Fairness im Urheberrecht – Kameramann wird Nachvergütungsanspruch zugesprochen

Urheberrecht Werk
15.10.2018121 Mal gelesen
Dass das Urheberrecht den Rechteinhaber auch nachträglich schützt und sogar zu hohen nachträglichen Vergütungsansprüchen führen kann, zeigt der Fall des Chefkameramanns des Erfolgsfilms „das Boot“.

Das Oberlandesgericht in Stuttgart gewährte dem Kameramann nun einen Nachvergütungsanspruch von rund 315.000 Euro für den unerwarteten Erfolg des Films (Az.: 4 U2/18).

Erfolg mit dem keiner gerechnet hatte

Geklagt hatte der Chefkameramann einer der erfolgreichsten deutschen Kinofilme aller Zeiten. Die Verfilmung des gleichnamigen Romans war für sechs Oscars nominiert - u.a. auch für die beste Kamera. Doch dies ahnte zum Zeitpunkt der Dreharbeiten noch keiner. Daher erhielt auch der Chefkameramann für seine Beteiligung zur damaligen Zeit "nur" 204.000 DM, also umgerechnet rund 104.000 Euro. Nach dem durchschlagenden Erfolg des Films wollte sich der mittlerweile 84-Jährige mit der ursprünglich vereinbarten Beteiligung nicht mehr zufrieden geben. Er klagte auf einen Nachvergütungsanspruch aus dem Urheberrecht. Diesen Anspruch machte er in Stuttgart nun gegen mehrere Rundfunkanstalten, die die ARD bilden, geltend. Diese hatten in den vergangenen Jahren wiederholt "Das Boot" ausgestrahlt.

Bereits vorherige Klage erfolgreich

In einem vorangegangen Verfahren hatte bereits das OLG in München 2017 (Az.: 29 U 2619/16) dem Kameramann einen nachträglichen Vergütungsanspruch gegen die Filmherstellerin, die Videoverwertungsgesellschaft, sowie den WDR zugesprochen - auch hier erhielt er eine stolze Summe von rund 588.000 Euro.

Auch vor dem OLG in Stuttgart sollte die Klage des Kameramanns nun Erfolg haben. Mit dem, von der Vorinstanz zugesprochenen 77.000 Euro, wollte sich der Kläger nicht zufrieden geben. Die Stuttgarter Richter stellten nun fest, dass dem Kläger für insgesamt 41 Ausstrahlungen der Produktion aus den Jahren 2002-2016 eine angemessene weitere Beteiligung zustünde. Für angemessen hielten die Richter eine Summe von rund 315.000 Euro. Bei der vom Kläger und der Filmproduktion vereinbarten Vergütung für die Einräumung der Nutzungsrechte bestehe ein auffälliges Missverhältnis im Sinne des seit 2002 im Urheberecht geregelten "Fairnessparagraphen". Als Berechnungsgrundlage sollen nach Ansicht des OLG die tariflichen Wiederholungsvergütungssätze der drei größten ARD-Anstalten gelten.

Zuletzt stellte das Gericht auch klar, dass bei weiteren Ausstrahlungen in Zukunft weiterhin eine angemessene Beteiligung an den Kameramann zu zahlen sei.

Was bedeutet "Fairness" im Urheberrecht wirklich?

Der §32a UrhG ist der "Fairnessparagraph" des Urheberrechts und sorgt dafür, den Interessen des Rechteinhabers bei einem nicht zu erwartenden Erfolg seines urheberrechtlich geschützten Werkes Rechnung zu tragen. Er gewährt einen Anspruch auf Einwilligung zur Vertragsänderung, die letztlich zu einer angemessenen Vergütung des Urhebers aus der Jetzt-Sicht führen soll. Der Nachvergütungsanspruch entsteht immer dann, wenn die Rechte zur Benutzung des urheberrechtlich geschützten Werkes unter bestimmten Bedingungen eingeräumt wurden, die nun aber im Verhältnis zu den Vorteilen der Nutzung in einem auffälligen Missverhältnis stehen.

Die Regelung ist aber nicht unumstritten, denn sie schafft die Möglichkeit, Vertragspflichten einseitig nachbessern zu können. Dies ist dem deutschen Recht eigentlich fremd, da Verträge grundsätzlich nach ihren ursprünglich vereinbarten Inhalt zu erfüllen sind. Die Folge ist eine gewisse Unsicherheit für zumindest eine der Vertragsparteien - eine Seite muss im Zweifel immer damit rechnen, dass die vereinbarten Beiträge nachträglich heraufgesetzt werden können. Die Regelung im Urheberrecht führt

also dazu, dass Vertragspflichten sich auch nachträglich für eine Seite verschlechtern können. Das macht den sogenannten "Fairnessparagraphen" wiederum nicht für alle Seiten wirklich "fair".

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