Wie lauten die Regeln für Blitzer allgemein und speziell in NRW?

Wie lauten die Regeln für Blitzer allgemein und speziell in NRW?
21.08.201313712 Mal gelesen
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat der Betroffene im Bußgeldverfahren einen Anspruch darauf, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten belangt zu werden. Es handelt sich um einen Rechtsanspruch mit Verfassungsrang.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) hat der Betroffene im Bußgeldverfahren einen Anspruch darauf, nur aufgrund ordnungsgemäß gewonnener Messdaten belangt zu werden. Es handelt sich um einen Rechtsanspruch mit Verfassungsrang.

In allen Bundesländern sind folgende rechtliche Anforderungen an Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr zu beachten:

Es müssen die Vorschriften des Eichgesetzes, der Eichordnung und die Zulassungsvorschriften der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt (PTB) eingehalten werden, damit die Gewinnung der Messdaten, "ordnungsgemäß" im Sinne der Rechtsprechung des BGH ist. 

Messgeräte, die zur amtlichen Überwachung im Straßenverkehr eingesetzt werden, unterliegen einer Eichpflicht. Nach § 25 Abs.1 Nr.3 des Eichgesetzes ist es verboten, ungeeichte Messgeräte für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs zu  verwenden.  

Die Zulassung für ein Messgerät, wird von der PTB erteilt, wenn die Bauart des Gerätes eine Messrichtigkeit, eine Messbeständigkeit und eine Prüfbarkeit gewährt. Nur wenn die PTB eine Gerätezulassung erteilt hat, dürfen    entsprechende amtliche Stellen das Messgerät nach den bestehenden Vorgaben eichen, der Gerätebetreiber darf amtliche Messungen im geeichten Zeitraum nach den Vorgaben der Bedienungsanleitung des Messgeräteherstellers durchführen.  

Die Eichgültigkeit des Messgerätes muss im Zeitpunkt der Messung gegeben sein.

Jedoch muss man als Betroffener berücksichtigen, dass die Eichgültigkeit eines Messgerätes nicht der Garant dafür ist, dass das Messgerät über den genannten Eichzeitraum ohne technische Mängel ordnungsgemäß funktioniert, da ein      Messgerät von einer Vielzahl verschiedener Personen bedient wird und einer allgemein starken Beanspruchung unterliegt. Ein Messgerät, das fest eingebaut ist, ist weniger beansprucht, als ein Messgerät, das überwiegend im Handbetrieb verwendet wird. Dennoch kann es notwendig werden, dass Messgerät innerhalb des Eichzeitraums einer Reparatur zuzuführen, bei dem ein Defekt behoben wird oder ein Eingriff aufgrund einer technischen Veränderung notwendig ist (Beispiel: Änderung an Bauteilen, Softwareverbesserung). Solche nachträglichen Eingriffe am Messgerät können das Erlöschen von dessen Eichgültigkeit zur Folge haben. 

In NRW obliegt die Aufgabe der Geräteeichung den Zentralen Polizeilichen Diensten (ZPD). Diese Dienststelle führt im Beisein eines Bediensteten Erst- und Nacheichungen durch und überwacht anhand der Dokumentationen in der Lebensakte die Einhaltung der Eichfristen und erinnert die einzelnen    Gerätebetreiber (örtliche Polizeibehörden) an die rechtzeitige Vorführung der Geräte zur Nacheichung. Als eichbehördlich anerkannter Instandsetzungsbetrieb ist die ZPD mit der Wartung und Instandsetzung der Verkehrsradargeräte beauftragt.

Die maßgebliche gesetzliche Regelung für die Verkehrsüberwachung befindet sich in den Richtlinien der Bundesländer zur Geschwindigkeitsüberwachung       (Verkehrsüberwachungsvorschriften, VKÜ). Diesen kommt eine entscheidende Bedeutung zu, insbesondere für die Eindeutigkeit der Durchführung der Messungen und Anwendung verschiedener Toleranzen für den Messbeamten.       

Die Richtlinien schreiben unter anderem vor: Behördlicher Geltungsbereich, Auswahl der Messstellen, zeitliche Vorgaben, Entfernung zur Geschwindigkeitsbeschränkung (nicht in NRW), Messwerttoleranzen, Anforderungen an das Messpersonal (Ausbildung), Einsatz von privatem Messpersonal, Anforderungen an das Messprotokoll, Anforderungen an die Anhalteprozedur.     

Es handelt sich bei den Verkehrsüberwachungsvorschriften aber nur  um innerdienstliche Weisungen ohne Gesetzescharakter, die aber über den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz Wirkung nach außen entfalten und von Bußgeldrichtern zu beachten sind.    

In NRW basieren die Richtlinien auf einem Runderlass des         Innenministers aus dem Jahr 2009. Unter Ziffer 3.5 finden sich die Regelungen für die technische Verkehrsüberwachung, also Radarfallen, Blitzer & Co. Ein zuvor bestehender Runderlass aus dem Jahr 1996, der noch Regelungen zum Mindestabstand von Verkehrsüberwachungsanlagen zu Geschwindigkeitsbegrenzenden Anordnungen enthielt, wurde mit diesem Runderlass aufgehoben. Alle anderen VKÜ der Bundesländer enthalten solche Abstandsvorgaben.           

Nachstehend ein Auszug aus der NRW-Richtlinie:                  

Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei Nordrhein-Westfalen, RdErl. d. Innenministeriums - 41 - 61.02.01 - 3 - v. 19.10.2009                

"Die Geschwindigkeitsüberwachung soll vorrangig an Unfallhäufungsstellen und auf Unfallhäufungsstrecken sowie in schutzwürdigen Zonen (z. B. an Kindertagesstätten, Schulen, Seniorenheimen) erfolgen. Einsatzorte und -Zeiten sind zwischen Polizei und Ordnungsbehörden abzustimmen.

Verbleibt bei Geschwindigkeitsmessungen nach Abzug der Toleranzwerte eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 5 km/h, so ist von einer Verfolgung abzusehen.       

Bei Schrittgeschwindigkeit ist von 10 km/h als zulässige Höchstgeschwindigkeit auszugehen. Die Einhaltung der Schrittgeschwindigkeit darf durch Polizeibeamte auch ohne Nutzung technischer Verfahren festgestellt werden, sofern der Tatbestand keine Nennung eines konkreten Überschreitungswertes erfordert.    

Der Einsatz von Videofahrzeugen ermöglicht es, Verkehrsverstöße im fließenden Verkehr beweissicher festzustellen und zu dokumentieren. Er dient vor allem der Verfolgung schwerwiegender Verkehrsverstöße. Das            Fehlverhalten ist aufzuzeichnen, die für den Überwachungsvorgang wesentlichen Beobachtungen sind zu dokumentieren. Dem Beschuldigten/Betroffenen soll vor Ort die Möglichkeit gegeben werden, sich die Aufzeichnung anzusehen.           

Bei Ende des Einsatzes sind die als Beweismittel notwendigen Sequenzen getrennt nach Straftaten und Ordnungswidrigkeiten unter Beachtung der         datenschutzrechtlichen Bestimmungen auf Datenträgern zu archivieren. Die Löschung der Aufzeichnungen erfolgt, wenn diese als Beweismittel nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch zum Zeitpunkt der Vernichtung zugehöriger Akten. Alle sonstigen Bilddaten sind nach Ende des Einsatzes vom Aufnahmemedium zu löschen.              

Bei Geschwindigkeitsmessungen durch Nachfahren ist wie folgt zu verfahren: Die Messstrecke muss bei  abgelesenen Geschwindigkeiten bis 90 km/h mindestens 400 m, bei Geschwindigkeiten von mehr als 90 km/h mindestens 500 m betragen. Während der Vergleichsfahrt ist ein - der  Geschwindigkeit angepasster - annähernd gleicher Sicherheitsabstand und dauerhafter Sichtkontakt zum vorausfahrenden Fahrzeug zu halten. Dieser Abstand darf sich vergrößern, aber nicht verringern.            

Wird eine Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren durchgeführt, sind von dem abgelesenen  Tachometerwert 20 % als Sicherheitsabschlag abzuziehen. Dezimale sind dabei zu Gunsten des Betroffenen auf einen vollen Wert zu runden.           

Technische Aufzeichnungen von Fahrzeugen, die mit Kontrollgeräten ausgerüstet sind, können zur Geschwindigkeitskontrolle herangezogen werden. Von der aufgezeichneten Geschwindigkeit sind 6 km/h zugunsten des Betroffenen abzuziehen.           

Führen die Auswertungen zum Ergebnis, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde und der Verstoß vor Ort nicht mit einem Verwarnungsgeld  abgeschlossen werden kann, sind technische Aufzeichnungen als Beweismittel sicherzustellen, sofern die Daten nicht           anders gesichert werden können. Dem Fahrzeugführer ist die          Sicherstellung zu bescheinigen."

...       

      

- Wo darf mit mobilen Blitzern überhaupt geblitzt werden? 

Praktisch überall, wo die äußeren Bedingungen (Topographie der Umgebung, Wetter- und Sichtverhältnisse) die Bedingungen  erfüllten, die nach den Zulassungsvorschriften und der Bedienungsanleitung für einen störungsfreien Betrieb des jeweilige Messgerät ausreichen. Vorrangig soll an Unfallhäufungsstellen geblitzt werden. Das in der Praxis leider nicht selten fiskalische Interessen bei der Auswahl der Messstellen im Vordergrund stehen, ist nach Ansicht des Verfassers nicht von der Hand zu weisen.

 

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Demuth ist auf die Verteidigung von Betroffenen und Beschuldigten in Verkehrsstraf- und Bußgeldverfahren spezialisiert - bundesweit. Weitere Infos: www.cd-recht.de