„Tatort-Kritik“ – „Allmächtig“: Was tun bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet? Hilft ein Exorzist oder ein Rechtsanwalt?

Medien- und Presserecht
23.12.2013411 Mal gelesen
Im gestrigen Tatort wurde das Leben verschiedener Protagonisten durch ungewollte Filme im Internet ruiniert. Ein Exorzismus war offensichtlich die falsche „Lösung“ um Asnat und sein Team zu stoppen. Wie hätten die Betroffenen vorgehen können?

Als im Persönlichkeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt kam der Verfasser nicht umhin, die im gestrigen Tatort dargestellten Filme und deren rechtliche Zulässigkeit einzuschätzen. Tatsächlich ist es so, dass es aus rechtlicher Sicht wesentlich effektivere und "einfachere" Möglichkeiten gegeben hätte, den "Bösen": Asnat zu stoppen. Ein Exorzismus wäre jedenfalls nicht nötig gewesen.

Hier nun eine Einschätzung der rechtlichen Zulässigkeit der einzelnen Videos:

"Messie-Marie": Die Rechtswidrigkeit dieses Videos steht völlig außer Frage! Selbstverständlich ist es völlig unzulässig, nach dem Öffnen einer Tür einfach in ein Haus einzudringen, Videoaufnahmen der Bewohnerin und der Wohnung zu machen und diese dann im Internet zu veröffentlichen. Dabei ist es grundsätzlich völlig unerheblich, ob es sich um eine Messie-Wohnung handelt oder nicht. Die Veröffentlichung stellt eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild, des Namensrecht sowie eine Persönlichkeitsrechtsverletzung im gravierenden Maße dar. Die Betroffene hätte Unterlassungs-, Beseitigungs- und Geldentschädigungsansprüche (Schmerzensgeld). Der Umstand, dass "Marie" aufgrund des Videos auch ihren Arbeitsplatz verlor, würde zu Schadensersatzansprüchen führen. D.H. die Produktionsfirma müsste das Gehalt weiter zahlen. Im Übrigen sind auch Straftatbestände erfüllt.

"Nazi-Video": Auch dieses Video ist nach meiner Auffassung rechtswidrig und verletzt das Recht am eigenen Bild, das Namensrecht sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Rechtswidrigkeit ist nicht ganz so eindeutig wie bei "Marie", da hier der Vorwurf besteht, der Betroffene sei ein Nazi und deshalb die theoretische Möglichkeit eröffnet wird, dass ein die Rechte des Betroffenen überwiegendes öffentliches Informationsinteresse besteht. Allerdings scheidet dieses Informationsinteresse bald aus, da der Betroffene "ausgestiegen" war und im Übrigen ein "Nachstellen" im privaten Bereich so auch nicht gerechtfertigt werden könnte.

"Gott-Video": Auch dieses Video ist rechtswidrig. Dies ist bereits dem Umstand geschuldet, dass die Unterstellung, der Priester sei Vater unehelicher Kinder offensichtlich falsch war und Anast dies auch wusste. Es stellt sich die Frage, wie die Konstellation wäre, wenn der Vorwurf zuträfe. In dieser Konstellation mag die Idee aufkommen, dass ein öffentliches Informationsinteresse die Veröffentlichung rechtfertigen könnte. Allerdings wäre auch dies m.E. abzulehnen. Zwar besteht die öffentliche Erwartung an einen katholischen Priester, dass dieser das Zölibat einhält. Ob allerdings heutzutage dieses Informationsinteresse auch an einer Vaterschaft bejaht werden kann, erscheint dem Verfasser doch zweifelhaft. Zudem hatte das gegenständliche Video eine derartige Prangerwirkung und war in weiten Teilen unsachlich: Alleine hieran würde ein Informationsinteresse scheitern.

Allen Betroffenen stünden daher die vorgenannten Ansprüche zu. Der Unterlassungsanspruch-/Beseitigungsanspruch würde übrigens auch gegen den Betreibern von Internetportalen wie z.B. Youtube bestehen. Selbstverständlich müssen auch diese rechtswidrige Videos beseitigen, sobald diese Kenntnis davon erlangen. Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche können übrigens sehr schnell in gerichtlichen Eilverfahren durchgesetzt werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass aus rechtlicher Sicht ein Erfolg dieses "Formats" keinesfalls zu erwarten wäre. Vereinfacht gesagt: "Mit dem Konzept kann kein erfolgreiches Internetformat gestartet werden" und es steht auch nicht zu erwarten, dass ein Fernsehsender hier einsteigen würde.

Zum Glück war die Geschichte Fiktion, Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Videos im Internet leider nicht. Betroffene sollten sich schnell und effektiv wehren.

Unterhaltsam war der Tatort gleichwohl.

Der Verfasser ist im Medienrecht und insbesondere im Persönlichkeitsrecht spezialisiert. Weitere umfangreiche Informationen rund um das Thema Persönlichkeitsrecht finden Sie auch auf unserem Spezialangebot: www.rechtswalt-persoenlichkeitsrecht.de

Tobias Herrmann, LL.M.

Rechtsanwalt