Stichwort BaföG-Betrug: Neues Urteil zum Umgang mit Treuhandvermögen

Schule und Hochschule
29.03.20093360 Mal gelesen
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat in einem Beschluss vom 28.06.2007 (Aktenzeichen: 4 LA 39/06) zur rechtlichen Bewertung von Treuhandvermögen Stellung genommen.

Die Leitsätze lauten wie folgt:

  1. Ein von einem Auszubildenden verdeckt treuhänderisch gehaltenes Vermögen stellt ausbildungsförderungsrechtlich Vermögen des Auszubildenden und nicht  Vermögen des Treugebers dar.
  2. Treuhandvereinbarungen können angesichts des Grundsatzes der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung die Herausnahme des Treuhandvermögens aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen. 
  3. Auch verdeckt treuhänderisch gehaltenes Vermögen ist bei der Beantragung von Ausbildungsförderung anzugeben.

Durch den Beschluß wurde ein Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover zurückgewiesen. Das Studentenwerk hatte von einer Studentin Leistungen in Höhe von 15.979,65 Euro zurückgefordert. Diese hatte zum Zeitpunkt der Beantragung von BaföG Guthaben auf mehreren Sparkonten und Wertpapierdepots , deren Wert deutlich über die Freibeträge hinausging. Diese waren auf ihren Namen angelegt. Die Konto- bzw. Depotauszüge waren auf sie ausgestellt worden. Die Klägerin hatte außerdem Freistellungsaufträge unterzeichnet. Die Studentin hatte geltend gemacht, dass das Geld von ihrem Vater stamme. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, dass die Umstände des Falles überwiegend dagegensprächen, dass ein Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Vater bestanden habe.

Für die ausbildungsförderungsrechtliche Zuordnung des Vermögens sei grundsätzlich maßgebend, wer formal die volle Verfügungsmacht über das Vermögen besitzt. Die Klägerin sei formal Inhaberin der auf ihren Namen eingerichteten Wertpapierdepots gewesen und hat damit ungeachtet dessen, dass ihr Vater für die Konten Vollmacht besessen hat und über die Konten bzw. Depots Aktiengeschäfte abgewickelt haben soll, formal die uneingeschränkte Verfügungsberechtigung über die Depots gehabt. Daher hat es sich bei den in den Wertpapierdepots verwahrten Wertpapieren um Vermögen der Klägerin im Sinne des § 27 Abs. 1 BAföG gehandelt. Das wäre auch dann der Fall gewesen, wenn die Klägerin die Wertpapiere lediglich treuhänderisch für ihren Vater gehalten haben sollte. Denn auch ein von einem Auszubildenden verdeckt treuhänderisch gehaltenes Vermögen stellt ausbildungsförderungsrechtlich Vermögen des Auszubildenden und nicht Vermögen des Treugebers dar.  Ob dies auch dann gilt, wenn das Treuhandverhältnis offengelegt worden ist, könne dahinstehen. Denn davon sei in diesem Fall nicht auszugehen. Es brauche auch nicht erörtert zu werden, ob die Anregung, Depotkonten auf ihren Namen einzurichten, von einem Mitarbeiter der Commerzbank stamme und ihr Vater ausschließlicher Ansprechpartner der Banken gewesen sei. Denn die Klägerin habe in dem von ihr unterschriebenen Antrag auf Eröffnung des Einzelkontos und -depots angegeben, auf eigene Rechnung zu handeln. Außerdem habe sie Freistellungsaufträge gestellt und damit gegenüber den Banken und dem damaligen Bundesamt für Finanzen, dem die Daten des Freistellungsauftrags mitzuteilen waren, geltend gemacht, dass die Kapitalerträge und damit auch das Kapital steuerrechtlich ihr zuzuordnen seien. Daher kann von einem offengelegten Treuhandverhältnis keine Rede sein. Der Zuordnung des Wertpapiervermögens zum Vermögen der Klägerin stehe auch nicht entgegen, dass Gegenstände, die der Auszubildende aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann, nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG von seinem Vermögen ausgenommen sind. Denn vertragliche Bindungen und Beschränkungen, die eine objektive Zugriffsmöglichkeit auf die Vermögensgegenstände unberührt lassen, können angesichts des Grundsatzes der Nachrangigkeit staatlicher Ausbildungsförderung die Herausnahme aus der Vermögensanrechnung nicht rechtfertigen.

OVG Lüneburg - B.v. 28.06.2007 - 4 LA 39/06

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