OLG Hamm: Abkürzen vor einer roten Ampel erlaubt.

anwalt24 Fachartikel
06.09.2013297 Mal gelesen
„Ein Lichtzeichenanlage die für den Betroffenen Rotlicht zeigt, verbietet nicht, vor der Ampelanlage auf einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich (hier: ein Tankstellengelände) abzubiegen und nach Durchfahren dieses Geländes hinter der Lichtzeichenanlage wieder in den durch sie geschützten Verkehrsraum einzufahren.“

Das gelte auch dann, wenn dieser Fahrvorgang der Umfahrung der Lichtzeichenanlage diene. Es liege dann kein Rotlichtverstoß vor. Dies entschied das OLG Hamm durch Beschluss vom vom 2. Juli 2013 (AZ.: 1 RBs 98/13), hob damit ein Urteil des AG Dortmund auf und sprach den Betroffenen frei. Dieser war in Dortmund von der Polizei angehalten worden, nachdem er eine Ampel über ein Tankstellengelände umfahren hatte.

"Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlicher Nichtbefolgung eines Wechsellichtzeichens zu einer Geldbuße von 200 Euro verurteilt und gegen ihn ein einmonatiges Fahrverbot (unter Gewährung der sog. "Viermonatsfrist") verhängt (§§ 37, Abs. 2, 49 StVO, 24, 25 StVG). Nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil befuhr der Betroffene am 20.09.2012 in E den C I-Weg und wollte links in die P-Straße abbiegen. Da an der Kreuzung die Lichtzeichenanlage für den Betroffenen Rotlicht zeigte, bog der Betroffene vor der Kreuzung nach links auf das Gelände einer im Eckbereich der beiden Straßen liegenden Tankstelle ab. Er überquerte das Tankstellengelände und verließ dieses an der Ausfahrt zur P-Straße, indem er in diese nach links einbog."

"Das Rotlicht verbietet dagegen nicht, vor der Ampelanlage abzubiegen und einen nicht durch die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen Parkplatz oder - wie hier - ein Tankstellengelände einzufahren. Ebenso wenig untersagt es, von einem nicht durch die Signalanlage geschützten Bereich auf den hinter dieser, durch sie also geschützten Verkehrsraum zu fahren; denn das Rotlicht wendet sich selbstverständlich nur an denjenigen Verkehrsteilnehmer, der es - in seiner Fahrtrichtung gesehen - vor sich findet (BayObLGNZV 1994, 80; BayObLG, Beschl. v. 07.07.1981- 2 Ob OWi 185/81, zit. nach Janiszewski NStZ 1982, 107, 109; OLG Hamm VRS 55, 292, 293; OLG Köln DAR185, 229, 230; OLG Oldenburg NJW 1985, 1567; Janker in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Aufl., StVO § 37 Rdn. 3; vgl. auch Lehmpuhl DAR 2002, 433). Mit einer solchen Vorgehensweise nutzt der Verkehrsteilnehmer lediglich eine Lücke, die es ihm ermöglicht, sich außerhalb der Reichweite des Haltegebots fortzubewegen. Das auch ansonsten zulässige und nicht bußgeldbewehrte Verhalten des Auffahrens und Verlassens eines Privatgrundstücks wird nicht dadurch zur Ordnungswidrigkeit, dass es durch die Vermeidung des Anhaltens vor einer Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage motiviert ist. Die oben geschilderte Gefährdungslage ist bei einer solchen Verhaltensweise nicht gegeben. Vielmehr ist lediglich die Gefährdungslage des (grundsätzlich aber erlaubten) Ein- und Ausfahrens auf ein bzw. von einem Privatgrundstück gegeben, die aber durch die Wechsellichtzeichenanlage nicht vermindert werden soll (OLG Hamm VRS 55, 292, 293)."

Es begeht also nur derjenige einen Rotlichtverstoß, der eine Ampel direkt überfährt oder über einen Gehweg, Parkstreifen, Radweg, Randstreifen oder eine Busspur umfährt. Ein Rotlichtverstoß ist teuer: Zwischen 90,00 und 360,00 EUR Bußgeld können verhängt werden, zusätzlich muß man mit bis zu 4 Punkten im Bundesverkehrszentralregister rechnen.

Rechtsanwalt Holger Hesterberg

Bundesweite Tätigkeit. Mitgliedschaft im DAV.

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