Zurechnung von unlauteren Handlungen eines Mitarbeiters (BGH Urteil vom 19.04.2007, Az.: I ZR 92/04)

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
02.10.2007654 Mal gelesen

Für Unternehmensinhaber und Geschäftsführer gleichermaßen ist es von besonderem Interesse, von Ansprüchen freigehalten zu werden, die aufgrund von Äußerungen oder Handlungen der Mitarbeiter entstehen.

Der BGH hatte sich nunmehr in einer vor kurzem veröffentlichen Entscheidung erneut mit der Frage zu beschäftigen, inwieweit Handlungen der Mitarbeiter oder einer beauftragten Person für den Unternehmensinhaber zurechenbar sind. Hierbei stellte der BGH u.a. fest, dass derartige zurechenbare Handlungen über § 8 Abs. 2 UWG weitreichende Folgen haben können. Im konkreten Fall verneinte er jedoch eine Handlungszurechnung aufgrund einer rein privaten Handlung eines Mitarbeiters.

Gemäß § 8 Abs. 2 UWG werden dem Inhaber eines Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet. § 8 Abs. 2 UWG regelt den so genannten Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Wettbewerbsverstößen seiner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer so genannten Erfolgshaftung ohne Entlastungsmöglichkeit (BGH GRUR 2000, 907, 909 - Filialleiterfehler). Es ist daher dem Unternehmensinhaber grundsätzlich nicht möglich, sich darauf zu berufen, er habe die Zuwiderhandlung seiner Mitarbeiter oder der beauftragten nicht gekannt oder nicht verhindern können. Der Grund hierfür liegt darin, dass dem Unternehmensinhaber dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zugute kommen sich nicht bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung hinter den von ihm abhängigen Personen verstecken können soll.

 I. Sachverhalt

Dem nun entschiedenen Fall des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde.

Der Beklagte war ein überregional tätiger Lohnsteuerhilfeverein. Die Geschäftsführerin einer Beratungsstelle beschäftigte im Außendienst die Mitarbeiterin Z. Diese fertigte für einen Gewerbetreibenden so genannte Einnahme- und Überschussrechnungen für die Jahre 2001 und 2002 an. Z. unterschrieb hierbei die Einnahmeüberschussrechnung 2001 mit dem Vermerk: "Bei der Erstellung hat mitgewirkt, Frau St. LSHVV eingetragener Verein", die Einnahmeüberschussrechnung 2002 mit dem Vermerk: "Erstellt am 9. Juli 2002 von St. Lohnsteuerhilfeverein, eingetragener Verein M."

Hiergegen wandte sich eine Steuerberaterkammer und beanstandete die Erstellung der Einnahmeüberschussrechnungen und wertete diese als Wettbewerbsverstoß. Der Beklagte sei als Lohnsteuerhilfeverein nicht befugt, bei Einkünften aus einem Gewerbebetrieb geschäftsmäßig in Steuersachen Hilfe zu leisten. Der Beklagte habe sich hierbei das Verhalten seiner Mitarbeiterin Z. zurechnen zu lassen.

Der Beklagte hat vorgetragen, ein Anspruch scheiterte daran, dass zwischen ihm und der Mitarbeiterin Z. keinerlei Vertragsverhältnis bestünde. Die Geschäftsführerin der Beratungsstelle habe sowohl eigenverantwortlich gehandelt und diese auch ohne Kenntnis in der Beratungsstelle beschäftigt. Z. habe die Einnahmeüberschussrechnungen als reine private Gefälligkeit und nicht für steuerliche Zwecke gefertigt. Vielmehr diente die Einnahmeüberschussrechnung der Vorlage bei der Wohngeldstelle.

II. Entscheidungen der Ausgangsgerichte:

Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht gaben dem Unterlassungsantrag der Klägerin statt und begründeten dies damit, dass es sich der Beklagte gemäß § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen müsse, dass die Mitarbeiterin Z., die in der Beratungsstelle im Außendienst tätig gewesen ist, mit der Erstellung der Einnahmeüberschussrechnungen für die Jahre 2001 und 2002 wettbewerbswidrig gehandelt habe. Hierbei sei es insbesondere unerheblich gewesen, ob zwischen dem Beklagten und dem Z. ein Vertragsverhältnis bestanden habe und ob er von deren Tätigkeit gewusst habe. Z. habe durch die entsprechenden Vermerke auf den Einnahmeüberschuss Rechnungen objektiv deutlich gemacht, dass Sie als Mitarbeiterin der Beratungsstelle des Beklagten gehandelt habe.

III. Entscheidung des BGH:

Der BGH ist dieser Beurteilung und der Entscheidungen nicht gefolgt. Zwar sei dem Oberlandesgericht darin zuzustimmen, dass ein Lohnsteuerhilfeverein wettbewerbswidrig handle, wenn er einem Mitglied Hilfe in Steuersachen leistet, sofern hier auch Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen.

Letztlich scheitere ein Anspruch jedoch daran, dass der Beklagte nicht für das Verhalten der Mitarbeiter hafte. Soweit das Oberlandesgericht festgestellt habe, dass Z. im Unternehmen der Beklagten in Ausübung seiner Tätigkeit als Mitarbeiter der Beratungsstelle gehandelt habe, habe das Oberlandesgericht wesentliches Vorbringen des Beklagten übergangen. Dieser hatte mehrfach vorgetragen und auch unter Beweis gestellt, dass Z. die Einnahmeüberschussrechnungen außerhalb seiner Mitarbeitertätigkeit und ohne Kenntnis der Beratungsstellenleitung gefertigt habe. Folglich habe sie auch dem entsprechenden Gewerbetreibenden, der unstreitig nicht Mitglied des Beklagten sei, eine Gefälligkeit erweisen wollen.

Sofern dieses Vorbringen zutrifft, habe Z. jedoch nicht im Namen des Unternehmens des Beklagten gehandelt, sondern im rein privaten Bereich, dies allerdings unter Missbrauch des Namens des Beklagten und außerhalb der Grenzen seiner rechtlichen Befugnisse. Die Berufungsinstanz hat über diese Frage nach entsprechender Zurückverweisung neu zu verhandeln. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in diesem Fall der Beklagte für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß des Z. gerade nicht verantwortlich wäre. Unterstellt der Vortrag des Z., haftet der Beklagte für private Handlungen seiner Mitarbeiter dem Unternehmensinhaber gerade unter wettbewerbsrechtlichen Aspekten nicht. Daran ändere auch der Umstand nichts, so der BGH das Hilfeleistungen in Steuersachen als solche in beschränktem Umfang zur Unternehmenstätigkeit des Beklagten gehörten. Für Handlungen von Mitarbeitern in ihrem privaten Bereich gelte der Rechtsgedanke des § 8 Abs. 2 UWG jedoch nicht.