Kanzlei Schroeder - Wann liegt ein gewerblicher Handel vor?

Wettbewerbsrecht
28.01.2019184 Mal gelesen
Abmahnung der Kanzlei Schroeder wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht durch Auftreten als sog. "Schein"-Privater auf eBay.de.

RA Lutz Schroeder aus Kiel vertritt die Interessen der MissionDirect Trading Limited & Co. KG aus Berlin. Diese vertreibt online Tonträger, unter anderem auch auf der Verkaufsplattform eBay.de. RA Schroeder verschickt nun Abmahnungen an Personen, welche ebenfalls ihre ähnlichen Produkte auf der Plattform eBay. de vertreiben und somit mit der MissionDirect Trading Limited im Wettbewerb stehen. Nach seiner Ansicht halten die von der Abmahnung betroffenen Händler die gesetzlichen Informationspflichten und gewerbliche Pflichtangaben nicht ein. Gerügt wird insbesondere, dass die Betroffenen, ausweislich der Anzahl der Verkäufe, einen gewerblichen Handel betreiben, jedoch privat auftreten.

http://www.ra-herrle.de/lutz-schroeder-schein-privatverkauf/.

Interessant an der Abmahnung ist jedoch, wieso RA Schroeder ein gewerbliches Handeln des Abgemahnten annimmt. Eine gewerbliche Tätigkeit liegt vor, wenn planmäßig über einen gewissen Zeitraum hinweg entgeltliche Leistungen am Markt angeboten werden, wobei es auf eine Gewinnerzielungsabsicht nicht ankommt. (BGH Urt. 29. März 2006, AZ VIII ZR 173/05) Bei der Beurteilung, ob eine dauerhafte und planvolle Tätigkeit vorliegt, sollen im konkreten Einzelfall Ermittlungen anhand von Indizien vorgenommen werden. Hierfür haben sich eine Vielzahl unterschiedliche Kriterien entwickelt, die zur Bewertung des Vorliegens eines gewerblichen Handelns herangezogen werden können.

So hat auch der EuGH in einer neueren Entscheidung festgehalten (Urteil vom 04.10.2018, C-105/17), dass bei der Ermittlung, ob es sich bei einem Online-Verkäufer um einen Gewerbetreibenden handelt, unter anderem zu bewerten ist,

  • ob mit dem Verkauf Erwerbszwecke verfolgt werden,
  • ob der Verkäufer über Informationen oder technische Fähigkeiten hinsichtlich der von ihm zum Verkauf angebotenen Waren verfügt, so dass er sich gegenüber diesem Verbraucher in einer vorteilhafteren Position befindet,
  • ob der Verkäufer eine Rechtsform hat, die ihm die Vornahme von Handelsgeschäften erlaubt, und in welchem Ausmaß der Online-Verkauf mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Verkäufers zusammenhängt,
  • ob der Verkäufer mehrwertsteuerpflichtig ist,
  • ob der Verkäufer neue oder gebrauchte Waren zum Zweck des Wiederverkaufs erwirbt und
  • ob die Tätigkeit auf diese Weise eine gewisse Regelmäßigkeit, Häufigkeit und/oder Gleichzeitigkeit innewohnt,
  • ob die zum Verkauf gestellten Waren alle gleichartig sind oder denselben Wert haben, und insbesondere,
  • ob sich das Angebot auf eine begrenzte Anzahl von Waren konzentriert.

Es wurde also ein ganzer Katalog möglicher Indizien dargelegt, die auf das Vorliegen eines gewerblichen Verkaufs hindeuten können, wenn sie im Einzelfall gegeben sind.

RA Schroeder stützt sich in seiner Abmahnung jedoch ausschließlich auf die Anzahl der zeitgleich geschalteten Auktionen. Er ist vorliegend der Ansicht, für die Annahme eines gewerblichen Auftritts genüge allein, dass der Betroffene in 185 Auktionen gleichzeitig Waren anbietet. Dagegen hat der EuGH in der bereits genannten Entscheidung explizit darauf hingewiesen, dass die Verkaufszahlen zwar als Indiz herangezogen werden können, aber diese "Kriterien weder abschließend noch ausschließlich sind, so dass der Umstand, dass eines oder mehrere von ihnen erfüllt sind, für sich genommen grundsätzlich nicht ausreicht". Der EuGH fordert viel mehr, dass anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung abgewogen wird, ob ein gewerblicher Verkauf vorliegt oder nicht, sodass es nicht nur auf das isolierte Vorliegen eines der genannten Kriterien ankommen kann.

Empfehlung:

Sollten Sie auch durch eine Abmahnung des RA Lutz Schroeder betroffen sein: Unterzeichnen Sie eine Unterlassungserklärung keinesfalls ungeprüft. Dies könnte einem Schuldanerkenntnis entsprechen, durch welches Sie erklären, dass Sie

  • für eine Rechtsverletzung verantwortlich sind
  • und verpflichten sich für die Dauer von 30 Jahren
  • zur Zahlung einer Vertragsstrafe in der in der Erklärung bestimmten Höhe
  • und zur Erstattung der vollständigen Kosten.

Diese vertraglich Verpflichtung gilt auch dann, wenn Sie die vorgeworfene Rechtsverletzung nicht verübt haben. Der Text einer bereits der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärung sollte verändert werden (modifizierte Unterlassungserklärung). Das ist grundsätzlich möglich. Sie werden darauf aber durch die abmahnende Kanzlei in der Regel nicht hingewiesen. Sie brauchen sich nur zu dem zu verpflichten, was Ihnen auch tatsächlich vorgeworfen werden kann. Die darüber hinaus geforderte Kostenpauschale und etwaige Schadenersatzansprüche sind durchaus verhandelbar.

Sollten Sie eine Abmahnung erhalten haben, können Sie sich gerne mit mir

per Fax (0431 / 30 53 718)

oder per email (contact@ra-herrle.de) in Verbindung setzen.