Kein Presserecht für Suchmaschinen?

Urheberrecht Werk
20.12.201831 Mal gelesen
Das deutsche Urheberrecht für Presseerzeugnisse im Internet ist möglicherweise nicht anwendbar.

 

In einem anhängigen Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) plädierte der Generalanwalt Gerard Hogan vergangene Woche für eine Unanwendbarkeit des deutschen Rechtsschutzes für Presseerzeugnisse, weil die EU-Kommission über die Änderungen des Urheberrechts nicht informiert worden sei (Schlussanträge vom 13.12.2018, Az.: C-299/17). Ob das Gericht dem Schlussantrag des Generalanwalts folgen wird, bleibt abzuwarten.

Novellierung des Urheberrechts

Das deutsche Urhebergesetz wurde 2013 um die zwei fraglichen Vorschriften ergänzt, die ein Schutzrecht für Presseverleger etablieren. §§ 87f, 87h UrhG sehen vor, dass gewerbliche Anbieter von Suchmaschinen im Internet ohne Genehmigung nicht berechtigt sind, ihren Nutzern Teile von Text-, Bild- und Videoinhalten anderer Presseanbieter zugänglich zu machen. Eine Ausnahme gilt aber für einzelne Wörter und kleinste Textausschnitte. Die Regelung gilt ebenfalls für gewerbliche Anbieter von Diensten, die Inhalte entsprechend aufbereiten.

Durch die Vorschriften sollten die Rechte des geistigen Eigentums der Presseverleger gestärkt werden, um dadurch sowohl die Medienvielfalt als auch die Pressefreiheit zu fördern. Dazu sind die Gesetzgeber in jedem Mitgliedstaat grundsätzlich berechtigt - das erkannte auch der Generalanwalt des EuGH in seinem Plädoyer an.

Google verklagt wegen Verstoß gegen Urheberrecht

Infolge der Erneuerung des Urheberrechts verklagte die VG Media, eine Gesellschaft zur Verwertung der Urheber- und Leistungsschutzrechte für Presseverleger, namens ihrer Mitglieder die Suchmaschine Google auf Schadenersatz. Google habe auch nach Inkrafttreten des Gesetzes weiter unentgeltlich Texte, Bilder und Videos genutzt, die von Mitgliedern von VG Media hergestellt worden seien.

Das Landgericht Berlin hielt die Klage von VG Media für jedenfalls teilweise begründet. Allerdings sei eine Vorlage an den EuGH notwendig. Denn das Landgericht könne nicht entscheiden, ob die neuen Vorschriften des deutschen Urheberrechts eine technische Vorschrift im Sinne der Richtlinie 98/343 seien, die speziell auf einen Dienst in der Informationsgesellschaft abzielt. Sei dies der Fall, hätte die EU-Kommission von der Veränderung notifiziert werden müssen.

Notifizierungspflicht der Bundesregierung

Tatsächlich bejaht nun der EU-Generalanwalt in seinem Antraf das Vorliegen einer solcher technischen Vorschrift, weil ihre praktische Wirkung darin bestehe, dass die Erbringung des Dienstes der Suchmaschine auf Betreiben des Presseverlegers entweder verboten oder geldpflichtig sei. Auch ist Hogan der Ansicht, dass die fraglichen deutschen Vorschriften speziell auf Dienste der Informationsgesellschaft abzielen. Denn Gegenstand der Regelungen sei es, sich der Auswirkungen von Internetsuchmaschinen auf die Presseerzeugnisse anzunehmen.

Dabei sei der Inhalt der Regelungen nicht notwendigerweise rechtswidrig. Der Anwalt betonte, dass der Schutz einer freien und lebendigen Presse gerade in diesen Zeiten besondere Wichtigkeit habe und es den Mitgliedstaaten zufalle, auf die Veränderungen in der Pressewelt durch das Internet angemessen zu reagieren. Allerdings sei die Notifizierungspflicht aus der Richtlinie umgangen worden. Diese diene gerade dazu, dass die EU-Kommission rechtzeitig eingebunden wird und die Regelungen auf ihre Konformität mit dem Unionsrecht überprüfen könne, bevor sie in Kraft tritt. Das sei hier nicht geschehen und die Bestimmungen daher unanwendbar, so Hogan. Nur so könne eine effektive Einhaltung der Notifizierungspflichten sichergestellt werden.

Der EuGH folgt häufig den Anträgen der Generalanwälte. Bis zu einer endgültigen Entscheidung in der Sache wird es aber noch dauern. In der Sache verbleibt mal wieder der Eindruck, in der deutschen Regierung gäbe es zu wenig europäischen Sachverstand - selbst, um eine einfache Benachrichtigung nach Brüssel zu schicken.