Fahrerflucht, wer schnell weg ist kann auch schnell dran sein....

Strafrecht und Justizvollzug
06.06.20083494 Mal gelesen

§ 142 StGB ist überschrieben mit "Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort", trotzdem wird das, was sich hinter der Vorschrift verbirgt gemeinhin als Fahrerflucht bezeichnet. Die Vorschrift regelt jedoch wesentlich mehr als die  Sanktionsmöglichkeiten  im Falle des "plumpen" Weiterfahrens nach Unfall:

Wenn ein Unfall im Straßenverkehr passiert ist, muss grundsätzlich jeder Unfallbeteiligte zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines (unfallbeteiligten) Fahrzeuges und der Art seiner Beteiligung durch Anwesenheit und Angabe der Art der Beteiligung ermöglichen.

Voraussetzung ist daher nicht etwa ein Verschulden an dem Unfall , allerdings die Entstehung eines Fremdschadens.

Unfallbeteiligt kann neben dem Klassiker : Auto und Motorradfahrer selbstverständlich auch ein Fußgänger oder ein Radfahrer sein.

Ein völlig belangloser Schaden soll den Tatbestand ausschließen. Darauf zu bauen ist keinem zu empfehlen. 25 ? sind in aller Regel auch bei Kleinstschäden ziemlich sicher übertroffen.

Die Pflicht zur Ermöglichung der Feststellungen beschriebt eine passive "Duldungspflicht", Feststellungen zu ermöglichen. Die Angaben zum Unfallereignis selbst kann sich auch die Angabe beschränken, dass das eigene Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann. Im Mittelpunkt steht nach alldem die Anwesenheitsverpflichtung, die grundsätzlich nicht durch ein Kärtchen hinter der Windschutzscheibe ersetzt werden kann.

Feststellungsbereite Personen sind nicht nur die anderen Unfallbeteiligten sondern ggf. auch Dritte, beispielsweise die Polizei.

Nun muss aber niemand unbegrenzt am Unfallort verharren, wenn dort zunächst keine feststellungsbereiten Personen zur Verfügung stehen. Die Länge der Wartezeit  hängt von den Umständen, d.h der Schadenshöhe, der Tageszeit, der Witterung, der Verkehrsdichte und der Lage des Unfallortes ab.  Mit einer viertel  Stunde ist man aber noch nicht einmal bei einem geringfügigen Schaden auf der ganz sicheren Seite. Sicherer und besser dürfte es in jedem fFall sein, die Polizei durch Anforderung zur feststellungsbereiten Person zu machen.

Wer andererseits eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat und sich dann entfernt, muss die Fetststellungen unverzüglich nachträglich ermöglichen. Verlässliche Parameter für die Frage der Unverzüglichkeit gibt es auch hier nicht. Die Bewertung ergibt sich aufgrund der Gesamtumstände, allgemein bedeutet  Unverzüglichkeit: "ohne schuldhaftes Zögern".

Für nachträgliche Feststellungen kommen in erster Linie die Polizeibeamten der nahgegelegenen Polizeidienststelle, aber auch die Feststellungsberechtigten in Betracht. Nachträgliche Feststellungen muss auch derjenige in gleicher Form treffen lassen, der sich gerechtfertigt oder entschuldigt zunächst vom Unfallort entfernt hatte. Damit sind Fallgestaltungen angesprochen, in denen der Unfallbeteiligte übergeordnete oder zumindest gleichrangige Eigen.- oder Drittinteressen wahrnimmt b.z.w. der Unfallbeteilgte sich unter Schock stehend entfernt oder ein Zuwarten aufgrund der Umstände unzumutbar war. Freilich reicht indessen kaum die Angabe, man sei schockiert gewesen, denn ein schuldausschließender Unfallschock wird nur ganz ausnahmsweise anzunehmen sein.

Lange Zeit war umstritten, ob auch das unvorsätzliche Entfernen, d.h. das Entfernen ohne den Unfall bemerkt zu haben, zur Strafbarkeit führt, wenn die Feststellungen nach späterer Kenntnisnahme von dem Unfallgeschehen und der eigenen Beteiligung nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte sich letztes Jahr mit dieser Frage zu beschäftigen. Daher steht nunmehr fest, dass das unvorsätzliche Entfernen dem gerechtfertigten oder entschuldigten Entfernen nicht gleichgestellt werden darf  und daher allein durch die Versäumung unverzüglicher nachträglicher Feststellungen keine Strafbarkeit wegen Fahrerflucht entsteht.

Zur Überprüfung der Frage der Unvorsätzlichkeit  werden bisweilen Sachverständigengutachten eingeholt, in denen das Geschehen rekonstruiert  und bez. akustischer oder taktiler Wahrnehmbarkeit  bisweilen auch eindeutige  Untersuchungsergebnisse erzielt werden.

Bei einem nicht bedeutenden Sachschaden und einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs kann die Strafe gemildert oder von Strafe abgesehen werden, wenn die Feststellungen zumindest innerhalb von 24 Stunden ermöglicht werden.

Im übrigen ist i.d.R. bei einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Fahrerflucht mit einer Geldstrafe zu rechnen. Diese wird nach Tagesätzen bemessen, deren Höhe widerrum einkommensabhängig ist. Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe stellen sicher die Ausnahme dar und könnten bei sehr großem Schaden und / oder zahlreichen Vorstrafen in Betracht kommen.

Im übrigen ist Beweggrund für den Gang zum Anwalt häufig nicht die zu erwartende Geldstrafe sondern die drohende Entziehung der Fahrerlaubnis, die die der Verkehrsstraftat Verdächtigen häufig schon in Form der vorläufigen Entziehung direkt nach der Einleitung des Verfahrens zu spüren bekommen haben.

Die Fahrerlaubnis ist in der Regel zu entziehen, wenn der Unfallflüchtige wusste oder wissen konnte, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht nur unerheblich verletzt wurde oder nicht unerheblicher Sachschaden entstanden ist, wobei die Grenze bei ca. 1300 ? derzeit liegt. Ein Großteil der Verteidigungsaktivitäten des eingeschalteten Anwalts wird sich daher - der Interessenlage des Mandanten gemäß -  mit der Abwehr b.z.w. Verkürzung des Füherscheinverlustes beschäftigen.