Der Pflichtverteidiger – die Dauer seiner Beiordnung

Strafrecht und Justizvollzug
18.06.200814745 Mal gelesen

Da die Beiordnung zum Pflichtverteidiger überwiegend durch ein erstinstanzliches Gericht stattfindet, stellt sich die Frage, ob die erfolgte Beiordnung

nur für diese Instanz gilt und eine Beiordnung in der Rechtsmittelinstanz erneut erfolgen muss oder ob die Beiordnung für das gesamte Verfahren gilt.

 

Für die Ansicht, dass eine Beiordnung zum Pflichtverteidiger in jeder Instanz erneut zu erfolgen hat, spricht, dass der jeweilige Vorsitzende Richter vor

dem Hintergrund leerer Staatskassen auf Veränderungen der Umstände reagieren kann, die eine Pflichtverteidigung entbehrlich machen könnte. Demnach

hätte das Gericht die Notwendigkeit einer Pflichtverteidigung in jeder Instanz erneut zu prüfen.   

 

Dagegen steht jedoch der Grundsatz des prozessualen Vertrauensschutzes, den der Beschuldigte in jedem Stand des Verfahrens genießt. Folglich gilt die

einmal erfolgte Bestellung eines Pflichtverteidigers für das gesamte Verfahren bis zum Erlass eines rechtskräftigen Urteils. Ist die Mitwirkung eines Pflichtverteidigers in nur einem Verfahrensabschnitt notwendig, so ist sie es für das gesamte Verfahren. Dies gilt selbst dann, wenn sich in einem späteren Verfahrensabschnitt herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Beiordnung zum Pflichtverteidiger nicht mehr vorliegen.

 

Von der Beiordnung bleibt lediglich die Verhandlung vor dem Revisionsgericht ausgeschlossen, so dass sich die Beiordnung auf die Einlegung und Begründung

der Revision und der Abgabe von Stellungnahmen und Gegenerklärungen zu den Anträgen der Staatsanwaltschaft erstreckt.

 

Wird das Urteil vom Revisionsgericht dann aufgehoben und die Sache zu erneuter Hauptverhandlung und Entscheidung in die Tatsacheninstanz zurückverwiesen, lebt die ursprünglich erfolgte Beiordnung wieder auf.   

  

Quelle:

OLG Hamm in NJW 1958, 1934 f.; OLG Stuttgart in StV 2001, 329 f.; Meyer-Goßner, Kommentar zur StPO, 49.Auflage, 2006 § 140, Rn.5; KMR, Kommentar zur Strafprozessordnung, 4.Erg.Lfg., 1988, § 140, Rn.6; BGH in NJW 1952, 797; Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5.Auflage, 2003, § 141, Rn.10; SK StPO, Band 2, 39.Lieferung, 2004, § 141, Rn.20 f.