die Versagung der Restschuldbefreiung sei auch nicht unverhältnismäßig, da der Schuldner ausdrücklich auf seine Pflichten hingewiesen worden sei und die Beeinträchtigung der Befriedigung der Gläubiger nicht unwesentlich ist.

(Quelle: Amtsgericht Neubrandenburg, Beschluss vom 11.06.2011; 5 IN 581/04

Vergl.  das Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.10.2012; 7 O 342/11)

 

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