Müssen VW und Porsche Schadenersatz in Milliardenhöhe zahlen?

Schadensersatzrecht
17.10.201791 Mal gelesen
Am 12. Oktober begann das Musterverfahren gegen Volkswagen und Porsche. Zahlreiche Investoren fühlen sich durch die die Übernahmeschlacht von 2008 begleitenden Vorgänge betrogen und verlangen Schadenersatz in Milliardenhöhe.
Am 12. Oktober begann das Musterverfahren gegen Volkswagen und Porsche. Zahlreiche Investoren fühlen sich durch die die Übernahmeschlacht von 2008 begleitenden Vorgänge betrogen und verlangen Schadenersatz in Milliardenhöhe. Die Verbindung zwischen VW und Porsche ist seit jeher eng. Anton Piëch, ein Schwiegersohn Ferdinand Porsches übernahm 1945 die Geschäfte bei Volkswagen und übertrug sie später an seinen Sohn. Ab 2005 erwarben die Porsches immer mehr Anteile von VW und versuchten 2008, den viel größeren Konzern komplett zu übernehmen.
Vor dem Landgericht Hannover haben sich nun 42 Investoren für eine Sammelklage gegen die Konzerne zusammengeschlossen. Ihr Vorwurf: VW und Porsche sollen ihre Anleger bewusst getäuscht haben. Die Kläger fordern Schadenersatz in Höhe von rund 5,4 Milliarden Euro.
Die Ursprünge der Übernahmeschlacht liegen im Jahr 2005: Porsche kaufte 20% der VW-Aktien und war somit größter Aktionär des Wolfsburger Unternehmens. Beständig betonte Porsche, nicht mehr als 30% der VW-Aktien übernehmen zu wollen, de facto bauten die Stuttgarter ihre Anteile immer weiter aus.
Im März 2008 erfolgte die Offensive: Porsche preschte vor und erklärte, mehr als die Hälfte aller VW-Aktien kaufen zu wollen. Schnell berichteten diverse Medien, Porsche plane eine Erhöhung der Beteiligung auf über 75%. Porsche dementierte, bezeichnete die Meldungen als "Börsengerüchte" und Spekulationen. Im Oktober 2008 teilte Porsche mit, 74,1 der VW-Aktien zu besitzen und bis 2009 75% der Anteile übernehmen zu wollen, um einen Beherrschungsvertrag in die Wege zu leiten. Hier sehen die Anleger eine gezielte Täuschung: Porsche habe bereits im März eine Beteiligung von 75% in den Blick genommen, bei VW sei ebenfalls bekannt gewesen, dass eine Beherrschung das Ziel der Stuttgarter war. Beide Konzerne hätten ihre Anleger grob fahrlässig getäuscht. VW und Porsche bestreiten dies.
Joachim Cäsar-Preller, Leiter der Anwaltskanzlei Cäsar-Preller in Wiesbaden sagt: "Das Urteil könnte VW und Porsche Milliarden kosten. Die Übernahmeschlacht brachte viele Anleger in Bedrängnis." Sie hatten auf fallende Kurse spekuliert, mussten VW-Aktien erwerben, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können. Es waren aber kaum mehr Aktien auf dem Markt, Porsche hatte sich über Optionen bereits 75% der Anteile gesichert. In der Folge schoss der VW-Kurs in die Höhe, binnen zweier Tage stieg er auf über 1000 Euro an, die Investoren machten hohe Verluste.
Der Kurs sank ebenso schnell, wie er gestiegen war.
Adolf Merckle, ein bekannter Investor, verlor nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung durch die Turbulenzen an der Börse knapp eine Milliarde Euro. Im Januar 2009 nahm er sich das Leben. Wenig später mussten die Stuttgarter ihre Übernahmepläne begraben. Um sie zu finanzieren, hatte Porsche Schulden in Milliardenhöhe aufgenommen. VW setzte zum Gegenangriff an: Bereits Ende 2009 hielten die Wolfsburger die Hälfte der Anteile von Porsche, am 1. August 2012 übernahm Volkswagen die komplette Porsche AG. Nach der verlorenen Übernahmeschlacht gingen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und sein Finanzchef Holger Härter in Stuttgart von Bord. Kurz darauf leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen sie ein. Härter wurde 2013 wegen Kreditbetrugs zu einer Geldstrafe verurteilt, das Stuttgarter Landgericht sah es als erwiesen an, dass er die französische Bank BNP Paribas getäuscht hat. Vom Vorwurf der Marktmanipulation wurden Wiedeking und Härter jedoch freigesprochen.
Rechtsanwalt Cäsar-Preller meint zur Sammelklage der Anleger: "Entscheidend wird sein, ob Porsche von Anfang an geplant hat, 75% der VW-Aktien zu übernehmen und so die Anleger vorsätzlich getäuscht hat, und ob dieser Vorwurf zu beweisen ist."