Lkw-Preisabsprachen: Scania-Kunden können Schadensersatz verlangen

Kaufrecht
05.10.201797 Mal gelesen
Nachdem sich die Hersteller MAN, DAF, Daimler, Iveco, und Volvo/Renault mit der EU-Kommission wegen etwaiger Kartellrechtsverstöße auf ein Rekordbußgeld von insgesamt 2,93 Mrd. Euro geeinigt hatten, hat die Kommission gegen den Lkw-Hersteller Scania ein Bußgeld in Höhe von 880 Mio. Euro verhängt.

Nachdem sich die Hersteller MAN, DAF, Daimler, Iveco, und Volvo/Renault mit der EU-Kommission wegen etwaiger Kartellrechtsverstöße auf ein Rekordbußgeld von insgesamt 2,93 Mrd. Euro geeinigt hatten, hat die Kommission gegen den Lkw-Hersteller Scania ein Bußgeld in Höhe von 880 Mio. Euro verhängt.

Anders als die oben genannten Hersteller hatte sich Scania an dem Vergleich nicht beteiligt, so dass die Wettbewerbshüter weiter gegen Scania ermittelten. Diese kamen nun zu dem Ergebnis, dass Scania über 14 Jahre hinweg mit anderen Herstellern nicht nur die Preise für Lastkraftwagen absprachen. Die Kommission sieht es als erwiesen an, dass

  • Scania an der Koordinierung der Bruttolistenpreise für mittelschwere und schwere Lastkraftwagen beteiligt war,

  • Scania gemeinsam mit anderen den Zeitplan für die Einführung von Emissionssenkungstechnologien absprach und

  • die anfallenden Kosten für neue Technologien zur Einhaltung der stetig strenger werdenden Abgasvorschriften koordiniert an die Kunden weitergegeben werden sollten.

Scania hat angekündigt, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Es wird in Abrede gestellt, dass Preisabsprachen mit anderen Herstellern stattgefunden haben. Ob eine solche Berufung Erfolgsaussichten hat, kann kaum abgeschätzt werden. Sollte sich der Vorwurf aber auch im Rahmen des Berufungsverfahrens bestätigen, ist das Bußgeld aber erst der Anfang der Fahnenstange.

Personen und Unternehmen, die durch die Absprachen geschädigt wurden, können vor den Zivilgerichten den ihnen entstanden Schaden EU-weit geltend machen. Der Schaden solcher zivilrechtlicher Folgeklagen (sogenannter Follow on-Klagen) kann den Schaden aufgrund des Bußgeldes bei weitem überschreiten.

So stellt selbst die Kommission einen Leitfaden zur Ermittlung des Schadensumfanges zur Verfügung, um es potentiellen Geschädigten zu erleichtern, ihre Ansprüche gegenüber Scania und anderen Kartellanten durchzusetzen. Die Kommission hat angekündigt, weitere Informationen zum Lkw-Kartell zu veröffentlichen, sobald die Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind.

Scania-Kunden sollten ihre Ansprüche möglichst zeitnah prüfen lassen. Unerheblich ist dabei, ob die Fahrzeuge erworben oder geleast wurden. In beiden Fällen kann mit einem überhöhten Preis von 10 % - 20 % gerechnet werden. Insbesondere Speditionen oder Lkw- Vermietungsunternehmen sind hier erhebliche Schäden entstanden. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Leasingverträge bereits ausgelaufen sind und das Fahrzeug zurückgegeben wurde.

In Amsterdam hat das Bezirksgericht am 22.09.2017 bereits eine solche gemeinsame Klage für zulässig erachtet. Aufgrund der vergleichbaren Sachverhalte wird dabei auch ein gemeinsames Vorgehen von Geschädigten in Deutschland immer wahrscheinlicher. Dabei kommt den Anspruchsinhabern zu Gute, dass der Kartellrechtsverstoß mit dem abgeschlossenen Kartellverfahren feststeht und dann nur noch der Schaden berechnet werden muss. Es besteht dann kaum noch ein Grund, ein gebündeltes Verfahren mehrerer Geschädigter wieder zu trennen.

Soweit Sie zwischen 1997 bis 2011 einen Lkw von Scania geleast oder gekauft haben, sollten Sie Ihre rechtlichen Möglichkeiten kurzfristig prüfen lassen. Hierzu benötigen wir die Kauf- bzw. Leasingverträge und Kopien der Fahrzeugscheine der betroffenen Fahrzeuge. Wir werden darüber hinaus auch aktiv ein gemeinsames Vorgehen der Geschädigten koordinieren. Als Ansprechpartner stehen Ihnen Rechtsanwalt Peter Hahn und Rechtsanwalt Kai-Axel Faulmüller zur Verfügung.