Verteidigung bei sog. Fahrerflucht oder unerlaubtem Entfernen vom Unfallort

Strafrecht und Justizvollzug
08.04.20112404 Mal gelesen
Das Vorgehen nach Kenntnis polizeilicher oder staatsanwaltlicher Ermittlungen

Nach § 142 StGB wird derjenige bestraft, der sich als an einem Verkehrsunfall Beteiligter vom Unfallort entfernt, ohne zuvor den anderen Unfallbeteiligten die Feststellung seiner Personalien ermöglicht zu haben oder hierzu wenigstens eine angemessene Zeit gewartet zu haben, sowie derjenige, der sich zwar erlaubterweise vom Unfallort entfernt hat, die erforderlichen Feststellungen aber nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. Bekanntlich reicht die Hinterlassung einer Zettelnotiz nicht aus. Ein unbeachtlicher Bagatellschaden liegt i.d.R. bei unter 50,00 EUR vor, also in der Praxis so gut wie gar nicht.

Sachverständigengutachten der Staatsanwaltschaft über den Unfallschaden fallen regelmäßig beschuldigtenunfreundlich aus. Ob man unvorsätzlich aufgrund Nichtbemerkens den Unfallort verlassen hat, wird regelmäßig als Schutzbehauptung gewertet bzw. fällt der tatrichterlichen freien Überzeugung anheim.

Den Vorwurf der sog. "Fahrerflucht" sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Jeder, der an einem Unfall beteiligt sein könnte, hat nach § 142 StGB Angaben über seine Person und Art der Beteiligung zu machen. Sofern ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt wurde oder ein bedeutender Fremdschaden (ca. 1300,00 EUR je nach Gerichtsbezirk) gegeben ist, wird nach §§ 111a StPO, 69,II, Nr. 3 StGB i.d.R. die Fahrerlaubnis entzogen.

Entscheidend ist, ob eine Beschreibung des Fahrers vorliegt, insbesondere sich dieser im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen selbst offenbart hat. Bereits die Äußerung "man habe nichts bemerkt", ist als Eingeständnis der Fahrereigenschaft zu werten.

Wichtig ist, bis zur Akteneinsicht des Verteidigers zu schweigen. Dies gilt auch gegenüber seiner Kfz-Versicherung. Die Justiz kann sich mittels der Schadensanzeige den Nachweis der Fahrereigenschaft beschaffen. Sofern die Tat festgestellt wird, sei es durch Verurteilung oder eine Einstellung nach § 153a StPO, liegt i.d.R. eine Obliegenheitspflichtverletzung gegenüber der Versicherung mit entsprechenden Rückgriffsfolgen vor.

Auch das nachträgliche Stellen ist nicht zu empfehlen, da zumeist weder die Voraussetzungen der tätigen Reue nach § 142,IV StGB, noch die Bereitschaft der Justiz zu einer Einstellung gegeben sind, sodaß  von einer Verurteilung bzw. Eintragungen in das Verkehrszentralregister auszugehen ist.

Daher ist insbesondere mittels Akteneinsicht zu eruieren:

1) Liegt eine Fahrerbeschreibung vor und stimmt diese mit dem Beschuldigten überein?

2) Welche Zeugen gibt es und wie ist deren Glaubwürdigkeit oder die Schlüssigkeit ihrer Aussage zu beurteilen? Wer kommt noch als Fahrer in Betracht?

3) Art und Höhe des Fremdschadens und Kausalität des vermeintlichen Unfalls?

4) Unfall im öffentlichen Verkehrsraum?

5) Vorsatz, Nichtbemerkbarkeit des Unfalls, Irrtum über Unfallbeteiligteneigenschaft?

6) Menschliches Versagen, Nachtatverhalten, Regulierung des Fremdschadens und schließlich Vorstrafen  des Beschuldigten?

Erst nach Akteneinsicht kann die angezeigte Verteidigungsstrategie mit dem Mandanten besprochen werden.

Sofern die Fahrereigenschaft nicht zu beweisen ist, sollte zwingend auf eine Verfahrenseinstellung gedrungen werden. Falls der Beschuldigte auch der Fahrer ist, muß eine Regulierung des Schadens zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens und Darstellung eines sachdienlichen Nachtatverhaltens angestrebt werden. Hierbei ist zu beachten, daß auf Basis der Fahrzeughalterverantwortung eine möglichst geringe Ausgleichszahlung mit dem Unfallgegner vereinbart wird. Andernfalls kann ein Sachverständigengutachten angezeigt sein. Je nach Beweislage und Schwere der Schuld sind die verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensbeendigung zu betreiben.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

e-mail: kanzlei@rechtsanwalthesterberg.de