Liquidationspräferenzen in Beteiligungsverträgen und virtuellen Beteiligungsprogrammen

Ihr Spezialistenteam für Beteiligungsverträge
30.08.2017701 Mal gelesen
Beteiligungsverträge sind komplex. Lesen Sie hier, was es mit den "Erlös- und Liquidationspräferenzen" auf sich hat.

In der Praxis von Start up-Beteiligungen erhalten Gründungsgesellschafter und qualifizierte Mitarbeiter, die am Unternehmen beteiligt werden sollen, Beteiligungsverträge vorgelegt, die auf den ersten Blick eine Vielzahl unverständlicher Klauseln enthalten. Insbesondere die sogenannten Erlös- und Liquidationspräferenzen erscheinen nicht selten "over-engineered" und komplex.

Zweck von Liquidationspräferenzen

Mit den Erlös- und Liquidationspräferenzen versuchen die Finanzinvestoren, ihr Investitionsrisiko zu reduzieren. In der Praxis findet man sie oft in Beteiligungsverträgen und Gesellschaftervereinbarungen beim Eintritt von Finanzinvestoren in Start up-Unternehmen (Venture Capital-Finanzierung: https://www.rosepartner.de/beteiligungsvertrag-vc.html), aber auch in virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsverträgen, die zwischen Start ups und qualifizierten Mitarbeitern abgeschlossen werden. Ziel der Liquidationspräferenzen ist es, dass die Investoren - z.B. im Fall eines erfolgreichen Exits - bevorzugt Gewinne und Erlöse erhalten, bevor auf einer zweiten Stufe alle an der GmbH Beteiligten ihre Gewinn- und Erlösansprüche geltend machen können.

Wie hoch ist eine Liquidationspräferenz üblicherweise?

Bei Start up-Unternehmen werden die Erlös- und Liquidationspräferenzen von Finanzinvestoren in unterschiedlicher Weise eingesetzt. Es gibt ein breites Spektrum an Bevorzugungsklauseln. Ein Marktstandard hat sich bis heute in Deutschland noch nicht entwickelt. Gründern fehlt es oft an der Erfahrung und Verständnis für die komplexen Erlösbevorzungsklauseln.

Gründungsgesellschafter sollten insbesondere in der Frühphasenfinanzierung bei den Verhandlungen der Liquidationspräferenzen genau hinschauen. Oft wird es so sein, dass das Investment eines (frühen) Investors die Gesellschaft nicht bis zum Exit finanziell tragen kann. Zu Beginn vereinbarte erhöhte Bevorzugungen von frühen Investoren können beim Eintritt weiterer Investoren das gesamte Beteiligungsgefüge zulasten der Gründer verändern und im worst case auch den Eintritt weiterer Investoren erschweren.

Typischerweise wird der Investor versuchen, mehr als das was er investiert hat, sich als Präferenz zu sichern (mehrfache Präferenz). Bei den einfachen Präferenzen erhält der VC-Investor die Summe seines finanziellen Engagements im Fall eines Exit zurückgezahlt. Danach partizipiert der gesamte Gesellschafterkreis vom Kaufpreiserlös im Verhältnis der Stammkapitalbeteiligung. Wenn die Bevorzugung mit einem größeren Faktor als 1 (Investmentsumme x 1,5) oder einem hohen Zinssatz versehen wird, kann sich schnell die Fairness-Frage stellen. Wird die Liquidationspräferenz bei den Verhandlungen als Risikominimierungsinstrument begründet, sollte der Investor auf der ersten bevorzugten Ebene sich nicht ein Vielfaches seines finanziellen Engagements sichern dürfen. Anderenfalls handelt es sich nicht um eine Risikoreduzierung, sondern um eine Gewinnmaximierung. Die konkrete Ausgestaltung der Liquidationspräferenz ist Verhandlungssache.

Sind "participating liquidations preferences" akzeptabel?

Immer wieder kann bei Finanzierungsrunden von Start ups beobachtet werden, dass Finanzinvestoren versuchen, nicht anrechenbare Präferenzen (participating liquidation preferences) durchzusetzen. Das bedeutet, dass der vom Investor auf der ersten Stufe erzielte Präferenzerlös nicht bei der Verteilung des Erlöses auf der zweiten Stufe angerechnet wird. Der Finanzinvestor nimmt also mit seiner vollen Beteiligungsquote ohne die Berücksichtigung der bevorzugten Erlöse der ersten Stufe an der Verteilung vollständig teil ("participating").

Gründungsgesellschafter werden bei den Verhandlungen in Finanzierungsrunden sich immer für eine Anrechnung der Bevorzugung (non-participating liquidation preference) stark machen.

Wichtig ist, dass bei den anrechenbaren Erlöspräferenzen die Frage der Anrechenbarkeit vertraglich ganz genau normiert wird. Da sich noch kein konkreter Marktstandard entwickelt hat, sind die Vertragsmechanismen zu verschriftlichen.

Unsere Empfehlung ist: Gründer und andere Beteiligte sollten den konkreten Mechanismus der verwendeten Liquidationspräferenz verstehen und genauestens prüfen. Es bietet sich an, die Erlöspräferenzen in mehreren realitätsnahen Varianten durchzurechnen, um ein Gefühl für die konkrete finanzielle Reichweite zu erhalten.