Beamtenrecht – Gesundheitliche Eignung von Bewerbern – Änderung des Prognosemaßstabes

Staat und Verwaltung
27.03.2014437 Mal gelesen
Beamtenbewerber müssen nicht nur fachlich, sondern auch gesundheitlich geeignet sein. Bislang galt ein strenger Prognosemaßstab. Bei Vorliegen bestimmter Risikofaktoren konnten auch gesunde Bewerber abgelehnt werden. Das Bundesverwaltungsgericht hat den strengen Maßstab nun deutlich gelockert.

Viele Gerichtsentscheidungen betrafen in der Vergangenheit z.B. die gesundheitliche Eignung übergewichtiger, aber zum Zeitpunkt der Bewerbung gesunder und leistungsfähiger Kandidaten. In zahlreichen Fällen wurde ihre Eignung verneint, obwohl sie zum Zeitpunkt der Einstellungsuntersuchung gesundheitlich nicht eingeschränkt waren.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Jahr 2013 in mehreren Entscheidungen den Prognosemaßstab zugunsten der Bewerber abgesenkt (u.a. Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 18.12).

So konnte die Eignung bislang verneint werden, wenn die Möglichkeit einer dauernden Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nach dem Erkenntnisstand im Zeitpunkt der Berufung in das Beamtenverhältnis nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden konnte. Von der Prognose wurde deshalb verlangt, dass unter Berücksichtigung des aktuellen Gesundheitszustandes der Eintritt der Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein muss. In Anwendung dieses Maßstabs konnten Bewerber schon deshalb vom Zugang zum Beamtenverhältnis ausgeschlossen werden, weil ihr gesundheitlicher Zustand vom Regelzustand abweicht. Dies galt auch in denjenigen Fällen, in denen die Leistungsfähigkeit der Bewerber aktuell und auf absehbare Zeit nicht beeinträchtigt ist, diese also gesund und leistungsfähig sind. Die negative Eignungsprognose konnte mit Typisierungen und statistischen Wahrscheinlichkeiten begründet werden. Ein Gegenbeweis oder eine nachträgliche Korrektur war praktisch nicht möglich.

Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aufgrund des langen Prognosezeitraums (mehrere Jahrzehnte) und der Komplexität medizinischer Prognosen Entscheidungen über die gesundheitliche Eignung eines Beamtenbewerbers mit erheblichen Untersicherheiten verbunden sind. Insbesondere konnten bei diesem Prognosemaßstab gesundheitliche Entwicklungen, medizinischer Fortschritt und neue Heilmethoden nicht berücksichtigt werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Prognosemaßstab deshalb praktisch umgekehrt und verlangt nunmehr, dass aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme gerechtfertigt ist, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze Dienstunfähigkeit eintreten wird. Hierzu müssen ärztlicherseits belastbare Tatsachen dargelegt werden, die eine solche negative Prognose rechtfertigen. Der begutachtende Arzt muss unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens treffen, die den Dienstherren in die Lage versetzt, die Frage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beurteilen. Er muss also darlegen, welche Gründe seine Einschätzung rechtfertigen, dass bei absehbarem Verlauf der vorhandenen Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine vorzeitige Dienstunfähigkeit eintreten wird.

Bundesverwaltungsgericht - Urteil vom 25.07.2013 - 2 C 18.12

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