"Kind als Schaden" bei fehlgeschlagener Sterilisation: Schadenersatz für Kindesunterhalt

Gesundheit Arzthaftung
24.10.20081744 Mal gelesen

 
 
 
Kürzlich hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) wieder mit der Frage der Haftung eines Gynäkologen für Schäden durch die Geburt eines ungewollten Kindes zu beschäftigen (Entscheidung vom 8.7.2008, Az. VI ZR 259/06). In dem Fall klagte ein verheiratetes Paar gegen zwei in einer Gemeinschaftspraxis tätige Gynäkologen, nachdem eine Sterilisation der Frau fehlgeschlagen war. Die Eheleute hatten bereits 4 Kinder. 4 Monate nach der letzten Entbindung, bei der die Sterilisation erfolgen sollte, wurde die Klägerin erneut schwanger. Die Kläger verlangten mit ihrer Klage Ersatz aller Kosten, die mit der Geburt des 5. Kindes entstanden sind und noch entstehen würden, insbesondere aus Unterhaltsansprüchen des Kindes gegen seine Eltern und Kosten für den Umbau des Elternhauses sowie ein Schmerzensgeld für die Klägerin in Höhe von mindestens 20.000,- ?.
 
 
 
Lange Zeit war es unter Juristen heiß umstritten, ob man die Geburt eines Kindes überhaupt als finanziellen Schaden begreifen und entsprechenden Ersatz verlangen darf. Die Gegner dieser Auffassung führten unter anderem an, es verstöße gegen die verfassungsrechtlich verbürgte Würde des Menschen, die Geburt eines Kindes als "Schaden" zu werten. Die Befürworter entgegneten, dass es letztlich doch gar nicht um das Kind selbst gehe. Nicht das Kind sei der "Schaden", sondern die mit ihm verbundenen wirtschaftlichen Belastungen der Eltern. Dieser Ansicht hat sich dann auch im Jahr 1997 das Bundesverfassungsgericht angeschlossen (BVerfGE 96,375) und damit klargestellt, dass die Geltendmachung von Schadenersatz wegen der Geburt eines Kindes nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Es ist daher auch ständige Rechtsprechung des BGH, dass die mit der Geburt eines nicht gewollten Kindes verbundenen wirtschaftlichen Belastungen, insbesondere die Aufwendungen für dessen Unterhalt, als ersatzpflichtiger Schaden auszugleichen sind, wenn der Schutz vor solchen Belastungen Gegenstand des Behandlungs- oder Beratungsvertrages war. Eine Haftung des Arztes hat der BGH insbesondere bejaht für die Fälle fehlgeschlagener Sterilisation aus Gründen der Familienplanung, bei fehlerhafter Behandlung mit einem empfängnisverhütenden Mittel, bei fehlerhafter Beratung über die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkungen eines vom Arzt verordneten Hormonpräparats sowie für Fälle fehlerhafter genetischer Beratung vor Zeugung eines genetisch behinderten Kindes. Voraussetzung eines Schadenersatz bzw. Schmerzensgeldanspruchs ist jedoch stets, dass dem Arzt ein Behandlungsund/ oder Aufklärungsfehler vorzuwerfen und vor allem zu beweisen ist.
 
 
 
Schadenersatz wegen der Geburt ihres Kindes zu verlangen, mag für viele Eltern mit Hemmungen verbunden sein. Denn selbst wenn ein Kind eigentlich nicht geplant war, wird es am Ende trotzdem geliebt. Wie das Bundesverfassungsgericht erkannt hat, geht es aber letztlich nicht um das Kind, sondern um die finanziellen Belastungen. Für die Geltendmachung einer Entschädigung sollten sich Eltern an einen auf Schadensrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden.
 
 
 
 
 
Laux Rechtsanwälte