Handel mit Bußgeldpunkten: Risikofreie Option für Verkehrssünder?

anwalt24 Fachartikel
21.02.20122276 Mal gelesen
Kann man sich nach Verkehrsdelikten Straffreiheit erkaufen? Diese Frage kann sich stellen, wenn man als ertappter Verkehrssünder einschlägige Angebote zum Punktehandel im Internet sieht. Drohen Fahrverbot und ein pralles Punktekonto wirken sie auf manche wie ein Rettungsanker.

Ob dieser Weg der Übernahme von Bußgeldpunkten durch andere als den Täter tatsächlich straffrei möglich ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. 

Es hängt entscheidend davon ab, wie die Beteiligten sich im konkreten Fall verhalten. 

Wenn der Betroffene wider besseren Wissens gegenüber der Bußgeldstelle eine konkrete Person in Deutschland als Fahrzeuglenker bezichtigt, begeht er die Straftat einer falschen Verdächtigung (§ 164 StGB), denn er beabsichtigt, die Herbeiführung eines behördlichen Verfahrens gegen den Punkte-Übernehmer. Diese Handlung ist mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. 

Daher sollte man als betroffener Autofahrer unbedingt vermeiden, bei der Anhörung einfach wahrheitswidrig eine andere Person als Fahrer anzugeben. Etwas anderes gilt, wenn diese Person im entfernten Ausland sitzt, denn hier kann die deutsche Behörde in der Regel nicht nachforschen, so dass die Absicht der Falschbezichtigung nicht nachweisbar sein dürfte. 

Das Risiko einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung umgeht der betroffene Verkehrssünder aber, indem er den Anhörungsbogen an die zur Punkteübernahme bereite Person übergibt, die dann ihrerseits die Anhörung der Bußgeldstelle zuschickt. 

Die Selbstbezichtigung in Bußgeldsachen ist nämlich straflos. Die Gefahr einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung für den Verkehrssünder und den Punkteübernehmer (als Mittäter oder Anstifter) ist auf diese Weise vom Tisch. 

Auch der die Bereitschaft zur Punkteübernahme inserierende Dritte würde sich bei diesem Vorgehen nicht als Mittäter oder Anstifter nach § 164 StGB strafbar machen. 

Etwas umstrittener ist die Frage einer Strafbarkeit wegen mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 StGB

Darin heißt es:  "Wer bewirkt, dass Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft." 

Für die Strafbarkeit ist somit entscheidend, ob das Verkehrszentralregister ein "öffentliches" Register oder eine "öffentliche" Datei darstellt. Das Kraftfahrtbundesamt hat diese Meinung vertreten und mit dieser Argumentation schon einmal vor Jahren versucht, den florierenden "Punktehandel" zu unterbinden und in solchen Fällen Strafanzeigen erstattet. Jedoch ohne Erfolg. Der Grund: 

Bei dem Verkehrszentralregister handelt es sich recht eindeutig nicht um ein "öffentliches" Register oder eine "öffentliche" Datei, was Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendbarkeit des § 271 StGB wäre. 

Während in öffentlichen Registern wie z.B. dem Handelsregister oder dem Gewerberegister Auskünfte an Jedermann erteilt werden, steht das Verkehrszentralregister für Auskünfte nur Behörden oder dem Betroffenen selbst offen und ist daher auch kein öffentliches Register oder Datei. 

Im Ergebnis kommt eine Strafbarkeit wegen mittelbarer Falschbeurkundung somit auch nicht in Frage.

Mein Rat an Betroffene: 

  • Wer angibt, dass im Tatzeitpunkt, das Fahrzeug von einer Person aus dem Ausland gesteuert wurde, aktiviert meist die Alarmglocken der Behörde und muss sich auf eine gründliche Überprüfung einstellen. Als Ermittlungsmaßnahmen kommen der Besuch durch einen Mitarbeiter des Ordnungsamtes oder eines Polizisten zwecks Bildvergleichs oder die Einholung eines Passbildes des Fahrzeughalters durch die Behörde in Betracht. 
  • Kommt eine andere Person als Fahrer zum Tatzeitpunkt in Frage, sollte eine Stellungnahme gegenüber der Bußgeldbehörde unbedingt vermieden und das Anhörungsschreiben an diese Person weitergereicht werden.   
  • Die Dritte Person, die sich gegenüber der Bußgeldbehörde als Fahrer bezeichnet, kann mit dem Erlass des Bußgeldbescheids gegen sich rechnen, sofern Alter und Geschlecht mit dem ursprünglichen Empfänger des Anhörungsbogens ungefähr übereinstimmen. Andernfalls könnte die Behörde skeptisch werden.
  • Eine Erfolgsgarantie für dieses Vorgehen gibt es nicht. Letztlich ist es eine Frage der Gründlichkeit der Behörde. 

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Der Verfasser, Rechtsanwalt Christian Demuth, ist auf die Verteidigung bei Vorwürfen im Straßenverkehr spezialisiert. Nähere Informationen: www.cd-recht.de