Fahrzeug-Diebstahl/Teilkasko: Angaben „ins Blaue“ zur Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs führen im Versicherungsfall zur Leistungsfreiheit des Versicherers.

Schaden, Versicherung und Haftpflicht
15.10.2010693 Mal gelesen

Der Kläger, teilkaskoversichert  bei der Beklagten, verlangte von dieser  Entschädigung wegen Diebstahls seines Motorrads. Dabei gab er in der Schadensanzeige eine Laufleistung von 8.000 km an; die tatsächliche Laufleistung belief sich dabei aber auf 11.000 km. Unabhängig davon, ob die Abweichung von der tatsächlichen Laufleistung  oder der falschen Angabe berechnet wird, ergebe sich eine Abweichung von entweder 27, 27 oder 37 Prozent, was in jedem Fall eine erhebliche Abweichung darstelle. Eine Korrektur der Angaben erfolgte seitens des Klägers zudem erst nach einem Jahr.

 

Das LG Berlin entschied, dass der Kläger als Versicherungsnehmer den objektiven Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung aus dem Versicherungsverhältnis verletzt habe. Die Entscheidung des Gerichts beruht dabei noch auf der alten Gesetzesfassung des  § 6 Abs. 3 S.1 VVG a.F., wonach sich bereits aus der objektiven Obliegenheitsverletzung eine Vorsatzvermutung ergebe.

 

Dem Kläger könne zwar keine sichere Kenntnis, aber zumindest das Bewusstsein der Möglichkeit, dass seine Angaben falsch waren, vorgeworfen werden. Einen Gegenbeweis hat er auch nicht erbracht, insofern ging das Gericht von billigender Inkaufnahme und damit bedingtem Vorsatz aus. Eine vollständige Leistungsverweigerung statt einer bloßen Leistungskürzung sei  damit seitens des Versicherers auch gerechtfertigt. Zwar genügt nach ständiger Rechtsprechung, dass bei fehlenden  Zeugen, auch die eigenen Angaben einer Partei zum Nachweis genügen-  dies aber unter der Voraussetzung, dass gegen die persönliche Glaubwürdigkeit und Lauterkeit des Versicherungsnehmers keinerlei Bedenken bestehen.  Die Falschangabe des Klägers und das Fehlen einer nachvollziehbaren Begründung hierfür sowie die erst nach einem Jahr eingereichte Korrektur führten aber zu erheblichen Bedenken hinsichtlich der persönlichen Glaubwürdigkeit des Klägers, so dass die Voraussetzungen einer Entschädigung nicht gegeben sind.

 

Zu erwähnen sei allerdings, dass das LG Berlin hierbei noch auf Grundlage der alten Gesetzesfassung urteilte. Nach neuem Recht entfällt die bereits erwähnte Vorsatzvermutung, so dass zukünftig  der Versicherer  dem Versicherungsnehmer eine Verletzung seiner Obliegenheitspflicht nachzuweisen hat. Auch bei vorsätzlichen Falschangaben bleibt dann die Leistungspflicht des Versicherers weiterhin bestehen,  wenn dieser nicht zusätzlich nachweisen kann, dass die Pflichtverletzung ursächlich  für den Eintritt oder den Umfang der Leistung war!

Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass das oben geschilderte Urteil nicht verallgemeinerungsfähig ist. Vielmehr bedarf es einer genauen Prüfung des Einzelfalls, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

Der Autor Sven Skana ist Fachanwalt für Verkehrsrecht, Spezialist für Verkehrs-Unfallrecht sowie Spezialist für Führerscheinangelegenheiten im Betäubungsmittelrecht. Er ist Partner in der Kanzlei Roscher, Johlige & Partner in Berlin-Charlottenburg, Kurfürstendamm 28, 10 719 Berlin, Tel: 030/886 81 505.