Rechtsanwalt Sascha Tawil, Berlin informiert: LG Berlin (52 O 88/07): Wertersatzpflichtklausel in Widerrufsbelehrungen bei eBay wettbewerbswidrig -Abmahnungsgefahr-

Wettbewerbs- und Markenrecht
06.05.2007354 Mal gelesen

Mal wieder schlechte Nachrichten für alle eBay-Händler:

Die so genannte Wertersatzklausel, wonach dem Verbraucher eine Ersatzpflicht für Schäden auch bei dem bestimmungsgemäßen Gebrauch der Kaufsache innerhalb der Widerrufsfrist auferlegt werden kann (§ 357 Abs. 3 Satz 1 BGB) ist auf eBay unzulässig. Der streitgegenständliche Teil der Widerrufsbelehrung ist in folgendem Teil einer Musterbelehrung zum leichteren Verständnis hervorgehoben:

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Können Sie uns die empfangene Leistung ganz oder teilweise nicht oder nur in verschlechtertem Zustand zurückgewähren, müssen Sie uns insoweit ggf. Wertersatz leisten. Bei der Überlassung von Sachen gilt dies nicht, wenn die Verschlechterung der Sache ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie Ihnen etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist. Im Übrigen können Sie die Wertersatzpflicht vermeiden, indem Sie die Sache nicht wie ein Eigentümer in Gebrauch nehmen und alles unterlassen, was deren Wert beeinträchtigt. Sie haben die Kosten der Rücksendung zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn Sie bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht haben. Anderenfalls ist die Rücksendung für Sie kostenfrei.

Das hat nun das LG Berlin (LG Berlin, Beschl. v. 15.03.2007, Az. 52 O 88/07) entschieden.

Die Wertersatzklausel hat in der Idee den Sinn, Käufer davon abzuhalten, während der Widerrufsfrist (die bei eBay laut Kammrgericht un OLG Hamburg nunmehr einen Monat beträgt) den gekauften Artikel "ohne Rücksicht auf Verluste" zu benutzen, um diesen dann, nach Widerruf gebraucht und abgenutzt, an den Verkäufer zurückzusenden, ohne für den entstandenen Wertverlust aufkommen zu müssen.

Ohne die Wertersatzklausel muss der Verkäufer dem Kunden den vollen Kaufpreis dafür erstatten, obwohl die Ware nun nicht mehr verkäuflich ist (§ 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3).

Die Wertersatzklausel, die dafür steht, dass der Käufer abweichend davon auch für einen bestimmungsgemäßen Gebrauch der Sache geradestehen soll, muss jedoch dem Verbraucher "bei Vertragsschluss" in Textform mitgeteilt worden sein, um wirksam zu sein.

Wie das KG Berlin und das OLG Hamburg jedoch in Bezug auf die Widerrufsfrist bereits mehrfach entschieden haben, kann bei eBay nicht in Textform belehrt werden, wobei eben der entscheidende Punkt ist, dass "Textform" wörtlich zu verstehen ist (also in Papierform) und bei eBay die Widerrufsbelehrungen nur auf dem Bildschirm angeschaut werden können.


Erwartungsgemäß hat das LG Berlin nun diese Rechtssprechung auf die Wertersatzklausel übertragen, obgleich einige Gerichte meinten, dass die Wertersatzklausel von diesem Problem nicht berührt werde.

Die Folge dieser Rechtssprechung ist klar.

Es wird mal wieder zu einer Abmahnwelle kommen.

Der Gesetzgeber steht aus hiesiger Sicht jedoch in der Pflicht, die Musterbelehrung entsprechend der neuen Gegebenheiten anzupassen, da es nicht nachvollziehbar ist, dass arglose eBay-Händler, welche sich an die aktuelle Musterbelehrung halten ständig mit Abmahnungen überzogen werden und dabei auch noch im Streitfall den Kürzeren ziehen.