Rechtswidrige Nichteinstellung in den Polizeivollzugsdienst – Schadensersatz und Entschädigung im Wege der Amtshaftungsklage

Verwaltungsrecht
02.07.2019386 Mal gelesen
Die rechtswidrige und schuldhafte Nichteinstellung in den Polizeivollzugsdienst kann zum Ersatz von Verdienstausfall im Wege der Amtshaftung führen, wie das Landgericht Berlin in einem von mir erwirkten Urteil vom 12.04.2019 – 28 O 281/18 - rechtskräftig entschieden hat.

Meist bewerben sich junge Menschen zur Aufnahme in den mittleren oder gehobenen Polizeivollzugsdienst eines Landes. Im vorliegenden Fall hatte sich ein 22 Jahre alter Jugendlicher für die Einstellung in den mittleren Polizeivollzugsdienst im Land Berlin zum 01.09.2017 beworben. Seine Ablehnung wurde allein damit begründet, dass die Integrität und charakterliche Stabilität zweifelhaft sei, weil der Bewerber im Alter von 16 Jahren als Spieler an einer Rauferei auf dem Fußballplatz (nach Aktenlage "mit Rudelbildung") beteiligt gewesen sei und deswegen ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung gegen ihn geführt wurde. Das Verfahren wurde seinerzeit nach § 45 JGG nicht weiterverfolgt bzw. eingestellt.

In einem daraufhin von dem Verfasser angestrengten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Berlin den Polizeipräsidenten in Berlin rechtskräftig verpflichtet, den Bewerber weiter zum Auswahlverfahren zuzulassen (Beschl. v. 22.08.2017 - VG 5 L 329.17). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die dem Bewerber vorgeworfene Tat seinerzeit nach Aktenlage nicht als erwiesen anzusehen ist und die Ablehnungsentscheidung auch im Übrigen bezüglich der Zweifel an der Integrität und charakterlichen Stabilität des Bewerbers kaum aussagekräftig ist. Daraufhin hat aber der Personalrat bei dem Polizeipräsidenten in Berlin - dieser wollte die Einstellung des Bewerbers vornehmen - der Einstellung widersprochen und die bislang freigehaltene Stelle wurde daraufhin an einen anderen Bewerber vergeben. Aufgrund der Tatsache, dass der Einstellungstermin zu diesem Zeitpunkt abgelaufen war und alle Plätze an andere Bewerber vergeben wurden, konnte keine Einstellung des Bewerbers mehr erfolgen und für eine neue Einstellungskampagne muss ein Bewerber erneut das gesamte Auswahlverfahren einschließlich aller Einstellungstest durchlaufen. In einer 2. Kampagne ist der Bewerber dann durch den schriftlichen Einstellungstest gefallen, den er bei seiner 1. Bewerbung noch bestanden hatte. Schließlich hatte sich der Jugendliche dann in einem 3. Versuch bei dem Land Brandenburg beworben, wo er schließlich auch in den mittleren Polizeivollzugsdienst eingestellt wurde.

In dem daraufhin angestrengten Amtshaftungsprozess hat das Landgericht Berlin festgestellt, dass die Nichteinstellung des Bewerbers zum ursprünglichen Einstellungstermin rechtswidrig und schuldhaft war und die Nichtzustimmung des Personalrates durch den Polizeipräsidenten in Berlin hätte übergangen werden müssen. Die für den Bewerber zunächst freigehaltene Stelle hätte nicht anderweitig vergeben werden dürfen. Nicht entscheidend sei, dass der Bewerber bei seiner 2. Bewerbung durch den Eignungstest gefallen sei, entscheidend sei allein, dass der Bewerber seinerzeit in der 1. Kampagne hätte eingestellt werden müssen. Das Landgericht Berlin hat daraufhin das beklagte Land verurteilt, dem Bewerber den Verdienstausfall für den Zeitraum von dem ursprünglichen Einstellungstermin bis zu seiner Einstellung im Land Brandenburg zu erstatten. Immerhin ging es um einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr. Zu erstatten waren die monatlichen Anwärterbezüge im Land Berlin unter Anrechnung anderweitiger Bezüge, die der Bewerber in diesem Zeitraum erzielt hatte.

Die Entscheidung des Landgerichts zeigt, dass es sinnvoll ist, seinen grundgesetzlich verankerter Bewerbungsverfahrensanspruch nach Art. 33 Abs. 2 GG (Berücksichtigung der Bewerbung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung) ernsthaft auch gerichtlich einzufordern. Schadensersatzansprüche sind allerdings erst dann umsetzbar, wenn vorher versucht wurde, im Wege des Eilrechtsschutzes bei den zuständigen Verwaltungsgerichten mit dem Ziel der Einstellung zur vorgesehenen Einstellungskampagne nachzusuchen.

Auch wenn es ein längerer Weg über nahezu 18 Monate war, zeigt die Entscheidung des Landgerichts Berlin doch, dass der sekundäre Rechtsschutz als Schadensersatzanspruch am Ende funktioniert, wenn der gewährte und erfolgreiche Primärrechtsschutz zur Einstellung rechtswidrig und schuldhaft durch das Land übergangen wird.

Gerne helfe ich Ihnen bei der Durchsetzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruch, der vorrangig vor der zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit im Eilverfahren geltend zu machen ist, gegebenenfalls auch über 2 Instanzen im Eilrechtsschutz. Hierzu stehe ich auch bundesweit zur Verfügung. Kontaktieren Sie mich gerne telefonisch unter 030 230 819 0 oder per E-Mail unter lansnicker@lansnicker-fachanwalt.de.