Kassenärzte keine Amtsträger - BGH erklärt korrupte Vertragsärzte für nicht strafbar

Strafrecht und Justizvollzug
23.06.2012528 Mal gelesen
Kassenärzte, die von einem Pharma-Unternehmen Vorteile als Gegenleistung für die Verordnung von Arzneimitteln dieses Unternehmens entgegennehmen, machen sich nicht wegen Bestechlichkeit nach § 332 StGB strafbar. Auch eine Strafbarkeit wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 Abs. 1 StGB scheidet aus.

Nach langen Monaten der Unsicherheit sowohl der betroffenen Ärzte und sonstigen Beteiligten des Gesundheitswesens als auch der Staatsanwaltschaften veröffentlichte der Bundesgerichtshof am Freitag seine Entscheidung und sorgte somit für Rechtssicherheit: Ärzte können nicht wegen Bestechlichkeit strafbar sein (BGH, Beschl. v. 29.03.2012, Az. GSSt 2/11). Der BGH kommt nach Prüfung der aktuellen Gesetzeslage zu dem Ergebnis, dass niedergelassene Vertragsärzte weder als Amtsträger zu betrachten sind noch als Beauftragte der Krankenkassen handeln, wenn sie ihren Patienten Medikamente verschreiben. Die gesetzlichen Krankenkassen seien zwar Stellen öffentlicher Verwaltung im Sinne der gesetzlichen Amtsträgerdefinition. Der freiberuflich tätige Kassenarzt aber sei weder Angestellter noch Funktionsträger einer öffentlichen Behörde.

Vielmehr werde er durch den Versicherten ausgewählt. Die Verordnung eines Arzneimittels vollziehe sich im Rahmen der ärztlichen Behandlung dieses Patienten, einem personal geprägten Vertrauensverhältnis zwischen dem Patienten und seinem Arzt. Die Einbindung des Kassenarztes in das System öffentlich gelenkter Daseinsfürsorge verleihe der ärztlichen Tätigkeit nicht den Charakter hoheitlich gesteuerter Verwaltungsausübung, so dass er kein Amtsträger sein könne.

Der Bundesgerichtshof wies zudem darauf hin, dass er nur zu entscheiden hatte, ob korruptives Verhalten von Kassenärzten und Mitarbeitern von Pharmaunternehmen nach dem geltenden Strafrecht strafbar ist. Darüber zu befinden, ob die Korruption im Gesundheitswesen strafwürdig ist und durch Schaffung entsprechender Straftatbestände eine effektive strafrechtliche Ahndung ermöglicht werden soll, sei Aufgabe des Gesetzgebers.